St. Pölten hat 60.000-Einwohner-Marke erreicht: Nicht alle jubeln

Freude im St. Pöltner Rathaus über 60.000 gemeldete Hauptwohnsitzer.
Knapp vier Jahrzehnte nach der Ernennung zur Landeshauptstadt hat St. Pölten die Marke von 60.000 Einwohnern geknackt.
Das lang angestrebte Ziel wurde letztendlich "durch eine intensive Wohnbautätigkeit mit guter Qualität und noch günstigen Preisen erreicht“, heißt es dazu aus dem St. Pöltner Rathaus. Oder auch die bequemen Verbindungen der viergleisigen Westbahnstrecke zwischen Wien und der nö. Landeshauptstadt hätten zuletzt zum Zuzug beigetragen.
Die jüngste Landeshauptstadt ist bei den Hauptwohnsitzern innerhalb von zwölf Monaten um zwei Prozent gewachsen. Eine Meldung die Langzeitbürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) gerade recht kommt. Stehen doch spätestens Anfang 2026 in St. Pölten Gemeinderatswahlen an.

Die 22-jährige SKN-Kickerin Amelie Woelki, aus Hamburg zugezogen, wurde von Stadtchef Stadler besonders begrüßt.
1986 die Hauptstadtfrage entschieden
"Viel ist in Bewegung geraten, St. Pölten hat in den vergangenen Jahren wirtschaftlich wie kulturell eine enorme Dynamik entwickelt“, meint Stadler (SPÖ). Er ist seit 21 Jahren im Amt.
1986 wurde die Hauptstadtfrage in Niederösterreich per Volksbefragung entschieden. Die Wahl fiel damals auf St. Pölten. Danach sah es, was die Bevölkerungsentwicklung anbelangt, aber eher trist aus. Anstatt als neue Landeshauptstadt rasch zu wachsen, ging die Einwohnerzahl kurzzeitig sogar leicht zurück.
Damals wurde dieser Negativtrend auch mit dem beißenden Geruch der Glanzstoff-Fabrik in Verbindung gebracht. 2008 wurde der Viskose-Hersteller schließlich geschlossen.
Die 60.000 Einwohnerin, die ihren Hauptwohnsitz in St. Pölten angemeldet hat, ist übrigens keine Unbekannte.
Die 22-jährige SKN-Fußballerin Amelie Woelki hat es vom Hamburger SV in die niederösterreichische Landeshauptstadt verschlagen, um die "Wölfinnen“ zu verstärken. Insgesamt nennen außerdem schon 67.000 Menschen St. Pölten ihren Wohnsitz. Das ist die aktuelle Einwohnerzahl mit den Nebenwohnsitzen. Die Wachstumsrate betrug zuletzt 600 bis 700 Einwohner pro Jahr.
Kritikpunkte
Die Jubelmeldung aus dem Rathaus bleibt bei den politischen Gegnern von Stadler nicht unkommentiert. "Die Wahrheit ist, dass die SPÖ-Stadtregierung kein Maß, kein Ziel und keinen Plan für das Wachstum der Stadt hat. Die SPÖ vergisst bei ihrem Höher-Schneller-Weiter-Kurs, der rein auf das Knacken neuer Bevölkerungsrekorde ausgelegt ist, auf die Herausforderungen für die Bevölkerung“, erklärt ÖVP-Stadtrat Florian Krumböck.
Er nennt dabei Problemthemen wie die Kinderbetreuung, Freizeitangebote, die Integration oder Angebote für Ältere. Es gäbe viel zu tun für die SPÖ, so Krumböck.
Verkehrsstau, Ärztemangel, Innenstadtsterben?
Für FPÖ-Stadtrat Klaus Otzelberger ist die Jubelmeldung aus dem Rathaus nicht mehr als Inszenierung: "Mehr Einwohner bedeuten nicht automatisch mehr Lebensqualität für die St. Pöltner Bürger, werter Herr Stadler“.
Wie die FPÖ meint, sei die Infrastruktur der Landeshauptstadt nicht für 60.000 Hauptwohnsitzer ausgelegt. "Der Verkehr staut, es gibt zu wenig Kindergartenplätze, zu wenig Ärzte, kein Nachtleben und die Innenstadt stirbt aus. Dafür beträgt der Ausländeranteil rund 20 Prozent und der Schuldenstand rund 170 Millionen Euro“, so Otzelberger.
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