Wilderer: 50 Straftaten sind erst der Anfang

Serientäter Alois H. wird noch für einige (böse) Überraschungen sorgen
Nach drei Wochen hat die Polizei 131 der 305 Waffen überprüft. Alle sind gestohlen.

Die Polizei glaubte jahrelang an mehrere Diebesbanden. Wer wäre sonst in der Lage, über einen Zeitraum von fünfzehn Jahren unbemerkt in bis zu 50 Wohn- und Jagdhäuser einzubrechen und ganze Schlösser in Schutt und Asche zu legen?

Es waren die Wahnsinnstaten eines Einzelnen. Wie vom KURIER berichtet, hat die Polizei drei Wochen nach dem Mord an drei Polizeibeamten und einem Rot-Kreuz-Sanitäter den Todesschützen Alois Huber (55) als Serieneinbrecher und -brandstifter überführt. Bis dato konnten 131 der 305 sichergestellten Schusswaffen – vorwiegend Jagdgewehre – diversen Tatorten zugeordnet werden. „Wir sind noch nicht einmal bei der Hälfte und haben schon jetzt fast 50 Delikte, die auf sein Konto gehen“, erklärt ein Ermittler des nö. Landeskriminalamtes.

Huber hat nicht nur nach Belieben Hirsche gewildert, sondern im Alleingang jene Straftaten begangen, die man der „Halali-Bande“ ankreidete. Bis jetzt konnten ihm 20 Jagdhauseinbrüche und acht weitere nachgewiesen werden, bei denen er die Objekte anschließend anzündete. Die schwerwiegendsten Fälle waren das vollkommen ausgebrannte Jagdschloss Steinbach der in Göstling sowie die Jagdvilla von Hutmacher Leo Nagy in Gutenstein bei Wr. Neustadt. Gestohlen wurden unter anderem wertvolle Büchsen, Präzisionsoptik, Ferngläser und über 100 Jagdtrophäen – darunter ein ausgestopfter Puma aus Nagys Anwesen. Auch ein Jagdschloss in Altenmarkt im Bezirk Liezen, Steiermark, wurde am 8. November 2007 von Huber nach einem Einbruch angezündet. „Und das alles wegen fünf Waffen, die er dort mitgehen ließ“, so ein Kriminalist.

Reifenschlitzer

Nachgewiesen wurden dem Wilderer bis jetzt außerdem sieben Pkw-Einbrüche, der Diebstahl von drei Pkw-Anhängern samt einer Hebebühne sowie eine schwere Sachbeschädigung am Wachauring in Melk. Dabei schlitzte er 165 Autoreifen auf und stahl zwei Motorräder. Zwei weitere gestohlene Maschinen fanden sich ebenfalls auf seinem Anwesen. Auch der nächtliche Angriff auf einen Jäger geht auf Hubers Konto. „Der bisher festgestellte Schaden beläuft sich auf mehr als acht Millionen Euro“, erklärt der Chef des Landeskriminalamtes, Franz Polzer.

Laß die Küche so rein wie dein Gewissen sein“. Dieser handgestickte Leitspruch ziert die Küche eines kaltblütigen Vierfachmörders, Brandstifters und Seriendiebes – ein weiteres Indiz für die zwei Gesichter und das Doppelleben des Alois Huber. Der 55-jährige Wilderer hat an einem der schwärzesten Tage der österreichischen Kriminalgeschichte am 17. September drei Polizeibeamte und einen Rot-Kreuz-Sanitäter ermordet und sich anschließend selbst gerichtet.

Seit der Bluttat versuchen die Spezialisten des nö. Landeskriminalamtes das Rätsel, das der 55-jährige Transportunternehmer hinterlassen hat, lückenlos zu klären. Und sie sind in den drei Wochen bereits beachtliche Schritte weiter gekommen. Hubers kriminelle Machenschaften reichen nachgewiesener Maßen mehr als 17 Jahre zurück. „Der Tod seiner Frau dürfte ein einschneidendes Erlebnis gewesen sein. Danach ist es losgegangen mit den Straftaten“, sagt ein Ermittler.

Unter den zig gestohlenen Kennzeichen in Hubers Anwesen finden sich welche, die Ende der 90er-Jahre entwendet wurden. Als vor zwei Jahren der verdächtige Geländewagen des Wilderers erstmals bei der Observation im Raum Annaberg in eine Fotofalle ging, waren Kennzeichen aus dem Bezirk Scheibbs am Wagen montiert. Die Überprüfung ergab, dass die Nummerntafeln mehr als zehn Jahre zuvor gestohlen wurden. Der Hinweis ging somit ins Leere.

Halali-Bande

Wilderer: 50 Straftaten sind erst der Anfang
Ohne Titel Date: Tue, 31 Aug 2004 14:02:39 0200 From: Oliver Jaindl Subject: [** ISO-8859-1 charset **] Brandserie nö jagdschlösser schloss g utenstein lunz Steinbach nagy kriminalabteilung ka /====================== / Oliver Jaindl / KURIER, Chronik Wien / Tel.: + 43/ 1 / 52 100 =======================
Seit dieser Woche ist es auch bewiesen, dass nicht die „Halali-Bande“ sondern einzig und allein Alois Huber für Serien-Einbrüche und Brandstiftungen auf Jagdhäuser und -schlösser verantwortlich ist. Bei der Überprüfung der mehr als 300 Jagdgewehre und Faustfeuerwaffen, die immer noch andauert, gibt es die ersten Übereinstimmungen zu den jeweiligen Tatorten.

In Hubers Geheimbunker fanden sich beispielsweise jene Waffen, die am 12. Dezember 2002 aus dem Jagdschloss Steinbach bei Göstling gestohlen wurden. Der spektakuläre Fall gilt somit als geklärt. Das Schloss wurde nach dem Einbruch angezündet. Schaden: Vier Millionen Euro.

Wilderer: 50 Straftaten sind erst der Anfang
Alois Huber
Alleine in Niederösterreich gibt es eine Liste von 70 Tatorten, wovon ein Großteil vermutlich auf Hubers Konto geht. „Die Übereinstimmung aller Waffen nimmt noch eine schöne Zeit in Anspruch. Durch das Feuer im Bunker sind die Waffen in einem sehr schlechten Zustand“, erklärt ein Ermittler.

Aber auch ein weiterer spektakulärer Fall mit einem Schaden von mehreren Millionen Euro kann Huber nachgewiesen werden. Am 27. August 2004 wurde die Jagdvilla der Hutmacher-Dynastie von Leo Nagy in Gutenstein bei Wiener Neustadt geplündert und abgefackelt.

Als markanteste Trophäe wurde dabei ein ausgestopfter Puma gestohlen, auch zahlreiche Waffen verschwanden. Eines der gestohlenen Gewehre fand sich in Hubers Bunker, ebenso die Raubkatze. Nagy soll jetzt die Trophäe identifizieren.

Der Zustand von Hubers Haus sei laut Beamten ein Abbild seiner wirren Welt und seines Seelenlebens. Obwohl der Tod seiner Frau Rosi fast zwei Jahrzehnte her ist, liegt ihr Lippenstift und ihr Schmuck immer noch an der selben Stelle, die Hausschuhe unberührt im Schlafzimmer. Fotos des Paares zieren die Wände. Laut Angehörigen und Freunden wollte Huber seiner Frau zu Liebe einen Pool bauen. Das Becken wurde noch rechtzeitig fertig, bevor sie starb, eingelassen hat er es nach ihrem Tod aber nie. Genauso verhält es sich mit dem geplanten Ausbau des Hauses. Das Paar wollte das Anwesen vergrößern. Als Rosi starb, rührte Alois Huber nichts mehr an. Die Mischmaschine steht, angeblich seit damals, unberührt im Haus. Mehrere Räume sind bis unter die Decke voll mit Jagdtrophäen. Es hat Tage gedauert, das Diebesgut ins Landeskriminalamt St. Pölten zu bringen.

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