Filzmaier über Wahl in St. Pölten: "Krisen nutzen Amtsinhabern"
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Am 24. Jänner, noch während des Lockdowns, wählt St. Pölten einen neuen Gemeinderat. Niemand zweifelt derzeit daran, dass die SPÖ mit Bürgermeister Matthias Stadler die absolute Mehrheit verlieren könnte. Viel spannender ist hingegen die Frage, wie sich die Opposition schlagen wird. Mit den Grünen, den Neos und der KPÖ (tritt als offene Liste an, Anm.) versuchen gleich drei Parteien in das Stadtparlament einzuziehen.
Einer, der so viele Wahlen beobachtet und analysiert hat wie vermutlich kein anderer, ist Peter Filzmaier. Der bekannte Politikwissenschaftler hat auch für den KURIER einige wichtige Fragen beantwortet.
Dass der Urnengang mitten im Kampf gegen die Pandemie stattfindet, könnte Folgen haben, meint Filzmaier. Zwar gäbe es theoretisch durch die Briefwahlmöglichkeit keinen Unterschied zu herkömmlichen Urnengängen, „doch der Lockdown könnte Einfluss auf die Wahlbeteiligung nach Altersgruppen haben. Ältere Menschen sind ja durch Corona besonders gefährdet und haben mehr Ansteckungsangst.“
Da diese Gruppe auch nicht zu den klassischen Briefwählern zähle, könnten also möglicherweise mehr der Wahl fernbleiben als sonst. „Zugleich spricht natürlich ein Internetwahlkampf Jungwähler an, doch kaum die Pensionisten“, so Filzmaier.
Dass Stadler trotz der schwierigen Situation auf den 24. Jänner setzt, brachte ihm zwar heftige Kritik seitens der Opposition ein, schaden wird es ihm wohl kaum. Filzmaier: „Generell gilt, dass Krisensituationen zumindest kurz- und mittelfristig eher Amtsinhabern nutzen. Das war auch bei den Gemeinderatswahlen 2020 von der Steiermark über Vorarlberg bis nach Wien großteils so. Ich sehe wenig Grund zur Vermutung, dass das in Sankt Pölten komplett anders sein sollte.“
Die Kandidaten
Haushoher Favorit: Matthias Stadler (SPÖ)
Matthias Adl geht für die ÖVP ins Rennen
Christine Engel-Unterberger will das Comeback schaffen (Die Grünen)
Klaus Otzelberger tritt für die FPÖ an
Die Neos setzen auf Nikolaus Formanek
Zitterpartie
Für die Neos könnte der 24. Jänner zur Zitterpartie werden, glaubt der Experte, der auch an der Donau-Uni in Krems lehrt. „Bei der Landtagswahl 2018 erhielten die Neos im Bezirk St. Pölten-Stadt knapp über fünf Prozent der Stimmen und lagen damit nicht weit hinter den Grünen. Bei der Nationalratswahl waren es in St. Pölten sogar mehr als sieben Prozent. So gesehen besteht eine Chance, doch ich wäre skeptisch. Bei den genannten Wahlen waren ja allgemeine Stimmungslagen ausschlaggebend, man hat nicht stadtspezifisch gepunktet.“
Eine Schlappe droht den Freiheitlichen mit Spitzenkandidaten Klaus Otzelberger. Das liegt wohl nicht so an der Performance der FPÖ in der Stadt, sondern an den Nachwirkungen der „Ibiza-Affäre“.
„Ein Politikwissenschaftler wie ich zitiert ja selten den FPÖ-Vordenker Andreas Mölzer. Doch dieser hat in Interviews nach dem Skandal um H. C. Strache sinngemäß gesagt, dass das der Partei noch Jahre nachhängt und nur offen ist, ob man mehr oder weniger halbiert wird. Das ist unbestritten richtig, alles andere als klare Verluste der FPÖ wären eine große Überraschung.“
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