Plakolm: "Eigenheime werden für Junge unleistbar"

Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm
Claudia Plakolm, Jugendstaatssekretärin aus Walding, fordert Maßnahmen, um Wohnen wieder leistbar zu machen.

Claudia Plakolm ist Jugendstaatssekretärin im Bundeskanzleramt und Bundesobfrau der Jungen ÖVP. Die 27-Jährige stammt aus Walding, wo ihr Vater Johann Plakolm Bürgermeister ist. Mit 22 Jahren wurde sie 2017 im Nationalrat als jüngste Abgeordnete angelobt. Sie war auch Landesschulsprecherin und Landesobfrau der Jungen ÖVP.

KURIER: Als Sie im Dezember 2021 zur Staatssekretärin bestellt wurden, war die mediale Begleitung kritisch. Die Presse schrieb von der „Staatssekretärin für die Landjugend“, Hans Rauscher meinte im Standard, „ma, is des liab“. Sind Sie im Amt der Staatssekretärin angekommen?

Claudia Plakolm: In den vergangenen acht Monaten ist enorm viel weitergegangen. Ich habe zur damaligen Kritik gesagt, ich möchte mich an meinen Taten messen lassen, und nicht daran, dass ich jung und eine Frau bin.

Wo ist viel weitergegangen?

Ein Thema war die psychische Gesundheit in der Corona-Krise. Wir haben mit 13 Millionen Euro ein Paket geschnürt, damit junge Menschen unkompliziert zur Erstberatung, zum Therapieplatz und zur Abrechnung kommen. Wir haben kassenfinanzierte Plätze zur Verfügung gestellt.

Ich bin nun dabei zu helfen, damit sich junge Menschen die eigenen vier Wände schaffen können. Es wird für die nächste Generation das Eigenheim teilweise unleistbar, trotz fleißiger Arbeit. Das gilt sowohl am Land als auch in der Stadt. Wir haben es nun als ersten Schritt geschafft, bei den Maklergebühren das Bestellerprinzip (die Vertragspartei, die den Makler beauftragt, hat die Maklerprovision zu tragen) einzuführen. Aktuell arbeite ich an den staatlichen Nebengebühren für den Erwerb des ersten Eigenheims (Grunderwerbssteuer und Gebühren für die Eintragung ins Grundbuch). Ich versuche, dafür eine politische Mehrheit zu finden.

Sollen sie abgeschafft werden?

Sie sollen entweder gesenkt oder völlig abgeschafft werden. Es gibt beim Wohnen einige Dinge, die man auch auf Landesebene machen kann. Ein Thema ist die Nachhaltigkeit. Wie können wir es schaffen, dass Junge eher bereit sind, bereits bestehende Häuser zu sanieren? Das ist auch eine Maßnahme gegen die Bodenversiegelung und gegen den Bodenverbrauch.

Wir haben es auch geschafft, dass die Schülerinnen und Schüler anstelle einer Wienwoche eine Woche Brüssel kostengünstig machen können, damit sie das Herz Europas kennenlernen.

Die Finanzmarktaufsicht hat die Regeln für die Vergabe von Wohnungskrediten verschärft. Es muss mindestens 20 Prozent Eigenkapital vorhanden sein, die Rückzahlung darf maximal 40 Prozent des Nettoeinkommens ausmachen. Sind diese Regeln zu scharf?

Sie sind definitiv eine riesengroße Hürde. Österreich hat im internationalen Vergleich eine der niedrigsten Eigentumsquoten. Es muss für die Jungen mehr Eigentum möglich werden.

In Österreich herrscht Arbeitskräftemangel. Wenn man mit Unternehmern redet, erzählen diese, dass es viele junge Arbeitnehmer gibt, die nicht mehr Vollzeit arbeiten wollen, ihnen genügen zum Beispiel 30 Wochenstunden oder sie fordern eine Vier-Tage-Woche. Sind die Jungen zu bequem geworden?

Die Arbeitswelt hat sich seit der Corona-Pandemie enorm verändert, sie ist flexibler geworden. Work-Life-Balance geht auch damit einher, dass sich Arbeits- und Wohnort durch das Homeoffice stärker vermischen. Für manche ist Work-Life-Balance die Wunschvorstellung geworden, für andere wieder gar nicht.

Aus den Studien geht hervor, dass die Jungen einen Job haben wollen, wo sie Verantwortung haben, wo sie wertgeschätzt werden, wo sie etwas Sinnvolles machen. Das wiegt für viele Junge deutlich mehr als Bezahlung. Es wird für sie wichtiger, dass sie sich im unternehmerischen Sinne ausprobieren können, dass sie den Mut haben, auch selbst zu gründen, und Arbeitgeber werden.

Kürzlich habe ich einen Turbinenhersteller für Wasserkraftwerke im Tiroler Unterland besucht. Die Lehrlinge haben mir dort erzählt, dass sie alle mehrere andere Arbeitsangebote gehabt hätten, aber sie hätten sich für diese Firma entschieden, weil sie mit ihrer Arbeit einen Beitrag gegen den Klimawandel leisten möchten.

Sie sind auch für das Ehrenamt zuständig. Es gibt eine Diskussion um die Staatsbürgerschaft, ausgelöst durch Bundespräsident Van der Bellen, dersich für eine frühere Verleihung statt der bisherigen Zehn-Jahres-Frist ausgesprochen hat. Sollte man nicht ehrenamtliches Engagement von Antragstellern bei der Verleihung positiv bewerten?

Die Verleihung der Staatsbürgerschaft sollte am Ende eines gelungenen Integrationsprozesses stehen. Es ist eine sehr bewusste und persönliche Entscheidung, welche Staatsbürgerschaft die Menschen haben wollen. Denn diese ist mit Rechten und Pflichten verbunden. Kann ich mich mit den Werten, die im Land gelebt werden, identifizieren? Die Bedingungen sind für Menschen, die hier schon seit Jahrzehnten leben, leicht erfüllbar. Wir sollten dieses hohe Gut der Staatsbürgerschaft so beibehalten.

Warum sollen Pensionisten, die eine höhere Pension haben, nicht den vollen Inflationsausgleich bekommen? Sie haben dafür einbezahlt.

Man macht sich nicht beliebt, wenn man als Politikerin eine Pensionsdebatte anzettelt. Wir dürfen die gesetzliche Pensionsanpassung, die heuer 5,8 Prozent beträgt, nicht jedes Jahr aushebeln. Auch für Höchstpensionen von 5.000 Euro und mehr genügt die gesetzliche Pensionsanpassung. Das sind 40.000 Bezieherinnen und Bezieher. Wir sollten dort helfen, wo die Teuerung am höchsten ist. Das ist bei niedrigen Pensionen. Hier wird es soziale Staffelungen geben. Das ist viel treffsicherer als der Vorschlag der SPÖ, der eine generelle Anhebung von zehn Prozent für alle Pensionisten vorsieht. Es ist meine Aufgabe als Jugendstaatssekretärin, für ein nachhaltiges Pensionssystem einzutreten.

Experten plädieren für eine Erhöhung des Pensionsalters, um seine Nachhaltigkeit zu sichern. 2050 müssen zwei Erwerbstätige für einen Pensionisten sorgen. Warum greift die ÖVP, die seit fünf Jahren den Kanzler stellt, dieses Thema nicht auf?

Wir halten das gesetzliche Pensionsalter von 65 Jahren bis heute nicht ein. Deshalb müssen wir attraktive Modelle finden, um das zu erreichen.

Das tatsächliche Pensionsalter steigt ja nun Jahr für Jahr. Bei den Männern liegt es nun bei 62 Jahren.

Wir müssen Möglichkeiten finden, dass Menschen länger in Beschäftigung bleiben. Viele, die in Pension gehen, wollen nicht von 100 Prozent auf null Prozent Arbeit umstellen. Man darf als Pensionist nicht draufzahlen, wenn man länger in Beschäftigung ist.

Darüber wird schon seit vielen Jahren geredet. Ingrid Korosec, die Seniorenbundchefin, fordert flexiblere Modelle, ebenso Ex-Landeshauptmann Josef Pühringer. Warum setzt die ÖVP das in der Regierung nicht um? Ex-Kanzler Sebastian Kurz hat das Thema nicht angegriffen.

Die ÖVP regiert nicht alleine. Es ist ein wesentlicher Punkt, hier eine Mehrheit zu finden, damit es attraktiver wird, länger zu arbeiten. Aber zuerst müssen wir das tatsächliche Pensionsantrittsalter anheben. Seit 1970, also seit mehr als 50 Jahren, ist das tatsächliche Pensionsantrittsalter gleichbleibend. Aber die Lebenserwartung ist in dem Zeitraum um mehr als zehn Jahre gestiegen.

Sämtliche Integrationsberichte weisen auf Mängel in der Integration von Flüchtlingen und Zuwanderern hin. Es ist zum Beispiel für den Spracherwerb von deren Kindern wichtig, dass sie die Kindergärten und Horte besuchen. Sollte das Land OÖ aus diesen Gründen nicht die Gebühr für die Nachmittagsbetreuung abschaffen?

Die Sache ist Landeskompetenz, das sollten sich die Zuständigen ansehen. Ich kenne die genauen Zahlen nicht.

Der Anteil der Migranten an der österreichischen Bevölkerung beträgt inzwischen 25 Prozent. Ist Österreich ein Einwanderungsland?

Österreich ist ein sehr attraktives Land. Es gibt für alle, die hier leben, die Möglichkeit, die Staatsbürgerschaft zu beantragen. Ich halte nichts davon, dass jemand, der hier nur einige Jahre lebt, automatisch die Staatsbürgerschaft erhält.

Warum liegt die ÖVP in den Umfragen bei nur 23 Prozent? Ein Tiefpunkt.

Die Situation war schon einmal eine bessere, da brauchen wir uns nichts vormachen. Die Stimmung ist allgemein sehr verhalten. Wir haben schon bessere Zeiten erlebt. Es ist enorm viel in den vergangenen zweieinhalb Jahren der türkis-grünen Koalition weitergegangen. Es ist jetzt Halbzeit. Wir sollten mehr die Sachpolitik in den Vordergrund stellen, also jene Dinge, die gemacht werden. Um die Menschen zu überzeugen und sie mitzunehmen.

Wenn es um Politikverdrossenheit geht, sehe ich alle Parteien in der Pflicht. Wenn man sich den Anteil der Unentschlossenen ansieht, dann relativieren sich auch die Umfragen. Es warten derzeit viele Bürgerinnen und Bürger auf das richtige Angebot. Derzeit würden 42 Prozent nicht wählen. Diese fühlen sich offensichtlich von keiner Partei abgeholt. Es ist Aufgabe aller Parteien, dass sich das politische Klima verbessert. Gerade in Zeiten der Covid-Krise, des Ukraine-Kriegs und der Inflation.

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