Impfgegner, Blackout-Gefahr, S34: St. Pöltens Stadtchef im großen Interview

Impfgegner, Blackout-Gefahr, S34: St. Pöltens Stadtchef im großen Interview
SPÖ-Bürgermeister Matthias Stadler ist gefordert wie selten zuvor. In Sachen Traisental-Schnellstraße hat er eine klare Botschaft.
 

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KURIER: Mehr als 3.500 Menschen sind kürzlich durch St. Pölten marschiert, um gegen die Corona-Maßnahmen und Impfpflicht zu demonstrieren. Es gab einige Festnahmen und zahlreiche Anzeigen. Wie erleben Sie diese Szenen?

Matthias Stadler: Ich bin wirklich in großer Sorge, denn der Riss, der coronabedingt durch die Gesellschaft geht, ist ein tiefer. Ich bin aber der Meinung, dass man die Situation jetzt nicht noch weiter zuspitzen sollte. Man darf jene, die sich nicht impfen lassen wollen, nicht noch weiter in die Ecke drängen. Das verhärtet die Positionen nur noch. Wir müssen dringend zu einer vernünftigen Diskussionskultur zurückkehren und weiter Überzeugungsarbeit leisten. Leider hat man dafür auch wichtige Zeit verstreichen lassen. Heuer im Sommer wäre eine gute Gelegenheit gewesen, zeitgerecht eine entsprechende Informationskampagne zu starten. Das hat mir gänzlich gefehlt. Testimonials, die ganz bestimmte Gruppen ansprechen, hätten sicher eine gute Wirkung erzeugt.

Neben dem menschlichen Leid sorgt Corona auch für eine Wirtschaftskrise. Können Sie den Schaden für die Stadt schon abschätzen?

Das Zentrum für Verwaltungsforschung hat von 2,5 Milliarden Euro gesprochen, die den Kommunen bislang entgangen sind. In St. Pölten haben uns im vergangenen Jahr auf der Einnahmenseite zwischen 14 und 15 Millionen Euro gefehlt. Natürlich haben uns die Hilfspakete von Bund und Land geholfen, aber erledigt ist die Sache noch lange nicht. Die letzte Rechnung ist noch nicht gemacht.

Bei der Budgetpräsentation für das Jahr 2022 haben Sie gesagt, dass man dem Bund oft nachlaufen muss, wenn es ums Geld geht.

Das stimmt. Zum Glück haben die Länder immer wieder zwischenfinanziert. Die Schmerzgrenze ist bei uns mittlerweile schon sehr hoch angesetzt. St. Pölten tut sich insgesamt etwas leichter, weil wir zum Glück eine Liquidität vorweisen können. Aber für kleine Gemeinden bedeutet das, dass sie Kredite aufnehmen müssen.

Sie warnen sehr oft vor der Gefahr eines Blackouts, die Stadt investiert auch eine ansehnliche Summe in die Vorsorge. Macht man den Leuten damit nicht nur noch zusätzliche Angst?

Es geht nicht ums Angst machen. Klar ist, dass wir jetzt die Netze und die Infrastruktur dringend ausbauen müssen. Da hinkt Österreich noch nach. Es reichen oft schon Probleme in kleinen Umspannwerken, die einen Dominoeffekt mit großen Auswirkungen auslösen können. Ich möchte als Verantwortungsträger dieser Stadt deshalb nicht unvorbereitet sein. Wir haben zum Beispiel darauf geschaut, dass die Wasserversorgung doppelt abgesichert ist und uns dafür zusätzliche Notstromaggregate angeschafft.

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