"Die Geburt ist wie ein Liebesakt"

Sandra Ledermüller (l.) und Natalie Bidmn
Emotionale und seelische Geburtsbegleitung. Junge Mutter gibt persönliche Erfahrungen weiter.

"Mir war klar, dass ich in den Wald gehe, wenn ich keinen Platz finde, an dem ich stressfrei und ungestört meine Kleine zur Welt bringen kann." Zu dieser Erkenntnis kam Natalie Bidmon (35) aus Oftering (Bez. Linz-Land), als sie vor fünf Jahren ihr viertes Kind erwartete. "Ich spürte durch die vorangegangenen Geburtserlebnisse so klar, was ich für eine selbstbestimmte Geburt wirklich brauche. Zu diesem Zeitpunkt war ich bereits 19 Tage über dem Geburtstermin. Durch dieses innere Wissen, welches in jeder Frau vorhanden ist, war es mir möglich, dem äußeren Druck stand zu halten."

Heute ist die ehemalige Sekretärin eine ausgebildete Doula. Als emotionale und seelische Begleiterin steht sie dabei werdenden Müttern zur Seite, schon in der Schwangerschaft, während und nach der Geburt. Nachdem Bidmon bereits Mutter eines Sohnes (13) und einer Tochter (10) geworden war und eine Sternengeburt auf Grund einer Eileiterschwangerschaft erlebt hatte, wurde sie ein viertes Mal schwanger. Da sich das Kind lange Zeit ließ, das Licht der Welt zu erblicken, zogen die Ärzte eine Geburtseinleitung in Betracht. Doch die junge Mutter entschied sich dafür, ihr Baby auf natürlichem Wege auf die Welt zu bringen. Sie wählte eine Geburtshausgeburt und stieß dabei auf viele besorgte Gesichter. "Eine Geburt wird in unserer Gesellschaft mit einem hohen Risiko in Verbindung gebracht. Es ist für viele kaum zu fassen, dass sich jemand aus der klassischen Sicherheitszone wagt, um ein Kind zu gebären. Ich habe aber gespürt, dass alles in mir steckt, was ich brauche, um mein Kind auf die Welt zu bringen." Das intime Setting, lediglich mit dem Partner und der achtsamen Hebamme, ermöglichte eine problemlose Geburt, erinnert sich Bidmon. "Durch meine innere intuitive Führung konnte ich Anika schmerzfrei in einer heimelig kuscheligen Umgebung zur Welt bringen."

Seit geraumer Zeit gibt Bidmon sämtliche Erkenntnisse aus den drei Geburten an ihre Klientinnen weiter. Da eine Niederkunft sehr intim ist, verlangt dieses Ereignis ein individuelles Setting, erklärt sie. "Ich vergleiche die Geburt gerne mit dem Liebesakt. Wenn ich weiß, was ich brauche, um mich dem Partner hingeben zu können, fließt der Hormoncocktail. Dieses Wissen über mich und meinen Körper ermöglicht es, eine selbstbestimmte und natürliche Geburt zu erleben." Außerdem ist es wichtig, dass die werdende Mutter Vertrauen und einen guten Zugang zu ihrer Gefühlswelt hat. Gefühle lotsen Frauen wie ein Kompass durch die Geburt, so die Doula. "Wenn die gebärende Frau entspannt ist, kann das Kind auch ganz entspannt sein. Doch viele Frauen haben verlernt, auf ihr Gefühl zu vertrauen." Deshalb begleitet Bidmon ihre Klientinnen auf dem Weg zurück zum Bauchgefühl. "Im Grunde bin ich Reiseleiterin für Herz und Seele. Wer sich in Meinungen anderer verloren hat, ist aufgefordert, zurück zu sich zu kehren. Dann ist es wieder möglich, Entscheidungen aus dem Inneren heraus zu treffen."

Gemeinsam mit der Emotionaltrainerin Sandra Ledermüller (35) hat Natalie Bidmon die Yonitas gegründet. Yonitas ist eine Wortkreation, welche die weibliche Schöpfungskraft und Frauenpower symbolisieren soll. Die beiden eröffnen für ihre Klienten einen Raum, in dem verdrängte Gefühle an die Oberfläche kommen dürfen. "Leute, denen wir helfen, erhalten eine Bühne, auf der sie sich ausdrücken können, ohne dafür bewertet zu werden". Manche Verhaltensmuster stammen aus der Kindheit und wirken sich auf die jetzige Lebenssituation negativ aus. Gemeinsam mit dem Klienten wird geklärt, wo belastende Lebenssituationen ihren Ursprung haben und werden so aufgelöst. Die Yonitas bestärken Personen zu ihren Gefühlen zu stehen. "Wir Menschen suchen Anerkennung und passen uns deshalb an die Außenwelt an. Dabei werden Gefühle wie Freude, Trauer oder Wut unterdrückt." Kinder entscheiden aus dem Bauch heraus und "zerdenken" nichts, meint Bidmon. "Im Laufe der Entwicklung trainierten wir uns das Bauchgefühl ab und folgten deshalb unserer inneren Führung nicht mehr. Wer nicht gelernt hat, auf seine Gefühle zu vertrauen, trifft Entscheidungen aus dem Kopf heraus." Kopfentscheidungen bringen aber meist keine wirkliche Erfüllung oder können das instinktive Wissen unseres Körpers nicht beeinflussen, so Bidmon. "Daher ist es auch sehr wichtig, dass Frauen selbst spüren, was sie für eine stimmige und selbstbestimmte Geburt brauchen." Das Angebot der Yonitas reicht von der Einzelsession, Tagesworkshops bis hin zum Vier-Monatspaket. In wenigen Monaten erwartet Sandra Ledermüller ihr drittes Kind. Gemeinsam mit ihrer Freundin und Kollegin Natalie bereitet sie sich darauf vor. Ledermüller plant eine Hausgeburt. "Ich wünsche mir eine selbstbestimmte Geburt in einem liebevollen Setting, mit meinem Partner, meiner Hebamme des Vertrauens und natürlich Natalie an meiner Seite. So kann mein Kind herzlich im Rahmen der Familie willkommen geheißen werden. Es soll von Anfang an spüren, dass es so wie es ist, absolut richtig ist."

Autor: Peter Pohn

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