"Jungen sollen sich das ausmachen"

Leitl sieht Parallelen zwischen Pühringer und ihm in den 1990er-Jahren und Thomas Stelzer und Michael Strugl heute.
Der Wirtschaftskammerpräsident über die Zukunft von Thomas Stelzer und Michael Strugl.

Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl, der vergangenen Dienstag seinen 67. Geburtstag gefeiert hat, übergibt am 16. April die Funktion des oberösterreichischen Wirtschaftsbund-Obmannes an Doris Hummer. Als gesamtösterreichischer Wirtschaftsbundobmann ist er im Februar für weitere vier Jahre bestätigt worden.

KURIER: Sie haben im Frühjahr 1999 die Funktion des oberösterreichischen Wirtschaftsbund-Obmannes von Kurt Kaun übernommen. Worauf sind Sie stolz?Christoph Leitl: Ich war damals schon neun Jahre in der Landesregierung. Ich begann 1985 als Landtagsabgeordneter. Als ich 1990 in der Landesregierung begonnen habe, habe ich Landeshauptmann Josef Ratzenböck gefragt, was er von mir erwartet. Dass das Land nach vorne kommt, sagte er. Mit welchen Maßnahmen, fragte ich. Wenn ich das wüsste, hätte ich dich nicht holen müssen, war seine Antwort. Damals war die Verstaatlichten in der Krise, die Voest, Steyr Daimler Puch, die Stickstoff und die AMAG waren am Rande der Pleite, dazu kam Anfang der 90er-Jahre die allgemeine Wirtschaftskrise. Der Kohleabbau wurde eingestellt, die WTK und die SAKOG haben zugesperrt. Es war im ganzen Land eine depressive Stimmung.

Mit einem sanierten Budget, mit einer Wissenschafts- und Technologieoffensive, mit raschen Betriebsgenehmigungen, mit der Wegbereitung nach Europa haben wir den Umschwung geschafft.

Sie sind damals auch als möglicher Ratzenböck-Nachfolger genannt worden.

Die Medien haben das geschrieben.

Wie haben Sie es empfunden?

Die Parallelität erinnert ein bisschen an heute. Ich wollte etwas tun für den Standort, Forschung, Entwicklung, Bildung, Fachhochschulen, Chancen für die Jugend. Der Landeshauptmann muss viel in Wien sein und viel repräsentieren. Ich wollte das Standortressort haben und habe auf die Finanzen reflektiert, die ich dann bekommen habe. Ich habe mich mit Sepp Pühringer immer als tolles Team verstanden. Er hat den Zug zum Landeshauptmann gehabt, ich zum Standortressort. Die fünf Jahre, die er und ich von 1995 bis 2000 gemeinsam gemacht haben, waren nicht die schlechtesten für Oberösterreich. Damals sind wir hinaufgehüpft an die Spitze. Die Arbeitslosenrate lag damals über zehn Prozent.

Manche Kommentatoren schreiben, aus der damaligen Zeit rühre zwischen Ihnen und Pühringer eine Rivalität.

Wir sind seit 1970 persönlich befreundet. Am Austria Camp im Mondsee haben wir uns mit der Europaidee beschäftigt. Wir sind wie viele gute Freunde in der Art unterschiedlich, wir haben auch manchmal unterschiedliche Anschauungen. Aber wir sehen Auseinandersetzungen nicht als persönliche Konflikte, sondern als Ringen um die besten Wege.

Der Wirtschaftsbund meint, das Finanzressort soll zu Wirtschaftslandesrat Michael Strugl. Josef Pühringer ist aus den Erfahrungen mit Ihnen davon nicht so begeistert und möchte die Finanzen seinem designierten Nachfolger Thomas Stelzer überlassen.

Es sollen das nicht die Alten entscheiden, sondern die Jungen sollen sich das ausmachen. So wie ich mir das mit Sepp Pühringer ausgemacht habe und das nicht von anderen vorgeschrieben bekommen habe. Es ist immer gut, aus der Geschichte zu lernen. Ich behaupte, diese Jahre, in denen wir gemeinsam gearbeitet haben, haben zu den besten Oberösterreichs gehört. Denn zwei, die sich menschlich verstehen, das ist Voraussetzung, und die sachlich zusammen wirken, können immer mehr bewirken als einer allein. Man möge nicht vergessen, dass die Freiheitlichen ein harmonierendes Dreierteam in der Regierung stellen, das sehr stark ist.

Das heißt, dass sich die ÖVP für die Wahl 2021 gut aufstellen muss.

Die ÖVP wird sich sehr gut aufstellen müssen, sie wird zu einer inneren Harmonie in der neuen Generation finden müssen. Äußere Harmonien halten nicht.

Die Chancen dafür sehen Sie?

Ja, die sehe ich. Stelzer ist ein kluger Mensch. Er ist von seiner Anlage her konsensorientiert. Wenn der Sepp und ich etwas weitergebracht haben, warum sollen der Thomas und der Michael das nicht auch können?

Die Kampfabstimmung im Parteivorstand hat bei den Funktionären des Wirtschaftsbundes Verletzungen hinterlassen.

Es war nicht das Ergebnis, sondern die Hintergründe, die zu diesem Ergebnis geführt haben. Aber das ist jetzt Geschichte. Wir wollen vorwärts schauen und nicht mehr in Befindlichkeiten der Vergangenheit wühlen. Wir leben in einer Zeit voller Herausforderungen. Unser Land muss aufpassen, dass es auf der Erfolgsspur bleibt. Abgehängt ist man schnell, aufholen ist schwierig.

Sie haben sich im Oktober sehr rasch entschlossen, den Wirtschaftsbund an Doris Hummer abzugeben. Was war dafür der letzte Anstoß?

Wenn man an einen Generationenwechsel denkt, muss man einfach abwarten, wie sich die Dinge entwickeln und wann der richtige Moment ist. Für mich war die Abwahl von Doris Hummer der richtige Zeitpunkt, auch um nicht in Befindlichkeiten und offene Streitigkeiten zu geraten. Denn es ist für eine Partei nichts schlimmer, als wenn sie zu streiten beginnt. Darum habe ich rasch diesen Vorschlag gemacht. Auch um den Wirtschaftsbund von einer negativen Befindlichkeit zu einer positiven Aufbruchsstimmung hin zu orientieren.Wenn eine so eine fachlich versierte, politisch erfahrene und charakterlich starke Persönlichkeit wie Hummer am Transfermarkt verfügbar ist, muss man schnell zugreifen.

Der Linzer Volkswirtschaftsprofessor Fritz Schneider meint zur wirtschaftlichen Schwäche Österreichs, dass die Sozialpartnerschaft auch schon einmal besser funktioniert hat.

Ich bedauere es, dass es solche Töne aus der Arbeiterkammer gibt. Das hätte es zum Beispiel unter Fritz Freyschlag nie gegeben. Bei aller Schärfe und Härte der Auseinandersetzung hat er es nie notwendig gehabt, zu dumpfen ideologischen Prügeln zu greifen. Klassenkampf war ihm fremd. Oberösterreich hätte sich eine bessere Sozialpartnerschaft verdient.

Wie funktioniert sie auf Bundesebene?

Da ist sie menschlich vertrauensvoll und sachlich konstruktiv. Natürlich gibt es Themen, wo wir nicht weiterkommen. Die Frage der flexiblen Arbeitszeit hängt noch immer. Flexibilität ist ein Teufelswort, obwohl alle Länder zeigen, dass sie funktioniert.

Die Arbeitnehmer fürchten, ihre Überstundenzuschläge zu verlieren.

Wenn jemand am Bau im Sommer mehr arbeitet und im Winter weniger, gleicht sich das aus. Aber er ist länger beschäftigt. Die Zeit der Arbeitslosigkeit im Winter wird kürzer.

Man bekommt Ganzjahres- statt Saisonarbeitsverhältnisse. Die Zahl der Arbeitslosen reduziert sich. Die Pensionsbeiträge steigen auch. Und wenn am Schluss ein Saldo überbleibt, muss er als Überstunden entlohnt werden.

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