"Den Zugang zum Studium regeln"

Rektor der Johannes Kepler Universität: Meinhard Lukas
Der Rektor will die Kepler Universität erneuern. Mit begrenzten Zugängen, mit Bildungsschecks, mit einem College und mehr Sport- und Freizeitangeboten.

Vor zwei Jahren wurde Meinhard Lukas zum Rektor der Linzer Johannes Kepler Universität gewählt. Seine Amtsperiode begann am 1. Oktober 2015. Der demnächst 47-Jährige ist Professor für Zivilrecht. Der gebürtige Welser versteht sich als Reformer und Erneuerer.

KURIER: Die Besuche der Universität Oxford in England und der Columbia Medical School in New York in den vergangenen Wochen haben gezeigt, dass dort die Auslese der Studenten bereits vor Studienbeginn erfolgt. Wer es aber schafft, aufgenommen zu werden, macht in der Regelstudienzeit den Abschluss. Bei uns hingegen beginnen viele und die Hälfte bis zwei Drittel brechen das Studium ab. Das ist teuer, beansprucht viele Ressourcen und hinterlässt frustrierte Studenten.

Meinhard Lukas: Diese System sind interessant, aber nicht durchgängig verfolgenswert. Die Regelung des Zugangs, dass Studierende Neigung und Motivation haben, ist unbedingt notwendig. Zu sagen, dass jeder inskribieren kann, ob er das nun studieren kann oder nicht, ist der falsche Zugang. Deshalb bin ich der Bundesregierung dankbar, dass Kanzler Kern und schon immer Vizekanzler Mitterlehner sich für das Konzept der Studienplatzfinanzierung einsetzen. Es bringt notwendigerweise mit sich, dass man den Zugang regelt. Das Bekenntnis der Sozialdemokratie für eine Zugangsregelung ist unglaublich wichtig.

Bei den finanziellen Voraussetzungen halte ich das amerikanische System für nicht verfolgenswert. Denn es schafft soziale Barrieren.

In Oxford beträgt die jährlich Studiengebühr jährlich rund 10.000 Euro, an der Columbia 60.000. Wobei der gebürtige Linzer Virologe Peter Palese (Artikel Seite 5) betont, dass nicht die 60.000 Dollar das Problem sind, da es entsprechende Kreditmöglichkeiten gibt, sondern dass man den Zugang schafft. Von 10.000 Bewerbern werden nur 150 genommen.

Meine Gespräche an der Westküste mit Vertretern von Stanford und mit Gerhard Eschelbeck, der bei Google Vizepräsident und Sicherheitschef ist, ergaben, dass das US-System total selektiv ist. Es ist Voraussetzung, dass die Kinder bereits in Privatschulen gehen. An der Columbia haben wir gehört, dass die Studenten die ersten beiden Jahre im College sind. Erst dann gibt es den Weg zur Spezialausbildung. Diesen Weg finanziell darzustellen, ist einer ganz kleinen Schicht vorbehalten.

Es gibt aber einen anderen Gesichtspunkt, den man nicht vergessen darf. Der Wert eines Studienplatzes wird im österreichischen System nicht ausreichend berücksichtigt. Das, was der Staat und letzten Endes die Steuerzahler für einen Studienplatz ausgeben, ist je nach Studienrichtung sehr beachtlich. Das sind bei einem Medizinstudium jährlich rund 60.000 Euro. Den Studierenden fehlt ein Stück weit die Wertschätzung des Studienplatzes. Man soll ernsthaft darüber nachdenken, ob nicht der Staat in irgendeiner Weise das Kapital den Studierenden spürbar zur Verfügung stellt und sie das auch spürbar in das System einzahlen. Denn dann hätten sie anderes Bewusstsein, was die Steuerzahler leisten. Das ist im US-amerikanischen System viel stärker ausgeprägt.

Wie kann man sich Ihr Modell konkret vorstellen?

Man könnte ein Bildungskonto für Studierende einrichten. Das muss kein echtes Geld sein, sondern zum Beispiel ein Wertscheck, den man dann der Universität zur Verfügung stellt. Das führt auch dazu, dass die Ansprüche an die Ausbildungsqualität steigen. In den USA führt ein Studiengeld von 60.000 Dollar dazu, dass die Studenten höchste Ansprüche an die Ausbildung haben. Auch das ist eine positive Seite des Modells.

Dieser Bildungsscheck ist ein theoretischer.

Das kann ein virtuelles Konto mit so und so vielen tausend Euro sein.

Glauben Sie, dass ein virtuelles Konto tatsächlich Auswirkungen hat?

Ja, das wissen wir aus den privaten Krankenversicherungen. Auch hier bezahlt der Kunde nicht das, was diese an Abrechnungen schicken. Aber man schafft ein Bewusstsein dafür, was sie für die Patienten leisten.

Ich glaube nicht, dass zum Beispiel ein Medizinstudent weiß, was die Steuerzahler für ihn leisten.

Sind Sie für Studiengebühren?

Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen nein. Worüber man nachdenken könnte, sind Studiengebühren, wenn Studienzeit und Toleranzsemester überschritten werden. Dann halte ich es für legitim, einen Teil der Kosten auf die Studierenden zu überwälzen.

Die Studenten beklagen sich, dass sie das Studium in der Mindestzeit machen wollen und auch könnten, dass es aber zu wenig Plätze bei den Seminaren und Prüfungen gibt und ihnen dadurch zeitliche Verzögerungen aufgezwungen werden.

Ein solches System, von dem ich spreche, muss sicherstellen, dass es nicht an der Organisation liegt. Denn ansonsten wäre es unfair. In Linz haben wir dieses Problem kaum bis gar nicht, an anderen Universitäten schon. Die neue Regelung der Studienplatzfinanzierung muss sicherstellen, dass es keine Verzögerungen gibt, die von der Universität zu verantworten sind.

An der Mathematik in Oxford kommt ein Betreuer auf acht Studenten. Diese Intensität ermöglicht es, dass faktisch alle Studenten ihr Studium in kürzester Zeit abschließen. Bedarf es hier nicht deutlicher Verbesserungen?

Ja, das ist aber ein Ziel. Wenn der Plan der Regierung richtig umgesetzt wird, ist das eine kapazitäts orientierte Studienplatzfinanzierung. Sie sieht für jedes Studium Betreuungsrelationen vor. In Jus muss ein Professor oder Assistent auf 40 Studierende kommen.

Die Anzahl ist zu hoch.

In der Technik soll ein Professor bzw. Assistent auf 25 Studierende kommen. Das ist verglichen mit den Eliteuniversitäten der USA ein immer noch schlechteres Betreuungsverhältnis. In Österreich wäre das aber ein Quantensprung. Momentan haben wir in Jus eine Relation von 1 zu 100.

Die Eliteuniversitäten sind erfolgreich bei der Rekrutierung von Drittmitteln, also Geldern von Sponsoren, Firmen etc. Können wir in Österreich davon lernen?

Es ist ein Teil des Geheimnisses der Bindung der Studierenden an ihre Universitäten. Das ist ganz besonders beim Collegesystem in Oxford aufgefallen, wo die Studierenden eine unglaublich enge soziale Bindung mit der Universität eingehen. Das führt dazu, dass man der Universität so verbunden ist, dass man als erfolgreicher Absolvent etwas macht, was in Österreich und Kontinentaleuropa völlig unüblich ist. Nämlich echte Spenden zu geben.

Dass man unsere Kultur in diese Richtung bringt, hat mit einer stärkeren Identifizierung der Studenten mit ihrer Uni zu tun. Ich halte es für überlegenswert, eine Form des englischen Collegesystems zumindest als Angebot an einer Universität zu machen.

Was heißt das konkret?

Dass man sich überlegt, Wohnen, Lernen und Leben in Gemeinschaft mit Wohnbauträgern am Campus zu ermöglichen. Wir werden das nicht zwingend durchführen können, sollten das aber interessierten Studenten anbieten. Das könnten wir im Rahmen unserer Autonomie als Kepler Universität auch alleine offerieren.

Es besteht kein Zweifel, dass wir an der Attraktivität unseres Studienstandortes Linz intensiv arbeiten müssen.

Wie kann man hier erfolgreich sein?

Wir haben den schönsten Campus von allen 21 österreichischen Universitäten. Trotzdem verlassen die Studierenden nach den Lehrveranstaltungen fluchtartig den Campus. Damit ist er nicht bespielt. Nach dem erfolgreichen Teichwerk geht es nun um die Umsetzung des Projektes des Architekten Peter Riepl, wo wir 26 Millionen Euro investieren, um ein Freizeit- und Sportangebot zu machen, das es sonst nur in den USA und England gibt.

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