Prozess gegen Frauenarzt: Mediziner (61) legt Beruf nieder

Rechtsanwalt Kurt Lechner vertrat den Frauenarzt beim Prozess
Strafrechtliche Grenzen bei Behandlung von Patientin überschritten. Die Frau spricht von geschlechtlicher Handlung.

Schwere Vorwürfe einer Patientin bedeuten für einen 61-jährigen Frauenarzt aus dem Industrieviertel das Ende seiner beruflichen Karriere. Weil der Mediziner im vergangenen November im Zuge einer Behandlung die „strafrechtlich relevanten Grenzen“ überschritten haben soll, wurde ihm am Dienstag am Landesgericht Wiener Neustadt der Prozess gemacht. Da er als Frauenarzt an der Patientin eine geschlechtliche Handlung vorgenommen haben soll, war er wegen Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses angeklagt.

Die Patientin war mit akuten Schmerzen im Unterbauch in die Ordination des Arztes gekommen. Da der Mediziner nach einer gynäkologischen Untersuchung und einem Ultraschall keinerlei Hinweise auf eine Entzündung oder andere Ursachen feststellte, bot er zur Schmerztherapie eine Akupunktur nach der Traditionell Chinesischen Medizin (TCM) an. Bei einer Lebermeridian-Massage habe er diverse Druckpunkte stimuliert – unter anderem im Genitalbereich der Patientin.

"Druckpunkte zu intensiv wahrgenommen"

„Ich habe sie aber nur dort berührt, wo es für die Behandlung medizinisch notwendig war. Sie hatte keinerlei Einwände und hat sich nach der Behandlung mehrmals bedankt“, betonte der Mediziner am Dienstag vor Gericht.

Einen Tag nach der Behandlung zeigte die Frau den 61-jährigen Frauenarzt jedoch an, weil er mit seinen Fingern eine geschlechtliche Handlung an ihr vorgenommen hätte. „Ich habe sie vorher gynäkologisch untersucht. Wieso hätte ich das tun sollen?“, so der Mediziner. Seine Erklärung für die Vorwürfe lautet, dass die Behandlung wirkte und die Frau die Druckpunkte „vielleicht zu intensiv wahrgenommen habe“.

Frühere Vorwürfe

Im Prozess kamen auch frühere Vorwürfe wegen sexueller Belästigung zu Tage, die vor einigen Jahren auch von der Disziplinarbehörde der Ärztekammer ohne Ergebnis überprüft wurden. Bei den jüngsten Ermittlungen gab es außerdem belastende Aussagen von zwei Spitalsärzten gegen den Mediziner.

Um keine Verurteilung zu riskieren, räumte der Arzt schließlich die Überschreitung strafrechtlich relevanter Grenzen ein. „Er erklärt sich bereit, seine Berufsberechtigung zurückzulegen und damit als Arzt aufzuhören“, sagt sein Anwalt Kurt Lechner. Sobald dies offiziell passiert ist, hat der vorsitzende Richter eine Diversion mit hoher Geldbuße in Aussicht gestellt.

Patrick Wammerl

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