Doris Hummer: "Erfolg nur mit harter Arbeit"

Doris Hummer wird Präsidentin der Wirtschaftskammer
Die zukünftige Präsidentin will die Wirtschaftskammer grundlegend reformieren.

Doris Hummer ist Landesobfrau des ÖVP-Wirtschaftsbundes, Landtagsabgeordnete und seit Montag Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer. Am 21. November wird die 43-jährige Unternehmerin, die von 2009 bis 2015 Landesrätin war, Rudolf Trauner als Präsidentin nachfolgen.

KURIER: Sie sind noch gar nicht Präsidentin und fahren sofort ein heftiges Reformprogramm in der Wirtschaftskammer. Es soll weniger Mitarbeiter geben, die gleichzeitig mehr leisten müssen.

Doris Hummer:Das stimmt. Das heißt aber nicht, dass die Vergangenheit schlecht war. Wir müssen uns für die Zukunft besser aufstellen. Die Zeiten haben sich geändert. Durch die Digitalisierung können wir Beratungen anders anbieten. Wir müssen uns auch fragen, ob es die Produkte noch alle braucht, die wir anbieten. Wir machen zum Beispiel sehr viele Veranstaltungen. Wir wollen günstiger werden, ich will eine Lohnnebenkostensenkung.

Wie viel wollen Sie günstiger werden? Zehn Prozent, 15 Prozent?

Es wäre unseriös, zu Beginn des Projektes Prozentsätze zu nennen. Wir müssen uns für Betriebe etwas überlegen, die investieren und ihren Mitarbeiterstand deutlich aufstocken. Sie sollen nicht durch Mehrabgaben bestraft werden.

Die Industrie beklagt die Höhe der Kammerumlage. So bezahlt beispielsweise die voestalpine neun Millionen Euro.

Ich kenne diese Situation. Wir haben aber ein gesetzlich begründetes Solidaritätsprinzip. Die Kammerumlage wird aufgrund des Umsatzes pro Mitarbeiter berechnet. Ich möchte aber erreichen, dass auch ein Generaldirektor Eder sagt, die Wirtschaftskammer ist ein Bollwerk für die Interessensvertretung der Unternehmen. In der Rechtsberatung braucht uns die voestalpine weniger, da sie ihre eigene Rechtsabteilung hat. Hier kommt das Solidaritätsprinzip zum Tragen.

Billiger wird es nicht für ihn?

Ich möchte den Beitragssatz degressiv (abnehmend) gestalten, aber die Modelle müssen wir erst beraten. Wenn wir die Beiträge senken, soll es auch für die voestalpine billiger werden.

Was wird die Reform für die Einzelpersonenunternehmen bringen, die bereits die Hälfte der 95.000 Kammermitglieder ausmachen?

Diese Gruppe profitiert am meisten vom Service der Wirtschaftskammer. Beim Service sind wir gut aufgestellt, bei der Interessensvertretung müssen wir besser werden.

Werden die Kammerbeiträge für alle Mitglieder billiger?

Das ist das Ziel.

Der Personalabbau wird vermutlich durch die Nichtnachbesetzung von ausscheidenden Mitarbeitern erfolgen.

Das stimmt. Es werden sich die Strukturen verändern, wir werden die Organisation in manchen Bereichen neu aufstellen. Wir werden uns auch die Führungsstrukturen anschauen. Es gibt keine Tabuzonen. Wir wollen uns für die nächsten 10, 20 Jahre gut aufstellen, damit wir für alle Unternehmen emotionale Heimat sind. Wir müssen durch Kompetenz und Nähe punkten.Wir können auch im Bildungsbereich unsere Leistungen noch erweitern. Wir haben eine Projektgruppe eingerichtet, die alle Konzepte auf den Tisch legen wird. Bis zum Sommer soll es konkrete Vorschläge geben. Wir wollen schlanker, effizienter und schlagkräftiger werden.

Es nennt sich Reformprojekt 2020, das bedeutet, es handelt sich um eine mehrjährige Umsetzung.

Ein solches Projekt kann man nicht von heute auf morgen umsetzen. Ich möchte auch Leistungen gemeinsam mit anderen Landeskammern anbieten. Es braucht zum Beispiel nicht jede Wirtschaftskammer ein eigenes Callcenter. Es können zum Beispiel Experten für Arbeits- und Sozialrecht länderübergreifend tätig sein.

Die Wirtschaftskammer ist ein Herrenclub. Die Damen arbeiten in den Sekretariaten, die Führungsposten und Spartengeschäftsführungen sind mit Herren besetzt.

Das stimmt. Die Hälfte der Unternehmen werden von Frauen geführt. Diesem Wandel muss auch die Wirtschaftskammer Rechnung tragen. Im Präsidium ist die Aufteilung derzeit 50 zu 50. Die Führungsstrukturen werden über kurz oder lang genauso gestaltet sein wie im Präsidium.

Sie haben die Sozialpartnerschaft als "noch vom Klassenkampf getragen" bezeichnet. Arbeiterkammerpräsident Johann Kalliauer fordert die Wirtschaftskammer auf, mit dem Krankjammern des Wirtschaftsstandortes Österreich aufzuhören.

Prinzipiell bin ich ein Fan der Sozialpartnerschaft. Es braucht ein Kräftegleichgewicht, es braucht starke Vertretungen beider Interessengruppen. Es braucht das Commitment, dass man die beste Lösung sucht. Dieses Gefühl habe ich im Moment nicht. Es geht viel stärker darum, zu polemisieren und Grenzen aufzuziehen, als an Lösungen zu arbeiten. Das kritisiere ich. Ich wünsche mir eine Standortpartnerschaft. Damit hier wieder Arbeitsplätze geschaffen werden.

Wir haben einen Trend, dass viele Unternehmer sagen, ich verkaufe meinen Betrieb und gehe in die Immobilienbranche oder in andere Bereiche, in denen ich keine Mitarbeiter anstellen muss, weil sie sich das nicht mehr antun. Das kann nicht das Ziel der Arbeitnehmervertreter sein, dass die Unternehmer keine Mitarbeiter mehr anstellen wollen. Sie wollen sich dieses Risiko, diesen ganzen Zinnober, die Vorwürfe der Ausbeutung etc. nicht mehr antun. Dieses gegenseitige Misstrauen müssen wir abbauen. Als Unternehmer kann man gar nichts machen, wenn man keine guten Leute hat. Wir als Sozialpartner sollen einen Rahmen schaffen, dass das gut gelingen kann.

Ich habe mich sehr gefreut, dass Birgit Gerstorfer, die Chefin der SPÖ, beim Neujahrsempfang zu Gast war. Wir wollen eine neue Kultur in Oberösterreich prägen. Vielleicht braucht es auch in anderen Bereichen einen Generationswechsel, damit man einen neue Zugang finden kann.

Sie haben aus der Abschiedsrede von Michelle Obama zitiert, die sagte, man kann mit harter Arbeit und guter Bildung alles erreichen. Sie kritisieren, dass heute niemand mehr von harter Arbeit redet. Es ist aber die Realität vieler Arbeitnehmer, dass sie unbezahlte Überstunden machen und dass sich die Arbeit massiv verdichtet.

Das stimmt. Das will ich gar nicht wegreden. Von wo kommt diese Verdichtung der Arbeit? Weil wir mit unserem Arbeitszeitgesetz dafür gesorgt haben, dass genau auf die Minute geachtet wird. In den Krankenhäusern wird diskutiert, ob das Umziehen Arbeitszeit ist oder nicht. Solche Diskussionen halte ich für lächerlich. Die bürokratischen Monster haben diese Verdichtung mit verursacht.

In unserer Gesellschaft traut sich niemand mehr zu sagen, was für Unternehmer selbstverständlich ist, dass man nur mit viel Arbeit Chancen auf Erfolg hat. Wenn wir das als Arbeitgeber sagen, werden wir sofort als Ausbeuter hingestellt. Michelle Obama hat gesagt, dass harte Arbeit dazu gehört, wenn man Erfolg haben will.

Wir müssen es ernst nehmen, wenn sich Arbeitnehmer überfordert fühlen. Aber grundsätzlich nur von Arbeitsleid und von Überlastung zu sprechen, das stimmt auch nicht. Wenn es Probleme gibt, soll man gute Lösungen finden.

Bei der nächsten Umbildung der Landesregierung soll eine Frau Landesrätin werden. Wird der Wirtschaftsbund darauf Anspruch erheben?

Hier gibt es keine bündische Vorgabe. Es geht in erster Linie darum, wie das Ressort ausschaut. Wir werden dann dafür gemeinsam die hoffentlich beste Kandidatin finden.

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