Wissenschafterin des Jahres: „Klimaschutz sichert unsere Lebensgrundlage“

Wissenschafterin des Jahres: „Klimaschutz sichert unsere Lebensgrundlage“
Sigrid Stagl. Die gebürtige Waldviertlerin und „Wissenschaftlerin des Jahres 2024“ über ihre Arbeit, Klimaschutz, Hoffnung und Umweltpolitik

Kurz vor Weihnachten durfte sich Sigrid Stagl über eine besonders schöne Überraschung freuen.

Die Ökonomin wurde darüber informiert, dass sie Anfang 2025 vom „Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalist:innen“ als „Österreichs Wissenschaftlerin des Jahres 2024“ ausgezeichnet wird, aber noch Stillschweigen bewahren müsse. Das durfte die 56-Jährige bei ihrer Rede im Zuge der Preisverleihung Anfang Jänner brechen.

Da sprach Stagl davon, dass Wissenschaft und Forschung unverzichtbar seien, „wenn wir die Herausforderungen der Zukunft meistern wollen, vom Klimawandel über die Digitalisierung bis hin zum demografischen Wandel und zur Bildung“. Sie seien die Basis für Innovationen, bessere Entscheidungen und nachhaltige Lösungen. 

„Ich habe meinen Job immer so interpretiert, da er durch Steuergeld finanziert ist, dass es auch darum geht, die Ergebnisse zu kommunizieren“, sagt die Forscherin. „Ich habe mir da nichts erwartet, das ist Teil des Jobs. Daher habe ich mich besonders gefreut, weil Kommunikation eine extra Arbeit ist und viele Abend- und Wochenendstunden beansprucht. Es ist ein Dankeschön dafür, so sehe ich das.“

In den vergangenen Jahren haben die Glaziologin Andrea Fischer (2023), der Ökologe Franz Essl (2022), der Komplexitätsforscher Peter Klimek (2021), die Virologin Elisabeth Puchhammer (2020) und die Historikerin Barbara Stelzl-Marx (2019) die Auszeichnung erhalten. Stagl freue es sehr, sich in die „reputierliche Liste von vorherigen Preisträger*innen einordnen zu können“.

„Ich sehe mich als privilegiert, weil ich in meinem Brotjob über Klimaschutz nachdenken kann“

Sigrid Stagl, Ökonomin

„Wesentliche Stimme“

Stagl ist im Bezirk Horn im Waldviertel aufgewachsen und forscht seit mehr als 25 Jahren zu den Themen ökologische Ökonomie und Nachhaltigkeit – etwa zu Energie und Klima. Mit 29 Jahren war sie weltweit die erste Person, die in ökologischer Ökonomie in den USA promovierte.

In der Begründung für die Auszeichnung heißt es, dass die Forscherin von der Wirtschaftsuniversität Wien eine „wesentliche Stimme der wissenschaftlichen Vernunft im öffentlichen Diskurs rund um Nachhaltigkeit und Klimaschutz“ sei. Zudem trete Stagl in der Öffentlichkeit „als nimmermüde Vermittlerin ihrer Forschungsthemen auf“.

Doch wie schafft sie es, bei all den doch negativen Prognosen rund um Klimathemen „nimmermüde“ zu bleiben? „Wenn man klimawissenschaftliche Studien regelmäßig liest, ist die Dringlichkeit völlig klar. Ich sehe mich aber als privilegiert, weil ich in meinem Brotjob darüber nachdenken und Wissen generieren kann. Ich fände es unverantwortlich, darüber nicht zu sprechen. Auch in Hinblick auf zukünftige Generationen will ich mir nicht vorwerfen lassen, dass ich nicht alles versucht hätte.“

Wissenschafterin des Jahres: „Klimaschutz sichert unsere Lebensgrundlage“

Stagl ist Ökonomin am Department für Sozioökonomie der WU Wien. Ihr empirischer Fokus liegt auf den Themen Energie und Nahrungsmittel 

Auch in Zeiten, in denen eine Budgetkonsolidierung im Zentrum stehe, müsse das nachhaltige Wirtschaften, „ein Zukunftsthema“ wie auch die Bildung, mitgedacht werden. Es gäbe aber sehr wohl Möglichkeiten, wie man Klima- und Umweltpolitik betreiben kann, die nicht so teuer ist wie jene der vergangenen Jahre, so die Forscherin. Als Beispiele nennt sie die CO2-Besteuerung oder das Abschaffen staatlicher Unterstützung für klima- und umweltschädliche Technologien.

Ein weiteres Beispiel für eine Maßnahme, die „ganz, ganz wenig“ kostet, die „aber wirklich viel bringen“ kann, seien die – hierzulande besonders emotional diskutierten – Geschwindigkeitsbegrenzungen im Straßenverkehr.

Sigrid Stagl ist Ökonomin am Department für Sozioökonomie mit den Schwerpunkten Nachhaltiges Arbeiten, Ökologische Makroökonomie, integrierte Bewertungsmethoden und sozioökonomische Theorien des Handelns; empirischer Fokus auf Energie und Nahrungsmittel.

 Sie gründete das Institute for Ecological Economics und ist Programmdirektorin des Socio-Ecological Economics and Policy.

Sie wolle aber nicht mit erhobenem Zeigefinger kommunizieren. Jede und jeder könne aus seiner Lebenswelt losstarten und habe Möglichkeiten, Veränderungen durchzuführen. Man könne sich fragen „Wie kann ich mich von meiner Arbeitswelt aus einbringen und Strukturen in Richtung Nachhaltigkeit verändern?“ Stagl ist sicher, dass das besser funktioniere, wenn man hier viele Menschen aktiviert, die mitwirken wollen.

„Aber Menschen zu suggerieren, wir können weitermachen wie bisher, ohne dass es Chaos und Kosten gibt, ist eigentlich eine Lüge.“ Dazu gäbe es auch genügend Berechnungen, dass kein Klimaschutz mit Mehrkosten verbunden sei. „Klimaschutz ist weder ein Luxus noch eine Frage der Ideologie. Klimaschutz sichert unsere Lebensgrundlage, gibt Stabilität und Sicherheit. Er ist nicht optional, sondern eine Notwendigkeit.“

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