"Wie Zunftzeichen, nur aufgeblasen"

"Wie Zunftzeichen, nur aufgeblasen"
Expertise weist Riesenstuhl als Kunstwerk aus. Jumbo-Bierdose an A 1 kriegt Gesellschaft: Sudkessel am Kreisverkehr.

Eigentlich bin ich leicht enttäuscht", gesteht VP-Stadtrat Bernhard Wurzer ironisch. "Ich hätte erwartet, dass bei jeder Einfahrt am Europaplatz ein Sessel hinkommt und statt dem Springbrunnen in der Mitte eine große Tischplatte." Zudem andernorts in St. Pölten von der eingesessenen Möbelkonkurrenz fliegende Gänse und rote Sofas.

"Wie Zunftzeichen, nur aufgeblasen"

Im Rathaus ist jetzt endgültig Köpferauchen angesagt, was den von Möbel Lutz herbeigewünschten roten, 12 Meter hohen, roten Riesenstuhl am zentralen Kreisverkehr betrifft. Die mit Spannung erwartete Expertise des Konzerns ist eingetroffen, der Inhalt herausfordernd. "Das Gutachten attestiert dem Stuhl Eigenschaften eines Kunstwerkes", heißt es. Ortsbild-Verteidiger, wie etwa der Stadtplaner, dürften sich schwer tun, diesen Status auszuhebeln.

"Wie Zunftzeichen, nur aufgeblasen"

Befürchtungen, es könnten bei der "Möblierung" des öffentlichen Raumes Dämme brechen, bekommen aktuell Nahrung. Bier-Platzhirsch "Egger" will St. Pölten nebst der Riesendose an der Westautobahn einen zweiten Gerstensaft-Stempel aufdrücken. Am Kreisverkehr der B 1 in Ratzersdorf soll ein Sudkessel aufgestellt werden. Weichen muss dafür die Feuerschalen-Skulptur, die Künstler Andreas Herfert in Erinnerung an die Special Olympics 2010 hämmerte. Sie muss an die Stadion-Zufahrt übersiedeln.

"Die sind wie moderne Zunftzeichen, nur halt entsprechend aufgeblasen", sieht Bürgermeister Matthias Stadler die Möblierung entspannt. Früher habe auch jeder Handwerker seine Produkte an der Außenfassade schmiedeeisern ausgehängt. Und was ist, wenn der Großbäcker eine Riesenbretze und sein Fleischerkollege ein Monsterwürstel aufstellen will? "So etwas wird es nicht geben. da können Sie sicher sein."

Der Sudkessel sei kein Problem, "wenn wir schon die größte Privatbrauerei Österreichs da haben", meint Stadler. Zum XXXL-Sessel versagt er sich eine persönliche Meinung. "Sonst heißt es nach unserer Entscheidung, das war Wunsch des Bürgermeisters."

Was Kreisverkehre betrifft, regt Wurzer eine lukrative Lösung an: Man könnte sie ja an Zunftzeichen-Aufsteller vermieten. "Gewahrt werden müssen nur die Grenzen des guten Geschmacks, nicht dass ein Sex-Shop eine Dessous-Puppe aufstellt." Zum Riesensessel: "Stadler sollte mit einem roten Stuhl kein Problem haben. Bei der Eröffnung kann er ja dann darauf Platz nehmen."

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