Forstfachschule arbeitet traditionell und zukunftsorientiert
Die Nüstern des Norikers beben. Schnaufend stampft das 700 Kilogramm schwere Pferd über den mit braunen Blättern übersäten Waldboden. Mit einem speziellen Geschirr zieht es fünf Baumstämme hinter sich her. „Hot Hot“, schreit Fuhrwerker Johann Lettner, der das Pferd mit einem Seil zügelt.
„Heute schwitzt mal wer anders“, sagt einer der Jugendlichen, die daneben stehen und sich gemütlich auf ihren Sappln (auch Sapie genannt, Werkzeug mit Holzstiel für Forstarbeiten, Anm.) abstützen, zu dieser Pferderückung.
Normalerweise müssen sie das Holz mit einer Seilwinde aus dem Wald bringen, die Schüler der österreichweit einzigen Forstfachschule in Traunkirchen. 78 Schüler besuchen derzeit die zweijährige Ausbildung.
Alter spielt keine Rolle
„Wir haben ein sehr buntes Publikum“, sagt Direktor Bernhard Huber. Vom Burgenland bis Vorarlberg, alle Bundesländer sind vertreten. Und es ist keine Seltenheit, dass die Lehrer manchmal jünger als ihre Schüler sind. Das Altersspektrum in den vier Klassen reicht von 16 bis 46 Jahren.
Sie alle sollen künftig zur Erhaltung der Wälder in Zeiten des Klimawandels beitragen – als Forstwarte oder Jäger. „Die Natur gibt enge Grenzen vor, innerhalb derer sie funktioniert. Ist man geschickt, braucht man dem Ökosystem wie bei einem Mobile nur einen kleinen Stupser geben und es dreht sich.
Dieses Wissen bekommen unsere Schüler vermittelt“, sagt Direktor Bernhard Huber, der sich die Pferderückung nicht entgehen lässt.
Wissen weitergeben
Auch Schüler Thomas Klestil ist davon begeistert: „Die Schule geht zurück zum Ursprung. Es ist super zu sehen, wie man klimaschonend und ohne Maschinen arbeiten kann“, sagt Klestil.
Nachdem er ein Medizin- und Biologiestudium probiert hat, interessiert er sich nun vor allem für das Unterrichtsfach „Waldpädagogik“. So könne er Wissen über den Wald weitergeben, auch wenn sich dieses laufend ändert.
Knapp die Hälfte Österreichs ist mit Wald bedeckt. Zu den waldstärksten Bundesländern zählen Kärnten und die Steiermark. Etwa 20 Prozent gehören der öffentlichen Hand – darunter 15 Prozent den Bundesforsten. Die übrigen 80 Prozent sind in Privatbesitz. Somit sollten vor allem kleine Landwirte ihren Beitrag leisten, um den Wald „klimafit“ zu machen.
Lehrer Markus Hufnagl (26), der in klassischer Arbeitsmontur, also mit Schutzhelm, Schnittschutzhose und Stahlkappenschuhe, seine Schüler beobachtet, unterrichtet forstliche Praxis. Zuhause im eigenen Wald hat er schon experimentiert: „Ich habe einige Riesentannen und Douglasien als Alternativen in den Wald gesetzt.
Man muss sich da aber ein bisschen spielen, denn man weiß ja nicht, ob es dafür dann Abnehmer gibt“, sagt Hufnagl. Denn der Wald müsse ja dennoch wirtschaftlich bleiben.
Während die Nachfrage nach alternativen Holzarten ungewiss ist, der Preis für Fichtenholz ist stabil. Der Bestand an Fichten wird laut den Bundesforsten bis 2100 jedoch um fast 20 Prozent abnehmen, weil sie den klimatischen Veränderungen nicht gewachsen ist.
Hunde in der Schule
„Wir werden uns bei den Arten der Globalisierung nicht versperren können. Mit heimischen Bäumen werden wir an die Grenzen des Machbaren stoßen“, ist Huber überzeugt. „Wir wollen den Schülern deshalb aufzeigen, welche Möglichkeiten sie haben, denn ein Patentrezept gibt es nicht.“
Sowohl ökonomisch, als auch ökologisch sei der Mischwald jedoch die beste Variante, um die heimischen Wälder zu sichern. Und das ist wichtig, speichert doch ein Hektar Wald 13 Tonnen CO2 pro Jahr. Ein Mischwald entstehe, sofern man „die Natur einfach für sich arbeiten lässt“. Dazu gehört die sogenannte Naturverjüngung.
Durch eine gezielte Forstarbeit können unterschiedliche Lichtverhältnisse geschaffen werden, wodurch verschiedenste Baumarten gedeihen können.
Nockerl kochen
Jeder der Schüler, die gerade dem Pferd beim Schuften zusehen, weiß das – und weiß auch, dass ohne Jagd die Naturverjüngung nicht möglich ist. „Jagd ist elementar. Man muss das Wild regulieren, damit die Pflanzen wachsen können“, sagt Huber, der einen Jagdhund an seiner Seite hat. Wie der Direktor, dürfen einen solchen auch die Schüler mit in die Schule nehmen – sofern der Unterricht nicht gestört wird.
Bei der Pferderückung darf jedoch keiner der treuen Begleiter dabei sein, könnten sie doch „Fanni“ – so heißt das Pferd – verschrecken und von seiner Arbeit abhalten. Bis zu sieben Tonnen kann die Noriker-Stute ziehen und das einen ganzen Tag lang. „Nur zu Mittag braucht sie eine Pause“, erklärt der Fuhrwerker.
Auch die Schüler scheinen sich schon auf ihre Pause zu freuen. Auch wenn das diesmal nicht der Fall ist: Hin und wieder kochen sie im Wald in einer schmiedeeisernen Pfanne Nockerl. Denn auf Tradition wird in der Schule ebenso viel Wert gelegt, wie auf Veränderung.
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