Reform: Gemeinden verlieren Parteistellung bei UVP-Verfahren

Für seine Bürger bekämpft Plöchl (li.) derzeit ein Deponie-Projekt
Einsprüche gegen Großprojekte können schwerer werden. Kritiker sprechen von "Kastration der Gemeinden".

"Das ist eine Kastration der Gemeinden." Wolfram Schachinger hat sich bewusst für eine deftige Wortwahl entschieden.

Schachinger ist Anwalt und vertritt die Gemeinde Enzersdorf an der Fischa. Deshalb ist er auch auf eine interessante Novelle im Paket des Verwaltungsreformgesetzes (siehe Zusatzbericht) gestoßen: Im Zuge dieser Reform soll nämlich das UVP-Gesetz geändert werden. Bei Großprojekten könnten so Standort- und Anrainergemeinden ihre Parteistellung und das Recht der Stellungnahme verlieren. "Für uns wäre das ein enormer Einschnitt", sagt Enzersdorfs Bürgermeister Markus Plöchl. "Wenn das kommt, sind wir aus den Verfahren draußen." Besonders dramatisch für die Gemeinde, die gerade gegen ein Deponie-Projekt kämpft: Die Novelle würde ab sofort gelten – auch für laufende Verfahren. "Unsere Eingabe hätten wir dann für den Reißwolf gemacht."

Doch was bedeutet das konkret? Bisher hätten die Kommunen die Einhaltung von Umweltvorschriften als "subjektive Rechte" im Verfahren geltend machen können und Beschwerde beim Verwaltungsgericht sowie Revision beim Verwaltungsgerichtshof erheben können. Damit habe man viel bewirken können. "Wenn man etwa den Finger auf die Wunde legt, schaut die Behörde genauer darauf. Das ist eigentlich ein sehr wichtiges Korrektiv. Auch, damit die Bevölkerung wahrgenommen wird", erklärt Schachinger. Künftig könnten die Gemeinden nur noch bei gemeindeeigenen Bereichen Parteistellung haben. "Und die haben in UVP-Verfahren null Relevanz." Auch das Beschwerderecht werde eingeschränkt.

Bei Umfahrungsstraßen, Deponieprojekten, Windparks und dergleichen könnten die Gemeinden und die Bevölkerung außen vor bleiben. Das trifft besonders NÖ, finden doch knapp 50 Prozent aller UVP-Verfahren in diesem Bundesland statt.

Neben den Gemeinden trifft es aber auch die Umweltanwälte. Sie sollen "zur Ordnung" gerufen werden, formuliert es der nö. Umweltanwalt Thomas Hansmann. Er spricht von einem Kniefall vor Lobbying-Interessen. "Im Prinzip werden das Bundesumweltamt entmachtet und Gemeinderechte ausgehöhlt um Verfahren zu beschleunigen." Allerdings werde das Gegenteil eintreten, da sich die Kommunen außerhalb des Verfahrens wehren werden.

Verfassungswidrig

Bis Mitte November können im Rahmen der Begutachtungsfrist noch Stellungnahmen eingebracht werden – es dürften einige werde. Neben der Umweltorganisation "Virus", die die Novelle für verfassungswidrig hält, lehnt etwa auch der Gemeindebund den Entwurf strikt ab.

Im Umweltministerium will man sich zu Details nicht äußern. "Wir werden uns natürlich alle Stellungnahmen anschauen. Ziel ist, Verwaltungsabläufe zu vereinfachen, aber die Standards nicht abzusenken und die größtmögliche Rechtssicherheit zu bieten."

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