Zugunglück in Münchendorf: Lokführer steht erneut vor Gericht

Zugunglück in Münchendorf: Lokführer steht erneut vor Gericht
54-jähriger Ungar beteuert nach wie vor seine Unschuld. Frühere Verurteilung zu bedingter Haftstrafe war aufgehoben worden.

Ein Todesopfer und 26 Verletzte hatte das Zugunglück der Raaberbahn in Münchendorf im Bezirk Mödling am 9. Mai 2022 gefordert. Die Garnitur war auf gerader Strecke entgleist, Waggons wurden durch die Luft geschleudert. Nach monatelangen Ermittlungen sah die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt die Schuld für die Tragödie beim 54-jährigen ungarischen Zugsführer. Er habe ein Signal missachtet und sei zu schnell in den Streckenabschnitt eingefahren, lautete die Anklage.

Im Jänner 2023 wurde der Mann deshalb zu sechs Monaten bedingter Haft verurteilt. Doch das Oberlandesgericht Wien hob das Urteil auf, weil nicht genügend Zeugen gehört worden seien. Außerdem habe es zu wenig Informationen über die erhobenen Daten zum Unglück gegeben. Am heutigen Donnerstag wurde der Prozess daher am Landesgericht Wiener Neustadt wiederholt. Neues Urteil gab es jedoch noch keines, das Verfahren wurde auf 11. Juni vertagt. Weitere Zeugen werden geladen.

Vorgeworfen wird dem Lokführer die Missachtung einer bestehenden Geschwindigkeitsbegrenzung von 60 km/h. Auf rund 145 Stundenkilometer habe er die Garnitur der Raaberbahn auf der Pottendorfer Linie beschleunigt, sagt die Staatsanwaltschaft. Aufgrund dessen sei es im Weichenbereich zur Entgleisung gekommen.

Doch der Mann bestreitet, über das Tempolimit informiert gewesen zu sein. Vor Fahrtantritt habe er die Route ordnungsgemäß überprüft, dabei sei keine Geschwindigkeitsbegrenzung angezeigt worden. Kernfrage des erneuten Verfahrens war am Donnerstag, welches Ampelsignal vor dem Streckenabschnitt, auf dem sich das Unglück ereignete, angezeigt wurde.

Nur ein grünes Licht sei es gewesen, behauptet der Lokführer - was bedeutet, dass mit voller Geschwindigkeit gefahren werden darf. Zwei grüne Lichter hätten eine Begrenzung auf 60 km/h angezeigt. "Aber es waren ganz sicher nicht zwei", betonte der 54-Jährige noch einmal vor Gericht. 

Für den danach folgenden Streckenabschnitt habe ein weiteres Signal dann aber bereits die Temporeduktion durch zwei grüne Lichter vorhergesagt.

"Ich träume jede Nacht, dass die Passagiere schreien", hatte der bei dem Unfall selbst schwer verletzte Ungar im ersten Prozess ausgesagt. Er habe eine stationäre Psychotherapie hinter sich und besuche nach wie vor wöchentlich einen Psychiater, berichtete er am Donnerstag. Wegen seiner Verletzungen an beiden Armen und einer Hüftoperation sei er arbeitsunfähig. Eine beantragte Invalidenpension sei ihm jedoch bislang noch nicht zuerkannt worden. 

"Ich hatte 34 Jahre Berufserfahrung und keinen einzigen Zwischenfall in der ganzen Zeit", betonte er. "Glauben Sie, dass Sie einen Fehler gemacht haben?" wollte der Richter wissen. Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: "Nein."

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