Es ist das erste Wochenende, an dem die Herrengasse ihrem Ruf nach sehr langer Zeit wieder gerecht wird, denn in den letzten 20 Monaten war die Nachtgastronomie bis auf wenige Ausnahmen im Dauer-Lockdown. Jetzt sind so gut wie alle Regeln gefallen. Es darf wieder bis in die Morgenstunden gefeiert werden.
„Das Fortgehen hat uns schon sehr gefehlt. Wir waren sehr oft auf Wohnungspartys, aber das ist nicht das gleiche“, sagen Leonie und Theresa, denen die Vorfreude an ihren Gesichtern abzulesen ist – und das nicht nur aufgrund des Alkoholpegels.
Lange Schlangen
In der Herrengasse ist es laut. Vor den Lokalen stehen viele Menschen in Schlangen. In manchen muss man schon vor Mitternacht bangen, es überhaupt ins Lokal zu schaffen. „Wir sind voll und können aktuell keine weiteren Personen reinlassen“, sagt Roman Petek, Geschäftsführer des Lokals Zweiraum. Mit dem Öffnungswochenende ist er sehr zufrieden. „Es ist sensationell. Freitagnacht war es in etwa so wie vor der Pandemie. Heute ist noch einmal um einiges mehr los.“ Die Leute würden jetzt auch um eineinhalb, bis zwei Stunden früher kommen.
Nicht nur den Gästen, sondern auch den Lokalbesitzern ist anzusehen, wie froh sie über die Öffnung sind. „Die letzten zwei Jahre waren natürlich ein Wahnsinn. Wir hatten eigentlich nur vier Monate offen.“
Das hat sich auch finanziell ausgewirkt. „Wenn man nur eine Diskothek hat, dann war es schon so, dass man mit den Unterstützungszahlungen irgendwie überleben konnte. Wir haben aber einige andere Gastro-Betriebe, für uns war es leider ganz schlecht. Wir haben nahezu keine Förderungen und Unterstützungen bekommen.“
Feiern trotz Skepsis
Trotz überfüllter Lokale gibt es auch Gäste, die aufgrund der doch noch immer sehr hohen Fallzahlen skeptisch sind. „Ich bin zwar froh, dass das Fortgehen wieder möglich ist, aber ich habe schon Bedenken, ob das wirklich eine gute Entscheidung war, so früh zu öffnen“, sagt die 24-jährige Lena aus Wiener Neustadt, die hier ist, um den Geburtstag ihrer Freundin zu feiern.
Besonders hart war die vergangene Zeit für die Jugendlichen. „Man muss verstehen, jemand der vor zwei Jahren 16 war und von den Eltern endlich die Erlaubnis bekommen hat, fortzugehen, hat einfach nicht fortgehen können“, sagt Petek. „Das heißt, dem lehren wir jetzt sozusagen das Fortgehen. Der kennt einen Club oder eine Diskothek nur von Instagram oder TikTok.“
Obwohl bis auf wenige Ausnahmen alle Regeln gefallen sind, wollen die Lokalbetreiber dazu beitragen, dass die Diskotheken nicht bald wieder schließen müssen. „Wir versuchen weiterhin gewisse Covid-Hygienestandards aufrechtzuhalten“, sagt Petek.
Fest steht: Die Menschen haben das Feiern vermisst. Die meisten verlassen die Herrengasse in dieser Nacht erst nach fünf Uhr. Langsam schlendern – oder torkeln – die Leute wieder zurück zum Hauptplatz. Jetzt sind die Taxis wieder im Dauereinsatz.
Kommentare