NÖ reagiert auf Pflegebedarf: Neue Strategie plant bis 2035

Die massiv älter und pflegebedürftiger werdende Bevölkerung bleibt eine Riesenherausforderung für die Politik. Allein der Bedarf an Pflegebetten könnte nach wissenschaftlichen Prognosen bis 2035 im schlimmsten Fall um 44 Prozent steigen. Derzeit gibt es 11.000 Pflegeplätze.
Mit der "Betreuungs- und Pflegestrategie 2025+“ hat Niederösterreich nun als erstes Bundesland einen Strategieplan zur Mammutanforderung erarbeitet.

Soziallandesrätin Christiane Teschl-Hofmeister und Gesundheitsforscher Franz Kolland
Die Erfordernisse auf allen Ebenen der Pflege bis hin zur 24-Stunden-Betreuung seien vielfältig, ist sich die zuständige Soziallandesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP) bewusst. "Wir wissen, dass Menschen, die älter werden, grundsätzlich zu Hause in ihrer vertrauten Umgebung selbstständig alt werden wollen“, sagte sie bei der Strategiepräsentation mit dem Gesundheitsforscher Franz Kolland vom Kompetenzzentrum für Gerontologie.
Mit dem Institut wurden die Erfordernisse im zukünftigen Betreuungs- und Pflegebereich wissenschaftlich erforscht. Grundsätzlich sei die Pflegelandschaft derzeit gut aufgestellt, behauptet die Landesrätin: „61,9 Prozent der Menschen haben wir in der informellen Pflege, sie pflegen sich selbst oder werden zu Hause gepflegt. 18,8 Prozent nutzen Mobile Dienste, 7,9 Prozent haben die 24-Stunden-Betreuung und in den Pflege- und Betreuungszentren haben wir derzeit 11,4 Prozent der Pflegegeldbezieher“.
Anstiege
Doch bis 2035 stehen laut Prognosen der Wissenschafter teils dramatische Anstiege bevor. Aufgrund noch nicht abschätzbarer Situationen mussten Professor Kolland und sein Team Prognosen mit großen Schwankungsbreiten erstellen.
So wird die Schar der Pflegegeldbezieher um 15 bis 34 Prozent steigen. Der zusätzliche Bedarf an Pflegebetten liegt zwischen 24 und 44 Prozent und bei den 24-Stundenhilfen liegen die zusätzlichen Erfordernisse zwischen 29 und 51 Prozent.
Mit gezielten auch präventiven Maßnahmen, damit die Bevölkerung gesünder alt wird, gelte es, die prognostizierten Höchstanforderung zu bremsen, erklärten Teschl und Kolland besorgt. „Gerade die Babyboomer lassen sich zu sehr fallen. Hier herrscht Handlungsbedarf“, sagt der Forscher. Diese Generation betreibe zu wenig Sport und lebe und ernähre sich nicht gesund genug, mahnte er.
Neben der grundsätzlich notwendigen und bereits laufenden Personaloffensive sind in der Strategie umfassende Investitionen in Pflegeeinrichtungen und Förderungen fixiert. Aus dem bereits installierten 300 Millionen-Euro-Paket für den Ausbau der Pflegeheime seien bereits 300 neue Betten in Betrieb, so Teschl-Hofmeister. Die 100 privaten und landeseigenen Pflegeheime würden sukzessive nach dem regionalen Bedarf ergänzt oder erweitert.
Eine von der Landesregierung erst am Dienstag beschlossene massive Erhöhung der Investförderung für Pflegebetten unterstützt das Vorhaben. Weiter investiert werde laut der Landesrätin in mehr Tagespflegeeinrichtungen, von denen es derzeit zehn private und etliche in Pflegeheimen gebe.
Seniorenwohnungen
2025 starten zudem fünf Pilotprojekt (Baden, Gänserndorf, Horn, Maria Anzbach, Göstling) mit Seniorenwohnungen, in denen eigenständiges Leben mit geringem Pflegeeinsatz angeboten wird. Der 2023 ins Leben gerufene Pflege- und Betreuungsscheck mit 1.000 Euro Zuschuss, wird gut genützt und beibehalten, so wie die „Soziale Alltagsbegleitung“, die 2023 mit 120.000 Unterstützungsstunden einen neuen Rekord bescherte.

Wichtige Partner seien natürlich weiterhin die Mobilen Dienste, die 2023 3,4 Millionen Einsatzstunden in NÖ leisteten. Das EU-Pilotprojekt "Community Nursings" läuft in 25 Gemeinden aus, werde aber nun vom Land weiterbetrieben, kündigte die Landesrätin weiters an.
Digitalisierung
Ein Schwerpunkt, in den ebenfalls Förderungen im Millionenbereich fließen, sind Digitalisierungsprojekte, die im Pflegebereich viel Unterstützung bringen können. Hier soll im kommenden Jahr ein eigener Innovationsfonds eingerichtet werden.
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