Gottfried W. enterbt seine Töchter

Gottfried W. enterbt seine Töchter
Der vermeintliche Inzestvater Gottfried W. möchte seinen Ruf rehabilitieren. Ein Pensionistenpaar hilft ihm dabei.

Viel hat sich verändert, seit Gottfried W. vor zweieinhalb Monaten in seine verlassene Villa zurückgekehrt ist. In der ehemals kargen Stube flackert nun ein Feuer im neuen Kamin, es ist sauber und gemütlich, am Küchentisch stapeln sich amtliche Briefe und Zeitungen. Der 80-Jährige, der im Sommer von seinen geistig beeinträchtigen Töchtern Christa (53) und Erika (47) des Missbrauchs bezichtigt worden ist und zwei Wochen in Untersuchungshaft verbracht hatte, wärmt sich am Feuer und ist schon wieder zu Scherzen aufgelegt: "Das Sitzen hab' ich eh im Gefangenenhaus gelernt."

Zu ihm haben sich seine beiden "Engel", wie er das Pensionistenpaar Ernst V. und Anna L. nennt, gesellt. Nachdem der vermeintliche Inzesttäter aus der U-Haft entlassen wurde, haben sie sich mit ihm angefreundet. "Ich hatte von Anfang an ein Bauchgefühl, dass der Gottfried unschuldig ist. Was da für eine Intrige gelaufen ist, ist ein Wahnsinn für einen Mann in seinem Alter", sagt V. entrüstet. Lebensgefährtin Anna pflichtet ihm bei: "Er hat ja niemanden mehr. Jetzt kümmern wir uns um ihn." Täglich besuchen sie den alten Herrn, machen ihm den Haushalt und renovieren die heruntergekommene Villa.
Wahre Schätze habe man unter dem Gerümpel und im Keller gefunden, erzählen sie und präsentieren stolz die neu hergerichteten Räume.

Enterbt

Seine Töchter hat Gottfried W. seit Monaten nicht mehr gesehen und lehnt jeglichen Kontakt: "Die kommen mir nicht mehr ins Haus." Böse sei er ihnen persönlich nicht - obwohl er sie, wie er mit gesenkter Stimme zugibt, inzwischen enterbt hat. "Es hat ihnen bei mir an nichts gefehlt. Nach allem, was passiert ist, will ich jetzt nur noch meine Ruhe." In einem ist er sich mit V. und L. einig: "Über kurz oder lang bringen sie nur wieder Unfrieden ins Haus."

Auf die Geschehnisse des Sommers blickt er nur ungern zurück. Wie seine beiden neuen Freunde glaubt er fest an eine Verschwörung.
Die Sachwalterin der beiden Töchter, Maria Treiblmaier, soll es auf den Besitz abgesehen und die Töchter gegen ihren Vater aufgehetzt haben, um ihn loszuwerden. Gegen sie läuft auch eine Anzeige wegen Verleumdung.
Treiblmaier wollte sich dem KURIER gegenüber nicht äußern und ließ nur wissen: "Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen. Soll er mich nur schlecht machen, aber das ist nicht mein Niveau."

Ermittlungen

Zündstoff gab Treiblmaiers Eingeständnis vor Gericht, sie habe den Frauen die schweren Vorwürfe "wohl in den Mund gelegt". Die Rieder Staatsanwältin Ernestine Heger bleibt aber skeptisch: "Das kann man unterschiedlich auslegen. Es ist schon fragwürdig, warum die Frauen ihren Vater so stark ablehnen und seit dem Kontaktabbruch so aufgeblüht sind." Die Ermittlungen im Fall W. sind noch nicht abgeschlossen.

Ein psychiatrisches Gutachten habe ergeben, er sei "völlig normal", erzählt der rehabilitierungswillige W. stolz. Warum seine Töchter ihn nach seinem Sturz im Mai drei Tage lang nackt und bewusstlos am Boden der Stube liegen haben lassen, kann er aber bis heute nicht beantworten.

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