"Was soll man dazu sagen, es ist eine Katastrophe", sagt Vizebürgermeister Gerhard Ullrich (FPÖ), den der KURIER am Weg zum Gemeindeamt trifft. Am Mittwoch hatte Schaeffler die Schließung des Werkes angekündigt, 468 Mitarbeiter sind betroffen.
"Wird nicht die einzige Schließung bleiben"
"Angekündigt haben sie es ja schon seit Jahren immer wieder. Dass sie es jetzt vor Weihnachten wirklich machen, ist für die Arbeiter besonders bitter", weiß Ullrich. Ein Großteil der Betroffenen lebt mit Familien in Berndorf. Phillip Green kennt einige von ihnen, wie er erzählt. "Für sie war es Lebensqualität, dass sie nicht weit in die Arbeit fahren mussten. Jetzt einen Job in der Nähe zu finden, wird schwer", vermutet er. Und: "Das wird nicht die einzige Schließung bleiben, ich fürchte, dass es noch einige andere treffen wird."
Eine Befürchtung, die Bürgermeister Franz Rumpler (ÖVP) teilt. "Bei uns waren in den letzten Jahren vor allem Umwidmungen für Wohnbauten ein riesiges Thema. Ich habe schon ein paar Mal gesagt, dass wir bald ganz andere Sorgen haben werden. Leider hatte ich Recht", sagt er. "In der ganzen Region stehen Betriebshallen leer." Rumpler meint: "Das Problem ist, dass viele Manager die Situation zu negativ sehen. Wirtschaft ist eben viel Psychologie."
"Ganze Familie betroffen"
Von der Schaeffler-Schließung ist er nicht nur als Stadtoberhaupt betroffen, sondern auch persönlich. "Mein Bruder arbeitet dort. Er hat mit 15 als Lehrling angefangen und ist jetzt mit 52 in einer leitenden Position", erzählt Rumpler. Um ein Gespräch mit Werksleiter Michael Reinig hat er bereits gebeten, ein Termin dafür steht aber noch nicht fest. "Ich denke, es wird in Richtung Arbeitsstiftung für die Betroffenen gehen", mutmaßt er. "Genaues habe ich aber noch nicht erfahren."
Was Rumpler besonders ärgert: "Schaeffler schreibt ja keine Verluste, sie wollen nur noch mehr Gewinn machen. Dann kann ich mich aber nicht mehr als Familienunternehmen bezeichnen." Gesellschafterin Maria-Elisabeth Schaeffler-Thumann ist Ehrenbürgerin von Berndorf. "Ich überlege wirklich, ob ich ihr einen Brief schreibe, in dem ich ihr unsere Meinung deutlich sage", meint der Bürgermeister.
Ganz persönlich betroffen ist auch eine Mitarbeiterin aus Rumplers Büro: Özlem Aksit. Nicht nur ihr Ehemann, sondern auch die Ehemänner ihrer vier Schwestern sind bei Schaeffler beschäftigt. "Wir wohnen direkt gegenüber, mein Mann geht nur zwei Minuten in die Arbeit. Ich weiß nicht, wo er jetzt einen Job finden wird", sorgt sich die zweifache Mutter. "In unseren Wohnhäusern sind fast alle bei Schaeffler beschäftigt."
In einigen Berndorfer Familien seien beide Ehepartner derzeit im Werk angestellt, weiß Bürgermeister Rumpler. "In manchen Familien ist man seit Generationen im Betrieb." Rund 1.200 Berndorfer seien insgesamt in der Industrie beschäftigt. "Also wird jetzt rund ein Drittel davon arbeitslos." Was ihn besonders wundert: "Erst gestern hat eine Gewerbeverhandlung wegen eines beabsichtigten Umbaus auf dem Schaeffler-Areal stattgefunden."
"Wollen den Gewinn erhöhen"
Betriebsrat Ersin Cakmak will bis zuletzt um den Erhalt des Standortes kämpfen. "Wir sind hier wie eine kleine Familie, kennen uns alle, viele sind Berndorfer", erzählt er. "Wir werden noch alles versuchen, sonst einen ordentlichen Sozialplan ausarbeiten mit der Gewerkschaft." Zu den Gründen für die Schließung weiß Cakmak: "Materialkosten und Energiekosten werden immer wieder angesprochen und sie wollen den Gewinn erhöhen."
Kommentare