Plakolm/Korosec: Wie fair ist eine zusätzliche Pensionserhöhung?

Plakolm/Korosec: Wie fair ist eine zusätzliche Pensionserhöhung?
Kann sich der Staat eine starke Erhöhung der Pensionen leisten? Ist das gerecht? Über diese Fragen diskutieren Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec und Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm.

Die Pensionen werden angehoben – um mindestens 5,8 Prozent. Die Politik könnte sich allerdings für eine noch stärkere Anhebung entscheiden. SPÖ-Seniorenvertreter fordern bis zu zehn Prozent. Doch sollen die Pensionen tatsächlich so stark erhöht werden? Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (27) schaltete sich ein und mahnte in dieser Frage zur Gerechtigkeit gegenüber den Jungen – und überraschte damit Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec (81). Daraufhin gab es viele Telefonate zwischen den Parteikolleginnen, die – wie sie sagen – die Geradlinigkeit der jeweils anderen schätzen.

KURIER: Frau Staatssekretärin, Sie haben „im Namen der Enkerl und Urenkerl“ darum gebeten, „dass nicht jedes Jahr aufs Neue mehr für Pensionen ausgegeben wird, als wir uns leisten können“. War das in den vergangenen Jahren so?

Claudia Plakolm: Es wurde definitiv mehr für Pensionen ausgegeben, als die gesetzliche Anpassung. Dabei müssen wir uns von dem Gedanken verabschieden, pauschal überall die Inflation und die Teuerung ausgleichen zu wollen. Es kann nicht jeder mehr vom Staat bekommen, wie es jetzt die SPÖ will. Man muss auch an die nächsten Generationen und deren Schuldenrucksack denken. Jeder junge Mensch versteht, dass wir bei den kleinen Pensionen unterstützen müssen. Aber ich bin der Überzeugung, dass ab einem gewissen Grad von Pensionshöhe, bei Pensionen von 5.000 Euro und mehr, auch die gesetzliche Pensionsanpassung reicht und wir nicht zehn Prozent drauflegen müssen.

Ingrid Korosec: Ich war sehr überrascht über die Wortmeldung der Frau Staatssekretärin und ich habe sie auch ehrlich gesagt nicht verstanden. Seit Jahren, abgesehen von 2021, wurden vor allem die höheren Pensionen nicht vollständig an die Inflation angepasst. Das ist ein Fehler, denn die Pension ist ein Versicherungsprinzip. Ich zahle ein, damit ich dann auch etwas bekomme. Darauf muss man sich verlassen können.

Sie fänden es also fair, alle Pensionen anzuheben – um wie viel Prozent?

Korosec: Ich bin nicht der Meinung, dass es bei den hohen Pensionen mehr als die gesetzlichen 5,8 Prozent sein müssen. Aber vor allem beim Mittelstand gibt es einen Nachholbedarf. Ich werde mich nicht auf einen konkreten Prozentsatz festlegen, dafür habe ich in meinem Leben schon zu viel verhandelt.

Aber wer soll das denn alles zahlen?

Plakolm: Es ist vor allem die Generation, die jetzt die Schulbank drückt und die, die teils noch gar nicht geboren ist, die das tragen werden müssen.

Korosec: Das sehe ich anders. Ich habe vielleicht noch nicht oft genug gesagt, dass Pensionen nicht nur heißt „Kosten“, es heißt eher „die Wirtschaft ankurbeln“. Es gibt sehr viele Senioren, sie sind ein enormer Wirtschaftsfaktor. Sie sparen nicht, sondern sorgen für Umsatz. Wenn diese Gruppe gut bedient wird und alles gut funktioniert, dann kommt alles über die Wirtschaft und das Umlagesystem zurück.

Sie haben vor einem Generationenkonflikt gewarnt. Gibt es diesen nicht ohnehin, nur, dass sich in der Politik niemand getraut, das heiße Eisen anzugreifen, um es sich nicht mit der großen Wählergruppe der Senioren zu verscherzen?

Korosec: Eine große Wählergruppe ist ja auch etwas Positives. Die Jungen laufen zwar schneller, aber wir Älteren kennen die Abkürzungen. Es ist wie in einer Familie. Da ist man auch nicht immer einer Meinung. Jetzt sind wir aber in einer Situation, in der es schwierig ist, da müssen wir besonders gut zusammenarbeiten. Man redet immer vom Generationenvertrag, aber ich sehe das als Frage der Solidarität.

Plakolm: Ich weiß, dass man sich als Politikerin nicht beliebt macht, wenn man das Thema Pensionen angreift. Aber ich wäre eine schlechte Jugendstaatssekretärin, wenn ich mich nicht für ein nachhaltig funktionierendes Pensionssystem einsetzen würde. Und ich bekomme auch von vielen älteren Menschen die Rückmeldung, dass sie der Meinung sind, es muss einen gewissen Spielraum für die kommenden Generationen geben. Aber ich stimme vollkommen zu: Generationengerechtigkeit ist ein Geben und Nehmen.

Der Punkt ist ja aber, dass es so viel mehr Ältere gibt als Jüngere.

Plakolm: Die Demographie ist eine riesige Herausforderung. Vor mehr als 50 Jahren haben noch vier erwerbstätige Menschen eine Pension gestemmt, mittlerweile sind es drei und 2030 werden es nur noch zwei sein. Wir müssen uns da wirklich Gedanken machen. Man glaubt immer, das Pensionssystem ist kein Jugendthema, aber eigentlich ist es die Urform von Jugendpolitik, weil es darum geht, den nächsten Generationen das Gleiche zu ermöglichen.

Korosec: Die Jugend arbeitet acht bis zehn Jahre kürzer als die Generationen davor. Weil sie beispielsweise länger in Ausbildung ist. Am Ende heißt das, dass sie weniger Jahre hat und weniger Pension bekommen wird. Da muss man sich kümmern und vor allem auch bei jungen Frauen das Bewusstsein schaffen: Teilzeit heißt halbe Pension.

Plakolm: Einer der Punkte ist da sicher, dass wir die Lehre weiter attraktivieren, um früher Erwerbstätige zu haben, und wir müssen auch mehr Mädchen für besser bezahlte MINT-Berufe (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) begeistern.

Frau Staatssekretärin, kritisieren Sie bzw. viele Junge Entscheidungen der Älteren, die etwa zur Klimakrise oder der Abhängigkeit von Russland in Sachen Energie geführt haben?

Plakom: Nein. Ich halte es auch nicht für zielführend, hier Verantwortliche zu suchen. Wir leben ja alle auf der Welt. Beim Klima müssen alle Generationen an einem Strang ziehen.

Korosec: Naja, da sind schon Fehler passiert. Und darum haben wir jetzt alle die Aufgabe, besonders darauf zu schauen. Die Senioren werden immer älter, sie haben ja auch eine Zukunft.

Viele junge Menschen in Österreich haben psychische Probleme. Von den Älteren heißt es oft, „uns ging es viel schlechter und wir haben auch nicht gejammert“.

Korosec: Ich habe noch die Kriegswirren erlebt, ganz arge Sachen. Und da wird man in vielem schon härter. Man hat gewusst, man muss fleißig sein, damit es aufwärtsgeht. Die heutige Jugend ist hineingeboren in den Wohlstand. Für sie ist die Krise ein totaler Schock. Aber das ist eine Sache des Lernens. Man muss lernen, mit einer Krisensituation umzugehen.

Plakolm: Ich finde es oft schlau, sich Rat bei den Älteren zu holen, um einen gewissen Kompass zu haben – für eine Richtung muss man sich dann eh selbst entscheiden. Da kann man natürlich jetzt einwerfen „früher waren es ja ganz andere Krisen“. Ja, natürlich. Aber die Rezepte, wie man mit Krisen umgeht, sind oft die gleichen geblieben.

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