Wr. Neustadt: 900.000-Euro-Affäre um rote Parteilokale

Im UVZ wurden erstmals Unregelmäßigkeiten aufgedeckt
Die Betriebskosten für neun Parteilokale wurden zur Gänze aus öffentlichen Geldern bezahlt.

Schenkt man dem jüngsten Kontrollamtsbericht der Stadt Wiener Neustadt Glauben, dann hat die SPÖ Erklärungsbedarf. Die Mietaffäre rund um die roten Vereinslokale in der Stadt scheint umfangreicher zu sein, als angenommen. Laut Kontrollamt hat die SPÖ zwischen 2007 und 2016 keinerlei Betriebskosten, Strom und Gas für neun Sektionslokale bezahlt. Stattdessen kam die Gemeinde aus öffentlichen Geldern des Sozialreferates dafür auf. Der errechnete Schaden für die Stadt soll bei 900.000 Euro liegen.

Nachdem das Kontrollamt vergangenen Winter den Mietskandal beim SPÖ-Parteilokal im Ungarviertelzentrum (UVZ) aufgedeckt hat, gab die bunte Stadtregierung eine Prüfung aller Sektionslokale in Auftrag. Der Bericht wurde Montagabend erstmals dem Kontrollausschuss präsentiert.

Demnach ist es in der Zeit der SPÖ-Alleinregierung zu einer bedenklichen Verschmelzung von Gemeinde und Partei gekommen. "Gelaufen ist dieser Steuergeld-Transfer über die Anmietung von Immobilien der Stadt, die dann gleichzeitig als SPÖ-Sektionslokale und als städtische Seniorenklubs genutzt wurden", sagen FPÖ-Stadtrat Michael Schnedlitz und ÖVP-Mandatar Wolfgang Ferstl.

14 Euro Miete

Die Lokale sollen nur 16 Stunden pro Woche als öffentlicher Seniorenklub gedient haben. "Die restliche Zeit nutzte die Partei die Räume für sich, zahlte dafür aber keinerlei Betriebskosten und kaum Miete", stellt Kontrollobfrau Tanja Windbüchler (Grüne) klar. Teilweise wurden nur 14 Euro pro Monat pro Lokal Miete bezahlt – und das für Räume in der Größe von 230 .

Zugrunde liegt diesen Abrechnungsmodalitäten ein "All-In-Vertrag" aus dem Mai 2007 für alle Sektionslokale. Seitens der Stadt wurde das Papier vom damaligen SPÖ-Bürgermeister Bernhard Müller unterzeichnet. Allerdings war Müller gleichzeitig auch Vorsitzender der SPÖ-Bezirksorganisation. "Hier von schiefer Optik zu sprechen, wäre eine Untertreibung. Diese Verträge waren und sind moralisch verwerflich und politisch unanständig", sagt Schnedlitz.

Eine ausführliche Stellungnahme der SPÖ wird erst nach der Ausschusssitzung für Dienstag erwartet. Die Erklärung vor dem Kontrollamt der Stadt lautete, dass man sich nur an die geschlossenen Verträge gehalten habe.

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