Wenn Helfer selbst Hilfe benötigen

Drei Frauen überlebten den Unfall
Horror-Unfall mit fünf Toten zeigt, wie wichtig das Peer-System für die Retter ist.

Menschen die schmerzerfüllt um Hilfe schreien, eingeschlossen in etwas, das nur Minuten zuvor ein intakter Neunsitzer auf dem Weg in die Heimat war. Dieser Auszug aus dem Schreiben eines Feuerwehrmannes zum Horror-Unfall auf der A21 bei Alland lässt ungefähr erahnen, mit welcher Ausnahmesituation die Ersthelfer Sonntagfrüh konfrontiert waren.

Bei dem Unfall eines rumänischen Kleinbusses kamen, wie berichtet, fünf Menschen ums Leben, drei Frauen wurden teils schwer verletzt. Eines der männlichen Opfer wurde aus dem Wrack geschleudert und anschließend von sieben nachkommenden Fahrzeugen in der Dunkelheit überrollt. Fünf Fahrzeuglenker sind stehen geblieben, zwei weitere einfach weitergefahren, bestätigt Polizeisprecher Raimund Schwaigerlehner.

Selbst für hartgesottene Feuerwehrleute mit jahrelanger Erfahrung war der Einsatz jenseits aller Vorstellungskraft. "Wir haben beim Eintreffen ein Bild vorgefunden, auf das wir nicht eingestellt waren", sagt Feuerwehr-Einsatzleiter Georg Baden. Es sei zu grausam, auf die Details einzugehen. Sowohl die Feuerwehr, als auch das Rote Kreuz und die Polizei schickten sofort sogenannte Peers (Betreuer mit psychologischer Notfallausbildung) zur Unglücksstelle. "Das sind speziell geschulte Kollegen, die durch ihre Tätigkeit selbst wissen, wie sich solche tragischen Ereignisse anfühlen", erklärt Cornel Binder-Krieglstein, Chef des Peer-Systems von Feuerwehr und Rotem Kreuz in Niederösterreich.

Ein Großteil der eingesetzten Kräfte auf der A21 nahm die Hilfe der Peers in Anspruch. Gemeinsam wurden die Geschehnisse besprochen und aufgearbeitet.

Ranking

Laut Binder-Krieglstein kann rund ein Drittel der Einsatzkräfte gut mit solchen Ausnahmesituationen umgehen, ein Drittel kümmert sich selbst aktiv um entsprechende Hilfe und ein Drittel benötigt fachliche Begleitung – meist durch Psychologen. Im weltweiten Ranking der zehn am schwersten zu verarbeitenden Ereignisarten für Einsatzorganisationen rangieren tödliche Unfälle von Kollegen, Großschadensereignisse, Notfälle mit Kindern oder Entstellungen von Körpern ganz oben. "Oberstes Ziel ist, jeden Einsatz emotional abzuschließen, damit man zu Hause wieder in den Alltag kann", so Binder-Krieglstein.

Neben Unfällen wie jener von Alland war besonders für die Polizei der Amoklauf von Annaberg eine kaum zu bewältigende Ausnahmesituation, erklärt Oliver Wilhelm vom Peer-Support der Polizei. Vor allem durch den Tod von drei Polizeibeamten war die Exekutive in einer Art Schockstarre.

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