Bernhard M. ist nach einem schweren Schlaganfall auf Pflege angewiesen. Wegen des bis dato ausgezeichneten Rufes haben sich die Angehörigen bei der Unterbringung für das SeneCura-Heim in Ternitz entschieden. Im Winter kamen ihnen jedoch schwere Zweifel. Am Abend des 16. Februar hatte sich der Gesundheitszustand von Bernard M. massiv verschlechtert. Im Landesklinikum Neunkirchen war er kaum noch ansprechbar und apathisch. Er hat fast nichts gegessen und getrunken, jedoch nur 100 ml Infusionen erhalten, steht im Befund des Spitals. „Man hat ihn beinahe austrocknen lassen“, prangert die Familie an.
Im September musste Bernhard M. erneut wegen akuter Austrocknung ins Spital. Diesmal sogar für elf Tage stationär. „Ein Mensch, der auf Hilfe angewiesen ist, wurde einfach nicht ausreichend versorgt“, sagen die Angehörigen.
Elisabeth Deutsch aus der Regionaldirektion von SeneCura wehrt sich gegen die Vorwürfe. „Wir stellen wie jeder andere Pflegeheimbetreiber keine Ärzte zur Verfügung, sondern erbringen lediglich Pflegeleistungen. Dabei hält sich unser Personal an die Anordnungen der niedergelassenen Ärzte, die von den Bewohnern auf Grundlage der freien Arztwahl beauftragt wurden.“ Dies sei auch im gegenständlichen Fall geschehen. Aus datenschutzrechtlichen Gründen könnte man keine Angaben zur medizinischen Betreuung des Patienten machen. „Ganz allgemein lässt sich jedoch sagen, dass bei Vorliegen mehrerer unterschiedlicher Krankheitsbilder diverser Insuffizienzen, diametral entgegensetzte medizinische Maßnahmen angeordnet werden können“, so Deutsch.
Es gäbe auch solche Formen einer streng begrenzten Flüssigkeitszufuhr. Im konkreten Fall seien regelmäßig Visiten durch den betreuenden Hausarzt beziehungsweise zeitgerechte Krankenhauseinlieferungen veranlasst worden.
Die letzte Überprüfung des SeneCura-Hauses durch die Fachaufsicht des Landes ist bereits vier Jahre her. „Die nächste Kontrolle ist für 23. Oktober geplant. Dabei wird besonderes Augenmerk auf das Thema Flüssigkeitszufuhr gelegt werden“, sagt Elisabeth Kapral von der Abteilung Sanitäts- und Krankenanstaltenrecht des Landes. Am 4. Juli 2017 war die Patienten- und Pflegeanwaltschaft nach einer Beschwerde vor Ort. Der Fall habe sich aber nicht bestätigen lassen.
Pflegeskandal Kirchstetten: Entscheidung über Anklage
Vor drei Jahren, im Oktober 2016, machte das Pflegeheim Kirchstetten im Bezirk St. Pölten österreichweit Schlagzeilen. Eine Mitarbeiterin hatte schwere Vorwürfe gegen fünf Kollegen, die Patienten gequält, misshandelt und schikaniert haben sollen, erhoben. Auch der Verdacht des sexuellen Missbrauchs steht im Raum. Die Betreffenden wurden entlassen, in den Einvernahmen und im Gespräch mit dem KURIER wiesen sie alle Anschuldigen zurück.
Nach intensiven Ermittlungen durch das Landeskriminalamtes NÖ und die Staatsanwaltschaft St. Pölten geht die Causa demnächst in die nächste Runde. In den kommenden Wochen soll der Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft fertiggestellt sein. „Dieser befindet sich bereits in der Endredaktion“, berichtet Sprecher Karl Wurzer. Der komplette Bericht wird in weiterer Folge an die Oberstaatsanwaltschaft Wien übermittelt. Diese prüft, ob sie die rechtlichen Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft teilt. Ist dies der Fall, ist danach das Justizministerium am Zug. Dann wird entschieden, ob Anklage erhoben wird oder auch nicht.
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