In Vösendorf muss der Gemeinderat 2025 schon wieder neu gewählt werden

Zum zweiten Mal in zwei Jahren muss heuer wohl in Vösendorf (Bezirk Mödling) der Gemeinderat neu gewählt werden. Nach dem Rücktritt von Bürgermeister Hannes Koza, der einen tätlichen Angriff auf sich selbst vermutlich vorgetäuscht hat, fordern alle Fraktionen im Ortsparlament mit Ausnahme der ÖVP-nahen "Liste Miteinander Bürgermeister Hannes Koza" einen weiteren außertourlichen Urnengang: SPÖ, FPÖ, Grüne und die Liste V2000. Sollten sämtliche Mandatare dieser Fraktionen ihre Gemeinderatsmandate zurücklegen, muss die Landesregierung laut NÖ Gemeinderatswahlordnung Neuwahlen ausschreiben.
Wahl im Mai 2024
Bereits 2024 war dies in Vösendorf notwendig geworden. Damals hatten alle Gemeinderäte der Bürgermeister-Liste ihre Mandate zurückgelegt. Zuvor hatte es ebenfalls Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Koza gegeben, weil dieser eine private Rechnung manipuliert hatte, um sich die Summe vom Gemeinderat refundieren zu lassen. Die vorgezogenen Wahlen im Mai 2024 brachten der ÖVP-Liste dann deutliche Zugewinne - man errang die absolute Mehrheit.
Nach dem - bislang nur per Facebook verkündeten - Rückzug Kozas hat vorübergehend Vizebürgermeisterin Birgit Petross ("Liste Miteinander Bürgermeister Hannes Koza") die Amtsgeschäfte übernommen. Der ehemalige Bürgermeister kämpfe aktuell mit gesundheitlichen Problemen und sei daher schwer erreichbar, hieß es auf Nachfrage seitens seiner Liste. Man habe ihn aber am Montag erneut kontaktiert und sei "guter Dinge, das Rücktrittsschreiben demnächst zu erhalten".
Dennoch kündigte Petross am Montag in einer Aussendung an: „Wir begehen einen politischen Neustart in Vösendorf. Trotz unserer absoluten Mehrheit möchten wir zukünftig auf mehr Zusammenarbeit in Vösendorf setzen. Wir laden daher alle Fraktionen ein, gemeinsam für unser Vösendorf zu arbeiten. Erste Treffen haben bereits mit der SPÖ und der Liste V2000 stattgefunden. Der SPÖ – als zweitstärkste Fraktion – haben wir das Vizebürgermeisteramt angeboten. Unsere Hand ist ausgestreckt und wir werden weiterhin die Gespräche mit den anderen Fraktionen im Gemeinderat suchen.“
Ausschüsse "wiederbeleben"
Auch die unter Kozas Amtsführung wenig beschäftigten Gemeinderatsausschüsse wolle man "wiederbeleben", so Petross weiter: "Sodass sichergestellt ist, dass die besten Ideen umgesetzt werden – unabhängig von der Fraktionszugehörigkeit."
Eigene „Projektteams“ sollen für "die brennendsten Themen wie Eindämmung der Verbauung, Finanzen und Verkehr" eingerichtet werden. Darin könne "jeweils ein Experte je Fraktion rasch Entscheidungsgrundlagen für die weiteren Gemeindegremien erarbeiten".
Die designierte Bürgermeisterin versprach außerdem "Transparenz bei den Finanzen" durch einen Kassasturz: "Unter dem Motto: wir haben nichts zu verbergen". Und auch den von ihrem Vorgänger abgeschafften Livestream aus den Gemeinderatssitzungen wolle sie wieder einführen.
Die SPÖ Vösendorf beschloss allerdings am Montagabend in einer Vorstandssitzung, Neuwahlen zu fordern, wie Parteivorsitzender Alfred Strohmayer dem KURIER mitteilte.
Kozas Liste habe 2024 „eine klare Personenwahl durchgeführt“, begründete Strohmayer. „Da diese Person nun nicht mehr zur Verfügung steht, wir aber die Gefahr sehen, dass sein System durch seine Mitarbeiter weiter bestehen bleiben könnte, sehen wir eine Neuausrichtung als unumgänglich. Ein sauberer Neustart bedeutet für uns: Neuwahlen.“
"Wahlergebnis beeinflusst"
Um einen außertourlichen Urnengang zu erzwingen, müssten nicht nur alle SPÖ-Gemeinderäte, sondern auch jene anderer Fraktionen ihre Mandate zurücklegen. Strohmayer stellt klar: „Es gab im Vorfeld der letzten Wahl offensichtliche Ummeldungen von Wohnsitzen, die das Wahlergebnis maßgeblich beeinflusst haben. Die Bevölkerung soll nun die Möglichkeit haben, unter fairen Bedingungen eine klare und demokratische Entscheidung über die Zukunft Vösendorfs zu treffen.“

SPÖ-Vorsitzender Alfred Strohmayer.
Kritik, auf die man seitens der Liste Koza prompt reagierte. Die SPÖ zeige mit ihrer Forderung nach Neuwahlen, dass "es ihr nicht um Vösendorf geht, sondern nur um Parteipolitik", so Gemeinderat Markus Kerschbaum, stellvertretender Parteiobmann. "Anstatt gemeinsam an Lösungen für unsere Gemeinde zu arbeiten, will sie Vösendorf monatelang in Stillstand versetzen. Eine Neuwahl würde den Gemeinderat bis Herbst 2025 handlungsunfähig machen und wichtige Beschlüsse verhindern“.
"Bausperre läuft aus"
Und Kerschbaum weiter: „Besonders besorgniserregend ist, dass die Bausperre ausläuft. Ohne neue Beschlüsse drohen Vösendorf erneut Mega-Bauprojekte, die nicht im Interesse der Bevölkerung sind. Zudem kosten Neuwahlen viel Geld – Mittel, die wir dringend für wichtige Projekte in unserer Gemeinde brauchen."
Birgit Petross habe die Hand ausgestreckt. "Eine Neuwahl ist nicht nötig – Zusammenarbeit wäre die Lösung“, meint Kerschbaum.
Grüne wollen "Aufdeckung und Transparenz"
Am Montag haben sich indes auch Vösendorfs Grüne per Facebook der Forderung nach Neuwahlen angeschlossen. "Für eine Neuausrichtung der politischen Kräfte in Vösendorf", wie Gemeinderat Peter Köck schrieb. Den von Birgit Petross angebotenen Deal, der SPÖ den Vizebürgermeister zu überlassen, lehnen die Grünen "strikt ab". Denn: "Statt Aufklärung, Aufdeckung und Transparenz mit einem personellen Neustart, würde das die Personen begünstigen, die bisher das Sagen hatten und - wer weiß - würde Hannes Koza im Hintergrund weiter die Fäden ziehen."
Auch FPÖ und die Liste V2000 treten für einen Neustart mit neuerlichem Urnengang in Vösendorf ein, der damit beschlossene Sache zu sein scheint.
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