"Explosion" von Keuchhusten-Fällen: Schulstart mit "Sorgenkindern"
Der Wochenbeginn steht ganz im Zeichen des Schulstarts. Zum Glück sind Sicherheitsvorgaben, Kontaktverbote und Schutzmasken, wie es sie vor wenigen Jahren wegen der Pandemie gab, in weite Ferne gerückt.
Dennoch bieten Zusammenkünfte in warmen geschlossenen Räumen an den Schulen nun wieder ein besonders günstiges Milieu für aktuell kursierende Krankheiten durch Viren und Bakterien.
Achtsamkeit, Hygiene und Impfungen nennt Niederösterreichs Sanitätsdirektorin Regina Klenk als die wichtigsten Gegenmaßnahmen.
Keuchhusten
- Die Impfung gegen Keuchhusten wird im Rahmen der 6-fach-Impfung im 3., 5. und 11.-12. Lebensmonat geimpft und ist kostenfrei.
- Im Schulalter wird eine Kombi-Impfung mit Diphtherie, Wundstarrkrampf und Kinderlähmung im 7.-9. Lebensjahr wiederholt.
- Nach der Grundimmunisierung soll bis zum 60. Lebensjahr alle 10 Jahre eine Auffrischung erfolgen. Danach alle 5 Jahre.
Covid 19
- Gratis angeboten wird die Covid19-Impfung.
- Das Nationale Impfgremium empfiehlt sie ab 12 Jahren mit den neuen JB.1-Impfstoffen.
- Besonders Personen über 60 Jahren mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko sollen die Empfehlung ernst nehmen.
- Geimpft wird bei Hausärzten, auf der BH oder am Magistrat.
Trotz der Nähe zu den Ferien und Urlauben im Ausland sind laut Klenk rund um den Schulstart reiseassoziierte Erkrankungen, etwa durch ansteckende Kolibakterien, nicht das große Problem.
Sorge wegen meldepflichtiger Krankheiten
Dagegen sind ansteckende Noroviren oder Salmonellen schon weit typischere Belastungen rund um den Betriebsstart in Schulen und Kindergärten. "Dann kommen gleich die Rhinoviren mit Husten, Schnupfen und Heiserkeit", so die oberste Landesmedizinerin.
In ihrer Bilanz der Urlaubsmonate hat die NÖ Sanitätschefin Beruhigendes, aber auch Aufrüttelndes zu berichten. Bei der Zahl der schweren und bei den Behörden meldepflichtigen bakteriellen Durchfallerkrankungen liege man in NÖ derzeit so wie in den Vorjahren bei 100 bis 150 Fällen.
Meist durch schlechte Hygienebedingungen auf Speisen oder in Getränke gelangte Fäkalkeime können zu schweren körperlichen Belastungen bis zu Spitalseinweisungen führen. Die meisten Fälle hätten aber gar keinen Bezug zu Auslandsreisen, sondern tauchen in NÖ selbst auf, sagt Klenk.
Sorgen bereitet ihr aber eine andere meldepflichtige Krankheit: "Deutlich sehen muss man, dass Keuchhusten ein sehr, sehr großes Thema ist. Wir haben eine Explosion der Fälle in Niederösterreich. Ende Juni waren 685 Fälle gemeldet, bis Mitte August haben sie sich auf über 1.300 verdoppelt." Vor allem für Babys und auch Ältere könne eine Erkrankung dramatisch enden. Auch in Österreich würden Kleinkinder daran sterben, schildert Klenk.
Appell: Impflücken schließen
Österreichweit wurden heuer bereits 10.000 Keuchhusten-Fälle (Pertussis) registriert. Das sind 15-mal so viele Fälle wie im gesamten Jahr 2023. Zuletzt startete die Ärztekammer einen ernsten Appell, die Impflücken zu schließen, die notwendige Auffrischung der Vierfach-Impfung gegen Tetanus, Diphtherie, Kinderlähmung und Keuchhusten ernstzunehmen und seitens des Bundes gratis anzubieten. NÖ zählt zu den Bundesländern mit den meisten Fällen.
Auch Sanitätsdirektorin Klenk sieht die zu niedrige Impfrate als Grund für die dramatische Ausbreitung der Krankheit, die wohl mit dem Schulstart weiter grassieren werde. Wer sich impfen lasse, sei geschützt. Empfohlen werden Auffrischungen der Vierfachimpfungen im Schulalter sowie für Erwachsene alle zehn Jahre und für über 60-Jährige alle fünf Jahre.
Die Statistik zeigt, dass sogar die Grundimmunisierung im Babyalter nicht lückenlos passiert. 2023 hatten mehr als acht Prozent der Zwei- bis Vierjährigen noch keine einzige Keuchhusten-Impfung erhalten.
Klenk rät jedenfalls Eltern von Babys dringend, bei verdächtigen Symptomen sofort einen Arzt aufzusuchen. Das Impfthema und die seit der Covid-Pandemie vorherrschende Skepsis ist Dauerthema im Gesundheitsbereich und betrifft aktuell auch die vermehrt auftretenden Masern und natürlich auch Corona.
"Anhand der Abwasseranalysen zeigt sich ein Anstieg der Erkrankungen, die sich im Herbst und Winter noch fortsetzen wird", so Klenk. Impfstoffe gegen die jüngste Corona-Variante sind bereits vorhanden.
Angesichts der vielen Möglichkeiten in den nächsten Monaten die eine oder andere Infektion einzufangen, erinnert die Sanitätsdirektorin an die wichtigsten Regeln zum Eigenschutz. "Hygiene und das gründliche Händewaschen sind die wichtigsten und wirksamsten Maßnahmen", fordert sie.
Kinder und Erwachsene mit Symptomen sollen von Schulen, Kindergärten und Arbeitsstellen fernbleiben. Klenk: "Vor allem in Betrieben muss auch klar kommuniziert werden: Wer krank ist, soll sich zum Schutz der Kollegenschaft daheim auskurieren."
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