Konkrete Anschlagspläne auf Pride-Parade und trotzdem in Freiheit

300.000 Menschen waren am 17. Juni bei der Regenbogenparade. Das Trio wurde kurz davor verhaftet
Das sichergestellte Handy eines ausländischen Dschihadisten ist für die Ermittler eine Goldgrube. Darin ist in Chatprotokollen anscheinend nachzulesen, wie ein 15-jähriger Wiener mit tschetschenischen Wurzeln und ein 18-jähriger St.Pöltner mit bosnischen Wurzeln sowie dessen 20-jähriger Bruder einen Anschlag auf die Pride-Parade vergangenen Sommer in Wien geplant haben.
Man wolle die Teilnehmer der „gay parade“ mit einem Auto überfahren beziehungsweise mit Messern attackieren. Auch über den Kauf eines AK-47-Maschinengewehrs in Tschechien wurde palavert.
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Für die heimische Justiz sind die Chats nicht Anlass genug, die Terrorverdächtigen wegzusperren. Nachdem der 15-jährige Wiener und der Jüngere der St. Pöltner Brüder im Juni kurze Zeit in U-Haft saßen, sind sie längst wieder auf freiem Fuß – gegen gelindere Mittel.
Beschwerde gegen Enthaftung abgewiesen
„Man muss die vorliegende Verdachtslage und die Haftgründe auseinanderhalten“, erklärt Leopold Bien von der Staatsanwaltschaft St. Pölten. Diese hatte im Sommer Beschwerde gegen die Enthaftung durch das Landesgericht eingelegt, war damit aber beim Oberlandesgericht Wien abgeblitzt.
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Und die Verdachtslage hat sich durch Ermittlungen in zwei europäischen Ländern deutlich erhärtet. Nachdem bei einem mutmaßlichen Dschihadisten im Ausland ein Handy sichergestellt wurde, fanden die Ermittler darauf die Chatverläufe mit dem Trio aus Österreich. Zumindest einer von ihnen soll über den geplanten Anschlag in Wien schwadroniert haben.

Das wurde beim verdächtigen Trio sichergestellt
IS-Propaganda
In den Chatverläufen war die genaue Methode des Terroranschlags mit dem Auto und Messern Thema, ergab eine gemeinsame Recherche von „Puls 24“, „Standard“ und der APA.
Der Staatsanwaltschaft St. Pölten liegen diese, nun öffentlich gewordenen Vorwürfe schon länger vor, erklärt Bien. Deshalb wurde bereits ein Rechtshilfeersuchen an zwei europäische Staaten gestellt. Dies soll Licht in noch offene Fragen bringen, so der Staatsanwalt. Um welche Länder es sich handelt, wollte Bien nicht verraten.
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"Keine echte Radikalisierung"
Der Jüngste des Trios soll außerdem IS-Propaganda selbst angefertigt, einen „Terror-Kanal“ gegründet und Bombenbau-Anleitungen besessen haben. In einem wenige Wochen alten Bericht der Deradikalisierungsstelle „Derad“ heißt es, das St. Pöltner Brüderpaar sei „bemüht, alles richtig zu machen“. Beim Jüngeren der beiden konnte keine „echte Radikalisierung“ festgestellt werden“.
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