NS-Bomber gekapert: Ehre für filmreifen Widerstand gegen die Nazis

Die Kampfbomber auf dem Rollfeld am Fliegerhorst Wiener Neustadt
Vor 80 Jahren stürzten zwei polnische Zwangsarbeiter auf ihrer Flucht mit einem Kampfbomber am Wechsel ab. Nun wurde den Männern große Ehre zuteil.

Es war ein filmreifer Coup und eine Demütigung für die Nazis. 80 Jahre nach ihrer spektakulären Flucht vom Fliegerhorst des Dritten Reiches in Wiener Neustadt mit einem deutschen Kampfbomber, haben zwei tapfere polnische Zwangsarbeiter das bekommen, was ihnen die Nationalsozialisten nehmen wollten: Ihren Namen und damit ihre Würde.

Die unglaubliche Geschichte von Stanislaw Krasoni und Ludwig Michalski ist seit Donnerstag mit einer Gedenktafel in der Friedhofsmauer von Unteraspang im Bezirk Neunkirchen verewigt. Nur ein paar Kilometer von dort entfernt, wo sie am 21. August 1943 abstürzten und starben.

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NS-Bomber gekapert: Ehre für filmreifen Widerstand gegen die Nazis

Fast genau auf den Tag vor 80 Jahren fassten sich die beiden Polen ein Herz. Um der Schreckensherrschaft der Nazis zu entfliehen, kaperten sie auf dem Militärflugplatz in Wiener Neustadt eine Junkers JU 88A. Mit dem Kampfflugzeug wollten die Zwangsarbeiter entkommen und nach Sizilien in die Freiheit fliehen.

Militärexperte half mit

Doch ihr Fluchtversuch endete mit einem Absturz beim Bahnhof Zöbern-Ausschlag. Dieses völlig in Vergessenheit geratene Ereignis konnte durch jahrelange Recherchen wieder ans Tageslicht geholt werden. Der Wiener Neustädter Militärexperte und Bundesheer-Offizier Markus Reisner und Hobbyhistoriker Max Stiglbauer nahmen sich der Geschichte der beiden Polen an.

NS-Bomber gekapert: Ehre für filmreifen Widerstand gegen die Nazis

Stiglbauer verifizierte den Absturzort, fand Originalkarteikarten der beiden Opfer im Glowna-Institut in Warschau, sowie die Verlustanzeige des Flugzeugs im österreichischen Staatsarchiv.

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Außerdem stöberte Stiglbauer vor drei Jahren noch den Zeitzeugen Karl Tauchner aus Aspang auf. Der mittlerweile verstorbene Einheimische sah den Kampfflieger im August 1943 abstürzen. Er eilte noch zum brennenden Wrack. Den beiden Insassen war jedoch nicht mehr zu helfen. Ihre Überreste wurden zuletzt in einem anonymen „Kriegsgrab“ auf dem Friedhof in Unteraspang vermutet.

Das Innenministerium, in Österreich für die Kriegsgräberfürsorge zuständig, entschied sich heuer in enger Abstimmung mit den polnischen Behörden das Grab zu öffnen. Neben sterblichen Überresten wurden auch diverse Wrackteile und technische Gegenstände gefunden, die Experten und Flugtechniker eindeutig der alten Junkers zuordnen konnten. „Das Naturhistorische Museum half bei der Identifizierung“, erklärt Stephan Mlczoch, Leiter der Abteilung für Historische Angelegenheiten im Innenministerium.

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Innenminister Gerhard Karner am Grab der beiden Polen 

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Der Bericht über das gestohlene Flugzeug

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Wrackteile wurden im Grab entdeckt

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Die neue Gedenktafel auf der Friedhofsmauer in Unteraspang

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Das neue gestaltete Grab der beiden Polen

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Die noch völlig schmucklose und verwahrloste Ruhestätte von Stanislaw Krasoni und Ludwig Michalski

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Teile des Flugzeuges wurden in der Grabstätte entdeckt

NS-Bomber gekapert: Ehre für filmreifen Widerstand gegen die Nazis

Die schmucklose und völlig verwahrloste Ruhestätte von Stanislaw Krasoni und Ludwig Michalski wurde restauriert und die Namen der Kriegshelden im Grabstein verewigt. Damit wolle man sicherstellen, dass „diese einzigartige Geschichte und die Helden nie in Vergessenheit geraten werden“, erklärte Innenminister Gerhard Karner bei der feierlichen Kranzniederlegung am Donnerstag.

Nazi-Terror sichtbar machen

Der Gedenkfeier wohnten zahlreiche Festgäste und eine offizielle Abordnung aus der Heimat der beiden Piloten bei. Es seien genau diese menschlichen Tragödien, die den Nazi-Terror sichtbar machen, so Karner.

Konrad Graczyk, Abteilungsleiter am Institut für Nationales Gedenken in Polen und der polnische Gesandte, Janusz Styczek betonten, welche symbolische Kraft von dieser filmreifen Flucht ausgehe. „Sie sind das größte Risiko eingegangen, für die eigene Freiheit. Das Gedenken an solche Ereignisse, ist von sehr großer Bedeutung“, so Styczek in seiner Festrede.

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