Spaltung in FPÖ Neunkirchen: Vizebürgermeister aus Partei ausgeschlossen
FPÖ-Landesgeschäftsführer Helmut Fiedler (li.) und Landesparteisekretär Alexander Murlasits.
Kurz vor der Gemeinderatssitzung Montagabend um 18 Uhr in Neunkirchen hat die FPÖ zum Rundumschlag gegen den Koalitionspartner ÖVP und ihre eigenen Mandatare ausgeholt.
Es war ein politischer Showdown, der die Spaltung der FPÖ in der Bezirkshauptstadt zur Folge hatte. Die Landes-FPÖ rückte überraschend ins südliche Niederösterreich aus, um dort zu einem zum Rundumschlag gegen den Koalitionspartner ÖVP und die eigenen Mandatare auszuholen.
Der Grund: Montagabend stand in der bankrotten Abgangsgemeinde der Sanierungsbericht der Aufsichtsbehörde des Landes NÖ und die dringend benötige Budgetkonsolidierung auf der Agenda des Gemeinderates.
Alarmglocken in St. Pölten
Weil FPÖ-Vize Marcus Berlosnig als Koalitionspartner den Sparkurs der ÖVP voll mitträgt, läuteten bei der Landes-FPÖ in St. Pölten die Alarmglocken.
Die Volkspartei habe "die Wähler belogen“ und die Freiheitlichen über ein "Finanzdesaster“ der Stadt im Unklaren gelassen, polterte FPÖ-Landesparteisekretär Alexander Murlasits.
An seiner Seite hatte er FPÖ-Landesgeschäftsführer Helmut Fiedler, früher selbst Gemeinderat in Neunkirchen. Fiedler wetterte noch am Nachmittag: Jeder freiheitliche Mandatar, der die Anträge der ÖVP bezüglich Budgetsanierung am Abend mittrage, werde so wie Berlosnig aus der Partei ausgeschlossen. "Ohne Chance, zurück zu kommen.“
Das Sparprogramm beruhe nämlich ausschließlich auf Gebührenerhöhungen und "Scheinzahlen“, so Murlasits. "Echte Korrekturen im System gibt es nicht.“ Und er legte nach: "Es ist der größte Verrat am Wähler, den nicht nur Neunkirchen, sondern ganz Niederösterreich je gesehen hat“.
"Kahlschlag bei Vereinen"
Die ÖVP wolle "die Gebühren massiv erhöhen, einen Kahlschlag bei Vereinen und den Abverkauf von Familiensilber vornehmen, jedoch gleichzeitig 39 neue Mitarbeiter einstellen“. Mehrere der angekündigten Einsparungen würden nicht 2026 - wie behauptet - sondern erst in späteren Jahren wirksam. Die Forderung, die Politiker-Gehälter zu kürzen, habe man abgelehnt.
Die FPÖ sei nicht bereit, "diesen Irrsinn auch nur im Entferntesten mitzutragen“, betonte der Landesparteisekretär. So sei etwa eine Einsparung von 100.000 Euro bei der Unterstützung der Feuerwehr geplant. Neunkirchner Familien würden durch Gebührenerhöhungen um "rund 100 Euro pro Monat zusätzlich belastet."
Die ÖVP habe versucht, einen Teil des freiheitlichen Gemeinderatsklubs "zu kaufen", behauptete Helmut Fiedler. Bei einigen sei dies "leider gelungen". Gemeint waren damit Berlosnig und die anderen Mandatare, die auf seiner Seite standen.
Dass die Abgangsgemeinde dringend einen Sparkurs benötige, sei auch "eine klare Forderung der Freiheitlichen Partei“, so Murlasits. Allerdings nicht so.
Wilde Mandatare
Berlosnig zeigte sich von der Androhung des Parteiausschlusses wenig beeindruckt. Es kam zur Spaltung und die Mehrheit schlug sich auf Seite des geschassten Vizebürgermeisters.
Denn von den acht FPÖ-Mandataren neben Berlosnig, stimmten sechs der Konsolidierung zu. Mit Gemeinderat Bernd Trenk und Wilhelm Haberbichler waren nur zwei Freiheitliche dagegen – und damit auf Kurs der Landes-FPÖ.
Neunkirchens Vizebürgermeister Marcus Berlosnig (FPÖ).
Berlosnig kündigte an, als "wilder Mandatar“ Vizebürgermeister zu bleiben, sechs Mandatare werden ihn dabei begleiten bzw. folgen.
Gegen die Vorwürfe aus St. Pölten will sich der Vizebürgermeister rechtlich zur Wehr setzen.
Bürgermeisterin überrascht
Bürgermeisterin Klaudia Osztovics (ÖVP) zeigte sich von der Kritik des Koalitionspartners kurz vor der Gemeinderatssitzung überrascht. "Wir haben alle Maßnahmen mit der FPÖ besprochen und abgestimmt", betonte sie. Das Gesprächsklima sei konstruktiv gewesen.
Sämtliche Vorwürfe des "Wählerverrats" und der "Lüge" weise sie entschieden zurück. "Wir tun, was wir tun müssen, um das Budget zu sanieren. Wir haben alle einen Eid geschworen und handeln danach."
Auch ÖVP-Stadtparteiobmann Armin Zwazl appellierte: "Jetzt braucht es Zusammenhalt – nicht Parteipolitik“. Das vorliegende Sparpaket sei "das Ergebnis intensiver Gespräche und gemeinsamer Arbeit mit dem Koalitionspartner FPÖ. Die FPÖ war in die Ausarbeitung voll eingebunden und hat auch eigene Vorschläge eingebracht. Nachdem sich ÖVP und FPÖ in den Verhandlungen geeinigt hatten, wurde das Paket für die heutige Gemeinderatssitzung auf die Tagesordnung gesetzt. Umso befremdlicher ist es, dass nun von außen Parteipolitik über Sachpolitik nach Neunkirchen gebracht wird“, so Zwazl.
Reaktion auf Landesebene
Dass am Ende sieben von neun Gemeinderäten, die für ihre Zustimmung von der Landespartei ausgeschlossen wurden, dem Sanierungspaket zugestimmt haben, zeige deutlich: "Diese destruktive Taktik ist der FPÖ auf Gemeindeebene selbst auf den Kopf gefallen", reagierte ÖVP-Landtagsabgeordneter Hermann Hauer mit harscher Kritik.
"Einen Herrn Murlasits kennt bei uns in Neunkirchen kein Mensch. Es ist daher mehr als befremdlich, wenn er sich in die Stadtpolitik von Neunkirchen einmischt. Genauso irritierend ist, dass sich Landtagsabgeordneter Fiedler zu Wort meldet, den man in Neunkirchen in den letzten Jahren kaum gesehen hat, weil er die meiste Zeit im Ausland verbracht hat. Und Ex-Klubobmann Haberbichler, der in allen Angelegenheiten involviert war, tut jetzt so, als hätte er von nichts gewusst: Der Eine kennt Neunkirchen nicht, der Andere weiß nichts, der Dritte kann oder will sich nicht erinnern“, sagt Hauer.
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