Ein Fest der Nächstenliebe

Österreich verfügt über ein sehr gut funktionierendes Gesundheitssystem, das noch dazu kostenlos ist
Genießen Sie zu Weihnachten jede Sekunde und jeden Bissen!

Heute, einen Tag vor Weihnachten, muss ich mich wirklich nicht dem Kalorienzählen widmen. Obwohl der Spruch „Kalorien sind kleine Tiere, die nachts die Kleidung enger nähen“ in den nächsten Tagen sehr passend wird. Natürlich hat Dinner Cancelling etwas für sich, aber was wäre der Heilige Abend ohne das gemeinsame Essen mit der Familie?

Mein Hauptberuf ist Mama und es gibt für mich nichts Schöneres als in die Augen meines Sohnes zu sehen, wenn das Christkind da war. Er weiß inzwischen, wie das tatsächlich funktioniert, aber noch verdrängen wir beide das erfolgreich. Leicht wehmütig denke ich, wie oft wir Weihnachten wohl noch so kindlich euphorisch feiern werden. Heuer stimmt mich das traurig, weil ich bei der Bescherung am Abend nicht da sein werde.

Heilig-Abend-Dienst

Wir in Oberösterreich haben es noch richtig gut, denn anders als in anderen Bundesländern – geschweige denn Staaten – gibt es bei uns noch immer ärztliche Betreuung rund um die Uhr auch außerhalb der Spitalsambulanzen, den sogenannten hausärztlichen Notdienst. Im Bezirk Freistadt werden unsere Dienste nach einem Computersystem eingeteilt, und heuer hat es mich erwischt. Ich werde die Heilige Nacht auf der Dienststelle des Roten Kreuzes beziehungsweise auf den Straßen des Bezirkes verbringen, um im Falle des Falles ärztliche Hilfe zu leisten.

Silke Kranz ist diplomierte Ernährungs- und Sportmedizinerin und Ärztin für Allgemeinmedizin in Bad Zell

Kranz: „Jeder freut sich über einen fröhlichen Blick oder ein aufmunterendes Wort.“

Obwohl ich bei der Durchsicht des Dienstplans zugegebenermaßen in Selbstmitleid verfallen bin, erzähle ich Ihnen das nicht, damit auch Sie mich noch bemitleiden. Es soll vielmehr ein Anstoß zur Dankbarkeit sein. Wir können froh sein, in einem Land leben zu dürfen, in dem unser größtes Problem ist, wann die Geschäfte am 27. Dezember für den Umtausch der Geschenke öffnen. Wir haben ein Gesundheitssystem, in dem ein Arzt mitten in der Nacht zu Ihnen nach Hause kommt, Sie behandelt und das ohne zusätzliche Kosten.

Natürlich habe ich selbst auch genug zu danken. Es gibt Menschen, die mich vermissen, wenn ich am Heiligen Abend nicht bei ihnen bin. Ich darf jeden Tag den Beruf ausüben, der mir richtig Spaß macht, indem ich anderen auch noch etwas Gutes tun kann. Weihnachten ist das Fest der Liebe, also auch der Nächstenliebe. Eigentlich ist es sogar schön, gerade an diesem Tag helfen zu dürfen. Vielleicht achten Sie morgen beim letzten Großeinkauf und dann während der Feiertage einmal etwas mehr auf die Menschen, die arbeiten. Die meisten von ihnen arbeiten zu dieser Zeit nicht gerne. Und diejenigen, die solche Tagen lieber nicht zuhause verbringen, haben meist traurige Gründe dafür. Alle freuen sich über einen fröhlichen Blick oder ein aufmunterndes Wort. Auch, wenn unterm Jahr nicht immer alles harmonisch abläuft, so sollten wir doch dankbar sein für jede Minute mit unserer Familie und unseren Freunden – es ist schön, dass es jede/n einzelne/n von ihnen gibt.

Und wenn ich mir noch einen letzten Tipp erlauben darf: Genießen Sie jede Sekunde und jeden Bissen! Frohe Weihnachten!

Silke Kranz ist diplomierte Ernährungs- und Sportmedizinerin und Ärztin für Allgemeinmedizin in Bad Zell

Kommentare