Kein verflixtes 7. Jahr: Stelzer will Eigenständigkeit stärken
Melange Royale - eine königliche Melange an Musik begleitete die Gäste zur Oberösterreich-Rede von Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) ein. "I'm in Heaven" von Fred Astaire erklingt als Stelzer vor Beginn der Veranstaltung für die ersten Fotos auf die Bühne ging.
Seine Bühne, quasi in seinem "Heaven", in Oberösterreich. 600 Gäste aus Wirtschaft, Gesellschaft, Wissenschaft, Politik und Kultur waren ins Musiktheater am Volksgarten in Linz gekommen, um Stelzers programmatische Oberösterreich-Rede zu hören.
Zuerst musste sie sich aber noch gedulden. Moderiert von Silvia Schneider und Gerald Groß zeigte der deutsche Medien-Pionier Gabor Steingart (Spiegel und Handelsblatt) einen Weg in die Zukunft auf - wobei nicht alle Politiker seinen zentralen Satz "Journalismus beginnt dort, wo andere wollen, dass du aufhörst" zu jeder Zeit mögen.
Blauer Anzug, schwarzes Hemd, getönte Brille, schwarze Sneakers - so ging er auf sein Irrtümer bei Angela Merkel und Wladimir Putin ein. Und betonte: "Legen Sie sich nicht zu sehr fest. Ich habe eine Zweitmeinung mit mir selbst."
"Mehr zu denken wagen"
Kritik an Medien ging einher mit einer Kritik an Politik und Wirtschaft, weil "Denkraum verengt" werde: "Die Stärke der Demokratie sei es, Lösungen zu finden." Er forderte, mehr zu denken zu wagen. Etwa beim Russland-Krieg: "Warum denken wir nicht, als Westen den Spuk in der Ukraine zu beenden?" Das gelte für alle Bereiche.
Um versöhnlich mit Oscar Wilde zu enden: "Am Ende wird alles gut, und wenn es nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende."
Anschließend plauderte die Hamburger Bestseller-Autorin Sabine Kruegler ("Dschungelkind") aus der Schule. Schwarz-blaue Bluse, schwarze Hose, weiße Sneakers. Aus den Wechselbädern der Kulturen habe sie begriffen: "Die meisten Missverständnisse passieren durch kulturelle Unterschiede."
Im Krokodilfluss
Mit einem Vorurteil räumte sie auf: "Das weiß doch jeder", könne nicht überall angewendet werden. Sie habe das selbst erlebt, als sie in einem Fluss im Urwald geschwommen ist, und sich die Eingeborenen dabei völlig ruhig verhalten hätten. Denn es war der Krokodilfluss. Und gesagt haben die Eingeborenen nichts, "weil das ja jeder weiß".
Ihr Weg in eine fast perfekte Welt mit Blick auf ihre Erfahrung im Urwald: "Bauen wir uns kleine Stämme auf."
Schließlich übernahm Stelzer die Bühne, seine Rede stand unter dem Motto "Land der Möglichkeiten". Er spüre die Verunsicherung der Menschen, wenn er sich durch Oberösterreich bewege, aber er spüre auch: "Die Menschen sind viel optimistischer, als viele glauben."
Gerade die Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher seien überzeugt, dass es bald wieder aufwärts gehe. Dafür sei Stabilität nötig, betonte Stelzer, der die "Innovationen und Forschung von heute" als "Treibstoff für unseren Erfolg der Zukunft" benannte.
Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur
Die Universitäten, die Fachhochschulen, die Technologiezentren und die innovative und starke Wirtschaft des Landes stimme ihn optimistisch. Viele Weltmarktführer würden hier im Land tätig sein: "Wir gehören in Europa zu den wettbewerbsfähigsten Regionen." Was übrigens auch für die Landwirtschaft gelte, fügte Stelzer an.
20 Prozent aller Arbeitsplätze finden sich in OÖ
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1,6 Milliarden Euro werden an Körperschaftssteuer abgeführt
Und natürlich durfte Kultur nicht fehlen - im Brucknerjahr, das mit der europäischen Kulturhauptstadt Bad Ischl zusammenfällt und international aus Oberösterreich ausstrahle.
Oberösterreich habe großen Wohlstand erreicht - den gelte es zu erhalten. Samt aller Standards, die hier selbstverständlich seien. Schwarz findet er schön, "Schwarzmalerei nicht". Es gebe Baustellen, in Politik und Wirtschaft, in der Gesellschaft.
Diese gelte es anzugehen und Entscheidungen zu treffen - und gegebenenfalls getroffene Entscheidungen auch zu revidieren. "Wer, wenn nicht wir, soll dieses Land nach vorne bringen?", sagte Stelzer und erntete dafür Applaus.
Kritik an Brüssel
Standard bei Stelzers Reden seit Längerem: Kritik an Brüssel. Die Flut an neuen Gesetzen und Verordnungen habe "eine bleierne Decke über unsere Betriebe und viele Bereiche unseres Privatlebens" gelegt: "Die kosten zum Teil mehr, als sie bringen."
Sein Beispiel: Das Lieferkettengesetz und die Datenschutzgrundverordnung (DSVGO). Letztere gelte für Facebook und Google genauso wie für den Direktvermarkter im Mühlviertel: "Während die Konzerne bei ihren Milliardenumsätzen eine Abteilung mit Hunderten Leuten beschäftigt, bedeutet das für einen kleinen Betrieb viele Stunden an zusätzlichem Aufwand." Applaus.
Und die Intention des Lieferkettengesetzes teile er zwar - er stelle sich aber die Frage, ob immer weitere Regulierungen immer zum Ziel führen: "Wie soll das gehen, wenn ein durchschnittliches Auto aus 10.000 Teilen besteht und unsere Krankenhäuser über 30.000 Artikel von über 3.000 Lieferanten beziehen."
Hier sieht Stelzer viel mehr den Staat in der Pflicht, nicht die Unternehmen: "Es geht nicht, dass ein Betrieb für zwei produktive Mitarbeiter einen beschäftigen muss, der darauf achtet, dass alle Vorschriften eingehalten werden."
Freiräume schaffen
Wo sein Land Oberösterreich könne, setze es konsequente Schritte - etwa mit der gesetzlichen Schuldenbremse. Oder bei der Durchforstung von Gesetzen und Verordnungen: "Wie Oberösterreich soll auch die EU-Gesetze mit Ablauffristen versehen."
Sein Versprechen: Vertrauen in den guten Willen und das gute Wollen der Menschen zurückzugewinnen, weniger Belastungen und Überwachung zu gewährleisten, Bürokratie und Regulation zu reduzieren.
Denn, und das zeige sich immer mehr, so Stelzer: "Wir waren dann erfolgreich, wenn wir Innovationen und Entwicklungen zugelassen haben. Wenn wir vertraut haben. Wenn wir groß geträumt haben."
Von Kindern lernen
Man könne von Kindern lernen, und von erfolgreichen Unternehmern: "Kein Traum kann groß genug sein, davon möchte ich mich leiten lassen." Und erntete wieder Applaus.
Deshalb sei es wichtig, in allen Bereichen "Luft (zu) geben, die gebraucht wird". Um abschließend auf die Ehrenamtlichen in Oberösterreich einzugehen: "Sie tragen die Gesellschaft und das Land und festigen das Miteinander."
Klimaschutz und Produktivität wolle er vereinen, die Selbstversorgungsfähigkeit und Eigenständigkeit des Landes stärken, er legte ein Bekenntnis zu "Brückentechnologien" wie Gas ab und will Wasserstoff-Forschung weiter forcieren.
Deshalb wolle er Vertrauen und eben diese Eigenständigkeit stärken und den Weg nach vorne klar und entschlossen gehen, um "das Leben besser für unser Land zu gestalten. Arbeiten wir für Oberösterreich, das Land der Möglichkeiten." Und wieder: Applaus.
Und zu den Klängen von Gloria Gaynor, "I will survive", ging es zum kulinarischen Teil.
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