Tödliche Dreiecksbeziehung

Die beiden Angeklagten am Dienstag, 3. Juni 2014, vor Beginn des Mordprozesses.
46-Jährige soll von Mann und dessen Partnerin in Paraguay vergiftet worden sein.

Der Fall wäre beinahe zu den Akten gewandert, erst eine Exhumierung der Leiche in Paraguay brachte eine entscheidende Wende. Am Dienstag begann im Landesgericht Wiener Neustadt der Mordprozess gegen den 55-jährigen ehemaligen Kommunalpolitiker Gerhard Freiherr-Hanzalik und dessen Partnerin, Michaela S. (47). Zusammen sollen die beiden im September 2011 während einer Auslandsreise in Paraguay Hanzaliks Ehefrau, Wendy Freiherr (46), mit einer Überdosis Schmerzmittel vergiftet haben – um die Frau zu beseitigen und so an das Geld aus zwei Lebensversicherungen zu kommen, meint Staatsanwältin Karina Fehringer.

Der erste Prozesstag brachte Einblicke in eine merkwürdige Dreiecksbeziehung zwischen den beiden Angeklagten und dem Opfer. Freiherr-Hanzalik hatte die mit Downsyndrom geborene Wendy Freiherr vor mehr als zehn Jahren kennengelernt. „Wir hatten eine sexuelle Beziehung“, sagte der Angeklagte vor Gericht. „Sporadisch“ auch, als er bereits mit einer anderen verheiratet war. Nach der Scheidung kam es wieder zu intensiverem Kontakt und folglich zur Hochzeit. Unter einem Dach lebte der 55-Jährige allerdings mit jener Frau, die auf der Anklagebank neben ihm sitzt. Angeblich nur aus rein geschäftlichen Gründen. Die beiden haben ein Unternehmen und planten, eine Eukalyptus-Plantage in Paraguay zu betreiben. „Und warum lebte Ihre Frau nicht bei Ihnen?“, wollte der vorsitzende Richter wissen. Antwort: „Sie fühlte sich in der Wohnung ihrer Mutter wohler und war nur tageweise bei mir.“ Die Staatsanwältin sieht das anders und meint, dass die „Beziehung“ zu der Raumpflegerin nur dazu diente, sie finanziell auszunehmen. Freiherr-Hanzalik schloss zwei Lebensversicherungen im Wert von 80.000 Euro auf sie ab, bevor er im September 2011 zusammen mit seiner Frau und Michaela S. mit One-Way-Tickets nach Paraguay flog.

Tödliche Dreiecksbeziehung
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Ein paar Tage später war Wendy Freiherr tot. Laut Anklage wurde sie mit einer Überdosis des Schmerzmittels „Hydal Retard“ vergiftet. Der Gerichtsmediziner fand nach einer Exhumierung der Leiche Rückstände des Wirkstoffes. Die Version des Ehemannes sieht anders aus: „Es war Nationalfeiertag und wir haben getrunken und gefeiert. Außerdem hatte sie Zahnschmerzen und vielleicht Tabletten selbst genommen.“

Dass er den Behörden in Paraguay verheimlichte, dass die Tote seine Frau war und er samt seiner Begleiterin auch noch weiter Urlaub in Paraguay machte, findet der Angeklagte nicht verdächtig. Der Richtersenat hielt ihm Fotos vor, die ihn gut gelaunt nach dem Tod seiner Frau mit hochgestrecktem Daumen und breitem Lächeln zeigen. Außerdem nennt die Staatsanwältin schwerwiegende Indizien. Einen Tag vor dem mysteriösen Tod recherchierte er im Internet die Wirkungsweise seines verschriebenen Medikaments. Auch der Suchbegriff „Tod durch Heroin“ wurde eingegeben.

Schlamperei

Für die Verteidigerriege rund um Anwalt Michael Dohr ist die Anklage ein „Witz, weil sie in das Reich der Spekulationen“ falle. Außerdem wurde am Dienstag eine Panne bekannt, die den Prozess bis 15. Juli verzögert. Die Staatsanwaltschaft hatte Gerichtsmediziner Denk die Krankenakte der Toten vorenthalten. Er wusste bei seiner Expertise daher nicht, dass das Opfer das Downsyndrom hatte. Denk muss nun ein neues Gutachten erstellen. Am Mittwoch geht es mit Zeugen weiter.

Zweieinhalb Jahre vom Tod bis zum MordprozessDie Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt hatte den Fall um den mysteriösen Tod von Wendy Freiherr (46) im Sommer 2012 bereits zu den Akten gelegt. Erst nach einem KURIER-Bericht über die rätselhaften Umstände ihres Ablebens sowie die Begünstigung aus zwei Lebensversicherungen kam wieder Bewegung in die Angelegenheit.

Nachdem neue Beweismittel aufgetaucht waren, hatte die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt das Ermittlungsverfahren gegen den Ehemann der Frau, Gerhard Freiherr-Hanzalik, wieder aufgenommen.

Die Raumpflegerin war am 15. September 2011 zusammen mit ihrem Ehemann und dessen Begleiterin, Michaela S., die ebenfalls an der gleichen Wohnadresse im Bezirk Wr. Neustadt gemeldet ist, nach Independencia geflogen. Die 46-Jährige starb ein paar Tage später, am 29. September, im Schlafzimmer eines Ferienhauses, das ihr Mann gemietet hatte.

Mittels Rechtshilfeansuchen erwirkte die Staatsanwaltschaft bei den Behörden in Paraguay eine Exhumierung der Leiche, der Vorgang dauerte Monate. Knochenteile sowie Gewebeproben der Toten wurden im Frühjahr 2013 nach Österreich gebracht und untersucht. Gerichtsmediziner Wolfgang Denk konnte im Leichnam der Frau eine tödliche Dosis jenes Schmerzmittels nachweisen, das ihr Ehemann gegen sein Krebsleiden einnahm.
Im November 2013 wurden Gerhard Hanzalik und Michaela S. wegen Mordverdachts festgenommen.

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