Terrornetz aus NÖ: Warnung vor Mekka-Anschlag kam zu spät

SWIFT-ABSAGE: DOORSTEP MIT VERANSTALTER BARRACUDA MUSIC
Die Familie jenes 20-jährigen Niederösterreichers, der in Saudi-Arabien fünf Menschen niedergestochen haben soll, hatte vor dem Attentäter gewarnt. Der Hinweis langte aber erst elf Tage später ein.

Im März des Vorjahres stiegen drei junge Männer aus Niederösterreich in Wien-Schwechat ins Flugzeug. Ihr Ansinnen: zeitgleiche Terroranschläge in verschiedenen Ländern. Beran A. (der aktuell wegen eines mutmaßlich geplanten Anschlags auf ein Taylor-Swift-Konzert in U-Haft sitzt) flog nach Dubai. Sein Freund Hasan E. (20) flog mit einem Zwischenstopp in Istanbul nach Saudi-Arabien. Dort soll er fünf Menschen vor einer Moschee mit einem Messer schwer verletzt haben.

Verdächtiger Zeuge

Und der Dritte, der in Istanbul ausstieg und dort zuschlagen wollte?

Über den hüllten sich die Behörden bisher in Schweigen. Man ermittle in der Sache auf Hochtouren, hieß es zuletzt bei der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN). Man sei fieberhaft auf der Suche nach dem Komplizen, der in Istanbul ebenfalls ein Attentat durchführen hätte sollen

 Wie sich nun herausstellt, könnte dieser Komplize von den Ermittlern bereits als Zeuge befragt worden sein. Davon ist zumindest Werner Tomanek, Rechtsanwalt von Beran A., nach Studium des Akts überzeugt. Denn: Der damals 19-jährige Hasan E., der am 11. März 2024 fünf Menschen bei der Al-Haram-Moschee in Mekka niedergestochen haben soll, flog nicht alleine.

Zumindest bis Istanbul war der junge Mann aus dem Bezirk Bruck an der Leitha in Begleitung eines Gleichaltrigen. Dieser blieb in Istanbul. Doch zu dem laut Chats verabredeten Attentat in der türkischen Metropole kam es nicht. Auch dieser Unbekannte dürfte, wie damals Beran A. in Dubai, kalte Füße bekommen und in letzter Sekunde einen Rückzieher gemacht haben.

Mutter schlug Alarm

Nachdem der Anschlag in Mekka bekannt geworden war, wurde der Mann laut Tomanek als Zeuge vernommen. Und auch Hasan E. dürfte vor der Tat in Mekka kein Unbekannter für die heimischen Ermittler gewesen sein. Der eigene Bruder soll  im Vorfeld bei der Polizei Alarm geschlagen haben, behauptet Tomanek. Auch die Mutter habe sich an den Deradikalisierungsverein Derad in Deutschland gewandt. Dieser dürfte wiederum die heimischen Ermittler gewarnt haben. Dem Bruder hatte Hasan E. eine kryptische Nachricht hinterlassen, was im Falle seines Todes zu tun sei.

Elf Tage zu spät

All diese Warnungen kamen allerdings zu spät, war am Montag vonseiten der DSN zu erfahren. Denn die Hinweise über eine möglichen Anschlag langten das erste Mal am 22. März 2024, also elf Tage nach dem Messerangriff in Mekka, bei der DSN ein. Zu dem Zeitpunkt saß Hasan E. längst in Saudi-Arabien in einer Zelle.

Computer sichergestellt

Nachdem Österreich von den Behörden in Saudi Arabien über den blutigen Zwischenfall in Kenntnis gesetzt wurde, stand die Polizei wenig später vor den Türen der Angehörigen in Österreich. "Der Bruder von Hasan hatte den PC des Verdächtigen daheim“, erklärt Tomanek. Laut seinen Angaben wurde der Computer erst vor wenigen Tagen sichergestellt. Er bekrittelt, warum das nicht schon früher passiert ist.

"Hätte man die Chats von Hasan ausgewertet, wäre die Sache mit Taylor Swift nie Thema geworden“, so der Anwalt.

Staatsschutz will mitlesen

Damit bringt Tomanek genau das zum Ausdruck, was Verfassungsschützer und Innenministerium seit Jahren fordern. Wie der aktuelle Fall zeigt, werden gerade Terroranschläge von Islamisten in verschlüsselten Chats geplant. "Die Täter tauschen sich darin aus“, so die DSN.

Deshalb dränge man seit Jahren darauf, in Echtzeit verschlüsselte Messengerkommunikation von Gefährdern überwachen zu dürfen. "Solange wir das nicht können, werden wir immer einen Schritt hinterher sein“, meint man beim Staatsschutz.

Hasan E. wurde nach einem Suizidversuch mittlerweile in ein anderes Gefängnis in Saudi-Arabien verlegt. Eine Delegation der österreichischen Botschaft in Riad hatte ihn an seinem 20. Geburtstag im Spätsommer besuchen dürfen.

Verfahren auch in Österreich

Zum Gesundheitszustand des jungen Mannes liegen gegenwärtig keine Informationen vor. Dasselbe gilt für den Ermittlungsstand gegen den 20-Jährigen. Die Ermittlungen werden dem Vernehmen nach direkt vom saudischen Staatsschutz geführt. Formal ist auch in Österreich ein so genanntes Inlandsverfahren gegen Hasan E. wegen versuchten Mordes, terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation anhängig.

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