Seelenruhe unter kaltem Wasser: Tullner meditiert unter Wasserfall
von Alina Groer
Mit 14 Jahren faszinierten ihn die Ninja-Filme aus der Videothek. Als er 21 war, reiste er zum ersten Mal nach Japan und mit 38 bekam er seine Einweihung zum Yamabushi-Mönch – damals als erster Europäer. Wenn der Tullner Christian Grübl nicht gerade meditiert, arbeitet er in einem „ganz normalen“ Büro. Über seine Erfahrungen und seine Ausbildung in Japan hat er ein Buch geschrieben.
Jahrelang trainierte Grübl Karate und gründete in Langenrohr eine Kampfkunstschule. Für Religion habe er sich damals nicht interessiert. „Wenn man jung ist, will man sich beweisen und Wettkämpfe gewinnen.“, erzählt der heute 49-Jährige. Seine Neugier und die Suche nach neuen Herausforderungen führten ihn zu den Praktiken der Yamabushi. In Japan sind das Laienmönche, die neben ihrem regulären Beruf „Shugendo“ praktizieren – eine Form des spirituellen Trainings in der Natur. Einen Lehrer zu finden, der ihn in den uralten Ritualen, die nur mündlich übertragen werden, unterrichtet, sei nicht einfach gewesen. Shugendo hat selbst in Japan nur wenige Anhänger und wird im Verborgenen praktiziert.
Energie tanken
Während der vierjährigen Ausbildung zum Yamabushi-Mönch, verbrachte Christian Grübl jedes Jahr zwei Monate in Japan und übte zu Hause. Er lernte nicht nur die alten Rituale, sondern half seinem Lehrer auch im Haushalt.
Zu Shugendo gehören asketische Wanderungen, bei denen man täglich bis zu 40 Kilometer zurücklegt, Feuerrituale, das Rezitieren von Mantras, das Ausführen von Mudras (Gesten der Hände) und Wasserfallmeditationen – sogar im Winter. Bei Letzterem hat sich Grübl immer gefragt: Warum machen die das? Heute beantwortet er sich die Frage selber: „Man kommt an seine Grenzen und gibt seinen Geist ab.“ Das Zurückkommen von Wanderungen beschreibt er als Wiedergeburt. „Man lernt die kleinen Dinge wieder schätzen, wie ein weiches Bett oder etwas zu essen.“ Für Grübl ist das eine Strategie, sich mit frischer Energie zu füllen.
Teil seiner Ausbildung sei auch gewesen, Ängste zu überwinden und das Scheitern zu akzeptieren. Bei einer Wanderung musste er aufgeben und beim stundenlangen Meditieren und Rezitieren kommt es vor, dass man einschläft. „Es ist ein Kampf gegen sich selber, nicht Mann gegen Mann. Es geht darum, immer wieder zu versuchen, sich zu sammeln. Natürlich gelingt das nicht immer. Wir sind ja keine Maschinen.“
„Im Sog Japans“ ist sein neues Buch, in dem er vom Weg des Kämpfens, Scheiterns und Gewinnens erzählt. Er stellt es am 24. Februar in der Kunstwerkstatt in Tulln vor.
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