Am 15. November wird Leopoldi gefeiert. Bis aus dem Markgrafen der Landesheilige wurde, brauchte es viel Zeit, viel Überredungskraft – und viele Wunder
Der 15. November ist ein Tag zum Feiern – zumindest Schüler und Beamte haben einen Anlass (und Zeit) dafür, denn an diesem Tag sind in Wien und Niederösterreich Schulen, Ämter und Behörden (wie auch viele Banken) geschlossen. „Schuld“ ist Leopold III., seit 1663 Landespatron. Dass der Markgraf Stift Klosterneuburg dort gründete, wo er den vom Winde verwehten Schleier seiner Frau Agnes nach Jahren wiederfand, wissen viele noch aus der Schule. Dass er aber erst 349 Jahre nach seinem Tod zum Heiligen wurde und vor allem, was dazu führte und notwendig war, wissen nur wenige.
Eine, die die Geschichte Leopolds in- und auswendig kennt, ist Julia Anna Schön, Historikerin im Stift Klosterneuburg. „Es gibt erst aus dem 14. Jahrhundert erste Belege, dass Leopold regional als eine Art Heiliger verehrt wurde“, erklärt sie. „Auch die Schleierlegende taucht 1371 erstmals in einer Urkunde auf.“ Zu dieser Zeit waren die Habsburger an dem Babenberger sehr interessiert. Rudolf IV. schrieb dem Papst auch seine Bitte, ein Verfahren zur Heiligsprechung einzuleiten, doch die Sache verlief im Sand, weil beide bald starben.
Legitimation
Ein Jahrhundert später startete Friedrich III. einen neuen heiligen Anlauf. „Er sprach sogar von ,Leopold von meinem Blute‘, was der historischen Realität gar nicht entspricht. Aber die Habsburger wollten sich als legitime Nachfolger der Babenberger inszenieren“, sagt Schön.
Diesmal schien es besser zu laufen. 1466 wurde der formale Prozess in Gang gesetzt, vor Ort wurde nach Wundertätigkeit Leopolds gefahndet und dann – „sagte der Papst 1472 Nein. Warum, hat er nicht genau erklärt, aber das Verhältnis von Papst und Kaiser war nicht das beste“, erzählt Schön. Zwei Jahre später folgte der nächste Anlauf in der „Mission Heiligsprechung“. Friedrich urgierte, das Stift schickte Gesandte nach Rom, man schrieb 15.000 Briefe. „Es war ein sehr politischer Prozess, und es ist viel Geld geflossen“, sagt Schön. Das Stift verschuldete sich stark. Übernommen hat diese Schulden ausgerechnet ein Ungar – Matthias Corvinus, der Ende des 15. Jahrhunderts Ostösterreich beherrschte und sich auch im Glanze Leopolds sonnen wollte.
Wo sind die Wunder?
Was aber braucht es für eine Heiligsprechung? Wunder! Mit großem Aufwand war man ihnen auf der Spur. 427 Personen wurden von einer Kommission befragt und berichteten, wie ihnen Leopold geholfen habe. „Ein gewisser Johannes Winkler berichtete etwa, wie sein tot geborener Sohn nach einem Stoßgebet zu Leopold wieder zu atmen begann“, sagt Schön.
Einige dieser Wunder zeigen Deckengemälde im Stift. „Darunter etwa die Darstellung eines Mannes, der durch einen Wald geht und dem von einem Osmanen ein Pfeil ins Auge geschossen wird“, so Schön. Hintergrund ist ein Soldat aus der Armee von Matthias Corvinus, der im Kampf gegen die Hussiten verletzt und wieder geheilt worden sei, als er am Grab Leopolds betete. „Die Geschichte spielt im 15. Jahrhundert, die Deckenfresken stammen aus dem 17. Jahrhundert. Aus dem Soldaten wurde ein Jäger, aus dem Hussiten ein Osmane. Die Osmanen waren damals, kurz vor der Türkenbelagerung, eine große Bedrohung.“
Viele solcher Berichte wurden gesammelt, und am 6. Jänner 1485 sagte der Papst endlich „Ja“. Wobei „Leopold nicht der klassische Heilige ist, denn es gab keine Wunder zu Lebzeiten und er war auch der einzige Herrscher, der im 15. Jahrhundert heiliggesprochen wurde“. sagt Schön.
Und dann dauerte es noch einmal bis 1506, bis das Grab geöffnet und die Gebeine Leopolds ins Stift überführt wurden. Vorher hatte Kaiser Maximilian nämlich keine Zeit, doch der Habsburger und „letzte Ritter“ wollte unbedingt dabei sein. Schließlich handelte es sich um des Kaisers neuen Heiligen.
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