Österreichs jüngster Autor nutzte Quarantäne für drittes Buch
Die Sommerferien stehen vor der Tür. Joel und sein bester Freund Johannes passen auf sehr spezielle Hühnchen auf, während deren Besitzer in den Urlaub gefahren ist. Als Johannes beim Wachposten plötzlich einschläft, verschwindet ein Hühnchen auf mysteriöse Weise.
So beginnt „Die Suche nach dem verschwundenen Hühnchen“, das erste Buch von Joel Meyer. „Mehr verrat’ ich aber nicht. Den Rest musst du schon selbst lesen“, meint Joel schelmisch. Der Junge strahlt in die Kamera. Das Interview mit dem KURIER via FaceTime macht ihm sichtlich Spaß, Joel ist taff und authentisch, er weiß auf jede Frage eine Antwort.
Beim Tippen des knapp 100-seitigen Buchs half Mama Doris Strohmaier. „Er ist mir mit seinen Ideen so lange in den Ohren gelegen, da habe ich mir gedacht, lass es uns doch einfach versuchen“, erinnert sie sich. „Meine Mama hat mir viele Fragen gestellt: Wie haben sich die Hühnchen gefühlt, wie hat es dort ausgesehen, was haben sie gedacht, und so weiter, damit ich meine Ideen auch für die Leser verständlich formuliere“, erzählt Joel.
Neben den Hühnchen sind Joel und seine Freunde die Hauptfiguren der Geschichten. Die Illustrationen im ersten Buch hat Joel selber gezeichnet, und nachdem auch seine Lehrerin und seine Klassenkameraden von der Geschichte begeistert waren, ließ Mama Strohmaier das Buch drucken. Bei der Fortsetzung halfen bereits eine Illustratorin und eine Lektorin mit.
Ein Kopf voller Ideen
Mit seinen neun Jahren ist Joel aus Breitenfurt bei Wien (Bezirk Mödling) wohl Österreichs jüngster Autor. Im Frühjahr des Vorjahrs hat er sein erstes Buch veröffentlicht, „Die Suche nach dem verschwundenen Hühnchen“, kurz darauf folgte die Fortsetzung.
„Ich hatte so viele Ideen im Kopf, die mussten einfach raus“, erklärt er seine Motivation. „Hühnchen sind so coole Tiere, aber es gab noch kein Buch über sie. Außerdem, wer sagt, dass nur Erwachsene Bücher schreiben können?“
Rauf auf die Bühne
Im Vorjahr durfte Joel seine Bücher auf der Buch Wien, Österreichs größter Buchmesse, präsentieren: „Am Anfang war ich meganervös, aber dann waren da auch andere Kinder, da war alles schon viel leichter. Ich hab’ Fragen zu meinen Hühnchen beantwortet, das hat mir viel Spaß gemacht“, berichtet der junge Autor.
Joel hat sichtlich keine Angst davor, im Rampenlicht zu stehen: Anfang April war er im ORF bei der Show „Klein gegen Groß“ neben Kai Pflaume zu sehen und trat in einem Kinderbuch-Klassiker-Duell gegen den deutschen Schauspieler Heiner Lauterbach an.
Im Stechen musste sich Joel zwar geschlagen geben, doch als Trostpreis wurde er mit einer Reise in die Warner-Filmstudios nach London, in die Welt von Harry Potter, überrascht. Ein Traum für den kleinen Zauberer-Fan. „Ich habe alle Bücher gelesen! Das lese ich am liebsten, wenn es um Dinge geht, die es in der Wirklichkeit gar nicht gibt. Fantasy liebe ich“, schwärmt Joel.
Er weiß genau, worauf es bei einem guten Buch ankommt: „Auf den Anfang. Wenn man den verbockt, dann hören die Leute auf, zu lesen. Das geht gar nicht“, erklärt Joel mit ernster Miene.
Homeschooling
Die viele Zeit daheim, bedingt durch die Corona-Krise, nutzt Joel für sein drittes Buch. „Es geht natürlich wieder um Hühnchen – und um Rezepte aus aller Welt. Die muss ich vorher natürlich ausprobieren, mit meinem Papa habe ich bereits Flammkuchen gemacht. Mein Papa ist aus Frankreich, deswegen weiß er, wie das geht. Und Mazamorra Morada, das ist ein peruanischer Pudding aus lila Mais mit Früchten, den haben wir auch schon gekocht.“
Doch die Schule und seine Freunde fehlen ihm. Der Unterricht findet jetzt im Wohnzimmer statt: Um 8.30 Uhr mit Deutsch und Mathe, „da hilft mir Mama“, danach folgt die große Pause.
Warum all diese Maßnahmen jetzt notwendig sind, hat Joel längst begriffen: Neben Lesen und Schreiben interessiert sich der Bücherwurm besonders für Biologie und Chemie: „Ich find Viren und Bakterien richtig cool, ich weiß auch, warum man, wenn man mal Windpocken hatte, die nicht mehr wieder bekommen kann. Das merken sich die Zellen nämlich. Bei Corona ist das nicht so, glauben manche Forscher. Deswegen ist das so gefährlich.“
Joel kann es beinahe nicht mehr erwarten, seine Freunde wieder „live“ sehen zu können. „Das Erste, was ich machen will, wenn alles wieder normal ist, ist eine Übernachtungsparty!“, freut sich Joel.
Und später, wenn er mal „groß“ ist? „Ich will Forscher oder Erfinder werden. Und ganz viele Länder bereisen. Ich war schon in Dubai, in Italien, in Frankreich, in der Türkei und in Griechenland. Es gibt so viele Bücher von ganz tollen Orten, da denk ich mir, da will ich überall einmal hin.“
Und was ist mit dem Schreiben? „Ja, Hobby-Autor bleib ich ja sowieso“, verspricht Joel und winkt in die Kamera.
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