Bei Renovierungsarbeiten wurden in den Türmen von Stift Klosterneuburg zwei „Zeitkapseln“ entdeckt. Nun wurden die geheimnisvollen Metallröhren geöffnet.
Man müsse „realistisch nüchtern“ an die Sache herangehen, dämpft Prälat Maximilian Fürnsinn unmittelbar vor der großen „Schatzöffnung“ noch die Erwartungen. Im historischen roten Salon von Stift Klosterneuburg ist die Spannung dann aber doch spürbar. Was verbirgt sich in den beiden unscheinbaren, rund einen halben Meter langen Metallröhren? Noch dazu „wehrt“ sich die erste Dose aus Kupferblech lange, ein Arbeiter muss sie mit einer Zange aufbiegen, bis die „Zeitkapsel“ ihr Geheimnis schließlich preisgibt.
134 Jahre waren die beiden Metallbehälter in 82 Metern Höhe verborgen gewesen. Entdeckt wurden sie erst vor Kurzem im Zuge von Renovierungsarbeiten. Im Juli tauchte in der vergoldeten Kugel unterhalb des Kreuzes an der Spitze des Südturmes die erste „Zeitkapsel“ auf, wenig später wurde die zweite im Nordturm entdeckt.
Nun werden sie geöffnet. Kunsthistoriker Alexander Potucek, Experte für die Geschichte des Stifts, hegt noch leise Zweifel, ob der Inhalt die lange „Zeitreise“ heil überstanden hat, denn die Metallrohre sind nicht abgedichtet, sondern haben viele „Luftlöcher“. In den vergoldeten Kugeln herrschten in den vergangenen 134 Jahren aber große Temperaturunterschiede, auch die Luftfeuchtigkeit schwankte in der Höhe enorm. Doch was dann zum Vorschein kommt, sind Pergamente in so gutem Zustand, als wären sie erst vor Kurzem geschrieben worden.
„Geschichtsbuch“
Und der Inhalt ist ein mehr als bemerkenswertes Dokument, das weit in die Zeit zurückführt. Beginnend bei den Römern über die Gründung des Stifts durch Babenberger Leopold III. und dem Bau der Stiftskirche wird die Geschichte des Ortes penibel erzählt. Besonders detailliert wird dabei auf die Renovierungsarbeiten eingegangen, die 1882 in Auftrag gegeben wurden und 1888 mit der Kreuzaufsetzung ihren Höhepunkt fanden. Damals wurden die „Zeitkapseln“ in den frisch renovierten Türmen deponiert. Auch eine Auflistung der daran beteiligten Personen ist dabei.
Derartige „Zeitkapseln“ sind keine Seltenheit. Es war nicht unüblich, in Kirchtürmen Dokumente, Artefakte und manchmal sogar Reliquien für die Nachwelt zu hinterlassen. In Klosterneuburg sind die beiden Zeitkapseln auch nicht die ersten derartige Funde. Vor einigen Jahren tauchte eine Weitere auf, in der sich eine Reliquie des Heiligen Donatus befand. „Das wurde gegen Blitzschlag hinein getan“, weiß Augustiner-Chorherr Anton Höslinger. Und weil man auf diesen Schutz nicht verzichten will, wurde die Zeitkapsel samt Reliquie wieder an ihren Platz gebracht. Man weiß ja nie.
„Zuckerl“
Ob auch der Inhalt der beiden nun geöffneten Zeitkapseln wieder an den Ursprungsort zurückkommt, kann man noch nicht sagen. Die Pergamente werden nun jedenfalls genau untersucht. Auf den ersten Blick vermitteln sie nichts völlig Neues für die Forschung, „das war schon relativ genau dokumentiert“, meint Historiker Potucek. Aber sie sind auf jeden Fall ein sehr schöner Fund.
Ein zumindest kleines Geheimnis konnte aber noch nicht gelüftet werden. Neben den Pergamenten fand sich nämlich auch Papier in einer Zeitkapsel. Eines davon eingedreht wie ein „Zuckerl“. Der schlechte Zustand des Papiers verhinderte eine sofortige Öffnung. Wer weiß, was sich darin noch verborgen hält.
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