Die ÖVP hat im Sommer stark auf das Thema „Normalität“ gesetzt. Was ist „normal“ für Sie?
Ich glaube, dass die Bürger oft ganz andere Themen bewegen, als das, was gerade für aktuell erklärt wird: Ist mein Arbeitsplatz sicher, wie ist das tägliche Leben organisier- und leistbar, wird genug für Nachhaltigkeit getan? Und sie sind bereit, selbst etwas zu tun. Man sollte mehr auf jene große Mehrheit schauen, die den Staat durch ihre Leistung trägt.
Leistung und Budgetdisziplin sind in der ÖVP aber in den Hintergrund gerückt.
Würde ich nicht sagen. Der Grundzugang der ÖVP ist und bleibt, dass man durch eigene Leistung etwas schafft. Die Gemeinschaft soll nur einspringen, wenn jemand am Limit ist. Daher bin ich auch so ein Gegner der restriktiven Wohnbaukreditvergabe. Das vermittelt den Leuten: „Es wird sowieso nichts aus euren Lebensträumen.“
Nationalbankchef Robert Holzmann meinte aber im KURIER, die Länder sollten nicht klagen, sondern lieber bei ihrer Wohnbauförderung so großzügig wie früher sein. Wir setzen alles, was wir aus dem Steuertopf bekommen, für Wohnbauförderung ein und haben da sogar nachgebessert. Aber wer sich Wohnraum schaffen will, braucht darüber hinaus eine Finanzierungsmöglichkeit.
Wer ist schuld: die EU oder die Finanzmarktaufsicht?
Österreich legt das strenger als andere EU-Länder aus. Darum gehen die Oberösterreicher im Grenzland halt zu einer bayerischen Bank.
Wie „normal“ ist es, mit der FPÖ zu regieren?
Klar, die FPÖ ist rechts von uns angesiedelt. Dennoch kann man, wie man in Oberösterreich sieht, ein gutes, umsetzbares Regierungsprogramm machen.
Sie wünschen sich eine restriktivere Migrantenpolitik und härtere Strafen bis zu Rückführungen bei Gesetzesübertretungen. Ist das jetzt ÖVP- oder FPÖ-Politik?
Das ist unsere langjährige Überzeugung. In Oberösterreich wird geholfen, es gibt sehr viele Asylwerber. Aber es muss klare Bedingungen geben. Wir haben die Bemühungspflicht bei der Sozialhilfe bei uns im Land strenger gefasst. Wir haben das Deutschlernen als Voraussetzung eingeführt, gleichzeitig auch mehr Deutschkurse angeboten. Aber bei Verstößen endet unser Entgegenkommen.
Leichter gesagt als getan: Rückführungen sind schwierig bis unmöglich.
Aber trotzdem muss sich ein Staat schützen und auch klar die Grenzen definieren.
Wenn Länder ihre Auswanderer nicht zurücknehmen – wo schickt man sie hin?
Am sinnvollsten wäre natürlich eine Einigung in Europa, etwa über einen besseren EU-Außengrenzschutz und Verfahren außerhalb der EU.
Die Idee der Briten, Asylwerber nach Ruanda ausfliegen zu lassen und dort die Verfahren zu führen, ist an der Justiz gescheitert.
All diese Ideen sind vernünftig. Wir können nicht unbegrenzt aufnehmen. Es geht auch nicht, dass die EU diese Gemeinschaftsaufgabe auf wenige Länder wie Österreich schiebt.
Sie treten für einen gewissen Arbeitsdruck für Asylwerber ein, das Land Wien ist gegenteiliger Ansicht. Braucht es dafür ein Bundesgesetz?
Ja. Unser Vorschlag wäre, dass gemeinschaftliche Aufgaben übernommen werden. Es sollte alles genützt werden, was zu einem Hineinwachsen in eine Gesellschaft führt.
Linz hat Aufsehen erregt mit Zusammenrottungen randalierender junger Männer. Was tun? Auch antisemitische Ausfälle gab es.
Das Wichtigste ist, sofort Grenzen zu setzen. Jüdinnen und Juden müssen bei uns angstfrei leben können. Gerade aufgrund unserer dunklen Kapitel in der Nazizeit haben wir hier eine besonders hohe Verpflichtung.
Die SPÖ propagiert das Thema Kinderarmut. Wie drängend ist es?
Natürlich gibt es Kinder, die es trotz aller Sozialleistungen schwer haben. Da braucht es punktuell noch mehr Unterstützung. Aber eine breite Armutsdebatte daraus zu machen, halte ich gerade in unseren Breitengraden für unangebracht.
Irgendwann könnte die ÖVP wieder mit der SPÖ regieren. Geht sich das aus: Vermögenssteuer, 32-Stunden-Woche, Matura-Abschaffung?
Es gibt ganz klare Unterschiede. Leistung minder zu achten oder gar abzuschaffen geht mit uns sicher nicht.
Wie sehr wird die kommende Rezession das starke Industrieland Oberösterreich treffen?
Wir kommen Gott sei Dank von einer starken Basis. Nach wie vor wollen internationale Konzerne bei uns investieren. Aber natürlich muss man sich fragen: Wie industriefreundlich ist die EU überhaupt noch? Da sind wir gegenüber den Amerikanern und dem asiatischen Raum leider ins Hintertreffen geraten. Aber unsere Industrie ist immer stark für Innovation gestanden. Gepaart mit dem großen Ziel der Klimaneutralität kann das sogar einen Push entwickeln.
Fürchten Sie nicht, dass mit übertriebenen Klimaauflagen die Wettbewerbsfähigkeit untergraben wird?
Doch. Ich habe nichts gegen ehrgeizige Ziele. Aber wenn das gepaart ist mit unglaublichen Regularien, Verboten sowie einer vorschnellen Festlegung auf einzelne Technologiezweige, dann ist das eine giftige Mischung. Nach der EU-Wahl findet sich hoffentlich wieder eine Mehrheit im Europaparlament, die mehr Sensorium dafür hat, was Europa als Arbeitsplatzstandort stark macht: Das ist die produzierende Industrie. Wir brauchen mehr Technologieoffenheit, auch mehr Möglichkeiten, die Produktion wieder zu fördern. Das war bisher leider nicht der Fall.
Was sagen Sie zu den Klimaklebern?
Ich halte nichts von dieser Form des Protestierens auf Kosten anderer. Und ich glaube auch nicht, dass das notwendig ist, wenn man sich die Schritte anschaut, die gerade Österreich schon gesetzt hat.
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