Justizwachebeamter tötete Dalmatiner: „Ich schoss, um meinen Hund zu schützen“
Ein 56-Jähriger erschoss mit seiner Dienstwaffe einen Hund, der auf einem Feldweg frei herumgelaufen sein soll. Doch stimmen die Aussagen des Angeklagten?
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Fast wäre Herr S. ohne Prozess davongekommen. Die Staatsanwaltschaft St. Pölten hatte das Ermittlungsverfahren gegen ihn bereits vor einiger Zeit wegen „gerechtfertigter Notwehr“ eingestellt, doch der Opferanwalt blieb hartnäckig.
"Fühlte mich so sicherer"
Deshalb muss der 56-Jährige nun als Angeklagter erklären, weshalb er am 3. November 2020 mit einer Glock 17 im Holster auf einem Feldweg im Bezirk Melk in Niederösterreich spazieren ging. „Warum sind Sie bewaffnet, wenn Sie ihren Hund äußerln führen?“, will die Richterin wissen. „Ich bin noch ganz unter dem Eindruck des Terror-Anschlags in Wien gestanden, der am Tag davor stattfand. Ich fühlte mich so einfach sicherer“, sagt S.
Da er als Justizwachebeamter tätig ist und einen Waffenpass besitzt, darf er auch in seiner Freizeit eine Schusswaffe bei sich tragen.
Tatsächlich sorgt ein anderer Umstand dafür, dass S. an diesem Freitag auf der Anklagebank sitzen muss. Es geht um den Vorwurf der Tierquälerei.
„Mir tut der Hund leid“
Denn seine Glock blieb am 3. November nicht im Holster. Der 56-Jährige zog die Waffe und feuerte auf einen Dalmatiner. Der Hund war sofort tot. „Ich schoss, um meinen Hund zu schützen“, behauptet der 56-Jährige.
Der Justizwachebeamte erzählt, dass er an dem besagten Tag mit seinem Labradormischling unterwegs gewesen sei. In der Ferne habe er ein Auto gesehen, „vor dem Wagen ist ein Dalmatiner herumgelaufen, er war nicht angeleint“, berichtet S. Als sich der Pkw näherte, sah er zwei Frauen (67 und 84 Jahre alt) in dem Wagen sitzen. „Ich habe zu ihnen gesagt, dass ich ihren Hund sofort erschieße, wenn er auf meinen losgehen sollte“, betont der Anklage.
Nur Sekunden später soll der Dalmatiner tatsächlich den Labradormischling attackiert haben. „Er hat ihn am Genick gepackt, da habe ich geschossen“, sagt S. Es tue ihm um den Hund leid, weil „der ja nichts dafür könne“, gibt sich der Angeklagte zerknirscht. Seine Ehefrau, die ebenfalls den Vorfall beobachtet haben will, bestätigt im Zeugenstand die Angaben ihres Mannes.
Prozess wurde vertagt
Die Hundebesitzerin (67) erzählt bei dem Prozess allerdings eine ganz andere Version der Geschichte. Sie sagt, dass sie ihren Dalmatiner angeleint habe, als sie der 56-Jährige dazu aufgefordert hätte. Erst danach sei der Schuss gefallen.
Was am 3. November nun tatsächlich passierte, konnte am Landesgericht St. Pölten noch nicht vollständig geklärt werden. Die Richterin will deshalb mit weiteren Zeugen sprechen, der Prozess wurde auf den 28. Jänner vertagt.
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