Gotik trifft auf Moderne

Die Sonnenstrahlen, durch die Glasfenster verfärbt, erleuchten das Kircheninnere
In der Konradkirche in Oberwang leuchten Glasfenster von Lydia Roppolt in das frühgotische Kircheninnere

„Wenn ihr einen besonderen mystischen Ort im Salzkammergut finden wollt, dann besucht die Konradkirche in Oberwang.“ Den guten Rat von Freunden haben wir beherzigt und fahren nach Oberwang nahe Mondsee.

In wenigen Gehminuten erreichen wir die etwas außerhalb gelegene gotische Kirche. Das schlichte Bauwerk steht auf einem Felsen am Fuß des Kulmberges in eindrucksvoller Alleinlage. Diese Exponiertheit lässt Experten vermuten, dass es sich um eine ehemals heidnische Kultstätte handelt. Mit den hohen Mauern, den schmalen Fenstern und dem steilen Zeltdach hat es einmal einen Heimatforscher an betende Hände erinnert.

Der einsamen Lage und der wertvollen Kunstschätze wegen ist die um das Jahr 1450 errichtete Kirche abgeschossen. Interessierte Besucher können im Gemeinde- oder Pfarramt um Öffnung ersuchen. Das tun wir und haben Glück. Franz Hupf öffnet uns die Kirchentür. Der pensionierte Tischler hat zu den Kunstwerken im Kirchenraum eine besondere Beziehung. Er hat mit der Künstlerin Lydia Roppolt zusammengearbeitet und ihr Schaffen auch zu einer Zeit unterstützt, als deren Werk noch Avantgarde war und bei konservativen Kreisen wenig Anerkennung fand.

In Moskau geboren

Die Künstlerin wurde 1922 in Moskau geboren und beim Studium in Wien von ihrer Lehrerin adoptiert. Bekannt wurde sie vor allem durch ihre Gestaltung von Kirchenfenstern und sakraler Kunst von Österreich bis Israel und Kanada. Auch Bruno Kreisky war ein Bewunderer ihrer Kunst und ließ sich von ihr porträtieren. Obwohl im Jahr 1995 verstorben, steht ihr Atelier noch immer in Sichtweite der Konradkirche. In seiner Kirchenführung betont Hupf vor allem die von der Künstlerin gestalteten Glasfenster. Auf den neun Kirchenfenstern sind 36 Bilder mit Motiven aus der Bibel abstrakt gestaltet. Hupf: „Die Künstlerin wollte, dass der Betrachter mit einem veränderten, verklärten Blick die Welt betrachtet. Das Licht der Sonne transportiert die Farben der Fensterbilder dem Tageskreis folgend auf die Wände des schlicht weißen Kircheninneren. So verändert sich dieses vom ersten Morgenrot bis zum Abend. Eine einmalige Harmonie zwischen alter und neuer Kunst.“ Auch die von Roppolt gestaltete Grabkapelle erleben wir als besonderes Kunstwerk, heiter und mit hellen Farben gestaltet.

Gotik trifft auf Moderne

Grabkapelle der Künstlerin Lydia Roppolt

Nun folgen wir dem Pilgerweg, der an den Seligen Konrad erinnern soll. Der „Konradweg“, auf dem auch der Europäische Pilgerweg „Via Nova“ verläuft, führt uns in einer halben Stunde entlang eines Kreuzwegs zum Konradbrunnen. An dieser Stelle soll er im Jahr 1145 von Räubern erschlagen worden sein. Im selben Augenblick soll daraufhin der Legende nach eine Quelle entsprungen sein, der eine wundertätige Wirkung nachgesagt wird.

Im übertragenen Sinn, so die Empfehlung einer dort angebrachten Inschrift, soll das Wasser die Augen des Besuchers für die blinden Flecken seines Lebens öffnen. Eine einsame Waldkapelle an dieser Stelle gibt Gelegenheit, in Ruhe darüber nachzudenken. Sportliche Pilger können in drei Gehstunden auf dem Konradweg bis nach Mondsee gehen.

Josef Leitner ist Universitätsdozent und besucht mit seinem Reisemobil interessante Plätze der Kultur und Natur

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