Der Österreich-Pavillon wird heuer von Anna Jermolaewa bespielt. Die 1970 in Leningrad in Russland geborene Künstlerin ist mit 19 Jahren nach Österreich geflüchtet. Sie lebt in Wien und Oberösterreich und lehrt an der Kunstuni Linz.
Ihre Erlebnisse und die Kunstprojekte, die sie ausgehend von ihrer Fluchterfahrung gemacht hat, sind – kuratiert von Gabriele Spindler, Kunsthistorikerin und Leiterin der Abteilung Kunst- und Kulturwissenschaften an der OÖ Landes-Kultur-GmbH – hier eindrucksvoll in Szene gesetzt.
Die Blumen stehen für verschiedene Revolutionen. Lotus (Ägypten, 2011), Zedern (Syrien, 2005), Tulpen (Kirgistan, 2005), Kornblumen (Weißrussland, 2006), Nelken (Portugal, 1974), Safran (Myanmar, 2007), Rosen (Georgien, 2003). Auf Blumen, die einen Umsturz in Russland begleiten, wartet Jermolaewa noch.
Im Österreich-Pavillon zeigt sie in Zusammenarbeit mit der ukrainischen Balletttänzerin und Choreografin Oksana Serheieva Auszüge aus Schwanensee – das Stück wurde in Jermolaewas Jugend bei brisanten Ereignissen im russischen Staatsfernsehen in Dauerschleife gespielt.
„Wir hoffen, dass das bald wieder passiert“, sagt Jermolaewa und meint damit, dass der Schwanensee im Staatsfernsehen den Sturz Putins begleiten möge. Und wieder donnert es in Venedig.
Ein Draht nach Hause
Im Freigelände stehen alte, zum Teil funktionsfähige Telefonzellen. Jermolaewa nimmt den Hörer in die Hand. Wie 1989. „Von dieser Zelle habe ich nach Hause telefoniert, als ich auf meiner Flucht in Österreich angekommen bin.“ Die Telefonzellen stammen aus dem Flüchtlingslager Traiskirchen. Dort haben diese über 30 Jahre lang für Flüchtlinge aus aller Welt eine Verbindung nach Hause ermöglicht.
„Die Hoffnung, die Verzweiflung und die Aussichtslosigkeit von vielen Flüchtlingswellen ist in diesen Telefonzellen gespeichert“, schildert Jermolaewa, warum diese nun in Venedig zu sehen sind. Zwar dreht sich das gesamte Projekt um ihre persönlichen Migrationserfahrungen, Jermolaewa weiß aber: „Ich stehe nur stellvertretend für alle Menschen auf der Flucht.“
Zusätzlich zu der etwas mehr als einer halben Million vom Bund hat das Land OÖ 100.000 Euro für die Ausstellung zur Verfügung gestellt. „Die Biennale ist mit der europäischen Kulturhauptstadt und dem Brucknerjahr ein Teil eines großen Kulturjahres für Oberösterreich“, ist ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer bei der Eröffnung des Österreich-Pavillons stolz. Das Land fördere bewusst zeitgenössische Kunst: „Der Beitrag bei der Biennale macht auf das Kulturland aufmerksam.“
Aber nicht nur, denn ein internationaler Auftritt wie dieser sei „für den Standort Oberösterreich Gold wert“, so Stelzer. Was ihn sehr beeindruckt hat, war ein weiterer Raum im Pavillon. Was nach Röntgenbildern aussieht, sind Schallplatten. Nachdem in Russland westliche Musik verboten war, wurde diese auf Röntgenbilder gepresst und so geheim in Umlauf gebracht. Stelzer: „Die Menschen finden immer einen Weg zur Kunst.“
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