Rücktrittswelle im SOS-Kinderdorf Hinterbrühl

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Umstrukturierungen im privaten Sozialwerk sorgen für Zwist im Vorstand. Auch der Vizekanzler tritt ab.

„Ja, es stimmt. Ich werde mit Ende März aus meinen Funktionen ausscheiden“, bestätigt Heinz Nußbaumer dem KURIER auf Anfrage. Seit 2002 war der international geschätzte Journalist und ehemalige Sprecher von zwei Bundespräsidenten Vorstandsvorsitzender von Europas größtem SOS-Kinderdorf in Hinterbrühl (NÖ, Bezirk Mödling). Jetzt zieht er sich aus allen Kinderdorf-Aufgaben zurück, bleibt aber Mitglied. Und mit ihm der gesamte Vorstand, dem immerhin Persönlichkeiten wie Vizekanzler Michael Spindelegger angehören. „Ich werde weiter alles tun, um dieses größte private Sozialwerk der Welt, das von Österreich ausgegangen ist, zu unterstützen. Aber dazu brauche ich kein Amt“, sagt Nußbaumer. Den Niederösterreichern waren schon Teile der Vorstände in Wien, Salzburg und der Steiermark vorangegangen.

Leiterin gekündigt

Was war geschehen? „Das ist zwar noch mein Kinderdorf, aber nicht mehr meine Form der Zusammenarbeit“, sagt Nußbaumer. Die Führung in Innsbruck leitete eine Umstrukturierung ein, die neun Zweigvereine wurden weitgehend aufgelöst, regionale Geschäftsführer in den Bundesländern abgeschafft. Die Niederösterreicherin Monika Franta muss nach 18 Jahren das SOS-Kinderdorf Hinterbrühl verlassen. Das brachte für den Vorstand das Fass zum Überlaufen. „Sie hat sich bestens bewährt, weshalb es für uns höchst bedauerlich war, dass man auf sie verzichten will. Nicht zuletzt aus Solidarität zu ihr sind wir zurückgetreten“, sagt Nußbaumer für den gesamten Vorstand.

Rücktrittswelle im SOS-Kinderdorf Hinterbrühl
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Franta, deren Dienstverhältnis im September 2013 endet, meint nur: „Ich hätte gerne weitergemacht und bedauere die Entwicklung.“ Konkreter wird eine Mitarbeiterin, die anonym bleiben möchte: „Die Betroffenheit ist bei allen groß, weil Ende Jänner ohne Erklärung verlautbart wurde, dass Monika in ein paar Tagen weg ist. Es gibt viel Unsicherheit. Und dann haben wir mit Entsetzen mitbekommen, dass der Vorstand zurückgetreten ist. Wir müssen uns mitverändern und natürlich professionell und effizient arbeiten. Aber wenn künftig das Herz zu kurz kommt, wären wir dem Untergang geweiht.“

Bei SOS-Kinderdorf bedauert man die Rücktritte, die Reform sei aber – nicht zuletzt wegen budgetärem Druck – notwendig, „um schlanke und kostengünstige Strukturen zu schaffen und sich als eine Organisation mit klaren Zielen zukunftsfit zu machen.“ Man brauche klare Organisations-, Entscheidungs- und Führungsstrukturen, was mit einem Hauptverein und neun Zweigvereinen kaum möglich war. „Veränderungen im sozialen Bereich sind sensibel. Dass dies nicht überall Begeisterung auslöst, ist Realität jeder größeren Veränderung.“ Der NÖ-Vorstand ist zwar zurückgetreten, alle bleiben aber Mitglieder und haben weiter ihre Unterstützung zugesagt. Die SOS-Kinderdorf-Idee gehe nicht verloren.

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