Tauziehen um die berüchtigte Haftanstalt Stein

Der Campus (li.) und die Justizanstlt Krems.
Hochschulen und Bank spitzen auf das Justizgelände. Neubau ist aber wohl kaum finanzierbar.

Die brandneue Studie zur Zukunft der Haftanstalten in Österreich ist fertig. Trotzdem bleibt sie vorerst unter Verschluss, weil „sie noch ergänzt werden muss“, heißt es seit Wochen aus dem Justizministerium. Dass Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) die Präsentation der Ergebnisse offenbar hinauszögert, gibt der Debatte um die Absiedelung der Justizanstalt Krems-Stein (NÖ) viel Raum. Unbestätigten Gerüchten zufolge soll der Verkauf des Justizgeländes – für den Ausbau des Uni-Campus’ – bereits vereinbart sein. Während Hochschulen und Financiers auf das begehrte Grundstück spitzen, sehen Insider nur geringe Chancen für einen Neubau an einem Alternativ-Standort.

Schon vor Monaten ließ Minister Brandstetter wissen, dass er keine Massengefängnisse mehr haben will, der KURIER berichtete. Dafür soll es kleinere Einheiten an verschiedenen Standorten geben. Diese Aussage befeuerte die Absiedelungsdebatte um den berüchtigten „Felsen“, wie die Haftanstalt auf dem 51.000 Quadratmeter großen Gelände in Krems-Stein – zwischen Kunstmeile und Uni-Campus – im „Insassen-Jargon“ genannt wird.

Sollte es tatsächlich ernst werden, wäre ein Ersatzquartier für 800 Häftlinge und 300 Mitarbeiter nötig. Und das kostet, wie ein vergleichbares Beispiel in Salzburg zeigt. Auf einem 20.000 Quadratmeter großen Areal im Gewerbegebiet Puch-Urstein entstand um mehr als 30 Millionen Euro eine neue Justizanstalt für 230 Insassen und 60 Bedienstete. Im Fall von Krems-Stein wären wohl gut 100 Millionen Euro nötig, um die Haftanstalt an einem oder zwei Standorten neu aufzubauen.

Millionenkosten

Zuletzt hieß es, dass ein Neubau nur infrage kommt, wenn der Verkauf des Altbestands die Neubau-Kosten deckt. Der Wert der Anstalt samt Grund bewegt sich aber in einem niedrigen zweistelligen Millionenbereich. Denn viele der Gebäude sind nicht für Büros oder Wohnungen nutzbar. Die massive Bauweise treibt die Abbruchkosten in die Höhe. Zuletzt wurde viel in die Anstalt investiert. „Allein die Küche wurde um beinahe 12 Millionen Euro modernisiert“, sagt ein Insider.

Warum sollte also das Justizministerium ein neues Gefängnis um gut 100 Millionen bauen, wenn es bei Verkauf des alten nur einen Bruchteil davon lukriert, dafür weitere Mittel braucht und kaum einen Nutzen davon hat? Außerdem ist die Frage nach einem Alternativ-Grundstück noch nicht geklärt. Fakt ist: Pharma-Riese „Shire“ – vormals Baxter – schloss erst per Jahresende im Kremser Gewerbegebiet seinen Standort und will das 61.000 Quadratmeter große Areal verkaufen. Das wäre theoretisch groß genug, um das ganze Gefängnis aufzunehmen. 400 Meter davon entfernt besitzt die Stadt Krems weitere Parzellen: „Der Minister weiß, dass wir Flächen zur Verfügung stellen können“, sagt Bürgermeister Reinhard Resch.

Dass es zwischen Ministerium und der Kremser IMC-Fachhochschule schon Verkaufsvereinbarungen geben soll, ist laut IMC-Geschäftsführerin Ulrike Prommer ein Gerücht. Sie hat aber großes Interesse an Büros und Labors in der Nähe – wenn sie einen Investor findet (siehe Interview unten). Der ist in Sicht: Laut Insidern hat auch die Hypo NÖ Interesse an dem Areal.

Politische Beobachter sprechen von einem taktischen Spiel auf Zeit im Ministerium. Selbst wenn ein neues Gefängnis entsteht, könnte der Minister weiter am „Felsen“ festhalten. Mit dem Verweis, dass er mittlerweile mehr Platz für Häftlinge braucht. So hätte Brandstetter ein neues Gefängnis, ohne ein altes aufzugeben. „Denn der Häfen in Krems-Stein funktioniert im Wesentlichen“, sagt der Experte.

Justizgewerkschafter Roman Söllner wünscht sich jedenfalls, dass der Minister seine Karten auf den Tisch legt, „damit die Beamten wissen, woran sie sind.“

„Derzeit haben wir etwa 2600 Studierende und könnten noch auf rund 4000 wachsen“, sagt Ulrike Prommer, Geschäftsführerin der IMC-Fachhochschule. Insgesamt studieren derzeit 13.000 Menschen in Krems.

Weil es am Campus für das Weiterwachsen der drei angesiedelten Unis keine freien Flächen mehr gibt, sieht man das benachbarte Justizgelände als einzigen Ausweg. Prommers Vision wäre, mithilfe eines Immobilienfinanciers gleich ein großes Bauprojekt inklusive Start-up-Center, Wohnungen und Parkplätzen im Nahbereich der Unis zu realisieren. Dass so etwas nicht von heute auf morgen geht, ist ihr klar: „Eine Absiedelung würde circa zehn Jahre dauern“, weiß Prommer.

Sie träumt von einem Uni-Bezirk, ist aber auf einen Investor angewiesen. „Wir sind auch am Uni-Campus (der dem Land NÖ gehört; Anm.) nur Mieter“, erklärt Prommer.

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