NÖ: Hautkrebsvorsorge wird zur Privatleistung

Wer ab 1. April zur Muttermalkontrolle gehen möchte, muss dafür in Niederösterreich künftig privat in die Tasche greifen. Die Hautärzte werden den Ganzkörper-Haut-Check künftig nur noch als Privatleistung anbieten.
Das wurde am Mittwoch bei einer Kuriensitzung der NÖ Ärztekammer (ÄKNÖ) beschlossen, es gibt eine Empfehlung an alle Dermatologen. Nicht betroffen von der neuen Regelung sind Patienten, die bereits ein Melanom hatten im Rahmen der Nachsorge, Patienten unter Immunsuppression oder Menschen mit konkretem Krankheitsverdacht.
Bereits in den vergangenen Wochen hatten entsprechende Informationen von Hautärzten an ihre Patienten für Verunsicherungen gesorgt.
Denn dank Aufklärungsarbeit und zahlreicher Kampagnen wird gerade die sogenannte Muttermalkontrolle ernst genommen, viele Menschen lassen sich jedes Jahr im Frühling durchchecken. Das Honorar für diese Leistung könnte künftig wie bei Wahlärzten ab 60 Euro oder mehr betragen.
Ärztemangel und schlechte Versorgung
Hintergrund ist laut Ärztekammer in Niederösterreich der eklatante Facharztmangel. Aktuell sind zehn Kassenstellen unbesetzt. Trotz intensiver Bemühungen gebe es kaum Interessenten, heißt es.
Bei den verbliebenen Fachärzten kommt es deshalb bereits zu sehr langen Wartezeiten auf einen Termin. "Aufgrund dieses anhaltenden Versorgungsengpasses in Niederösterreich brauchen wir für Menschen mit Erkrankungen der Haut ein Ressourcenmanagement. Nur so ist es möglich, dass diese zeitgerecht und regelmäßig versorgt werden können", teilt die ÄKNÖ mit.
Keine Vorsorgeleistung
Zudem geht es wohl auch ums Geld. Denn für die Ärzte lohnt sich die Kontrolle der Muttermale kaum. Pro Patient und Jahr dürfen sie hier lediglich 19,63 Euro abrechnen.
Dazu kommt auch, dass es sich bei der Muttermalkontrolle eigentlich um gar keine Vorsorge handelt. Vielmehr ist sie im Leistungskatalog der Krankenkassa als kurative Leistung ausgewiesen – sprich als medizinische Maßnahme zur Diagnose, Behandlung und Therapie von Erkrankungen.
"Die ÖGK-NÖ honoriert Untersuchungen für hautkranke Menschen. Für hautgesunde Menschen ohne spezielles Risiko findet sich im Honorarkatalog für Dermatologie keine Position für eine reine Vorsorgeuntersuchung", heißt es im Statement der Ärzteschaft dazu. Weshalb nun eben klar gestellt sei, dass die Haut-Checks für Nicht-Risikopatienten Privatleistung werden.
Bei der Österreichischen Gesundheitskasse betont man hingegen, dass man an der aktuellen Verrechnung keine Änderung plane. Die Muttermalkontrolle sei weiterhin Kassenleistung und könne einmal jährlich zur Hautkontrolle herangezogen werden.
Lücke in der Hautkrebsvorsorge?
Fällt damit eine sinnvolle Vorsorge zum frühzeitigen Erkennen von Hautkrebs gänzlich weg? Das ist noch unklar.
Die Ärztekammer verweist auf die Vorsorgeuntersuchung beim Allgemeinmediziner. Auch der Hausarzt könne einen Blick auf die Muttermale werfen und gegebenenfalls weiterverweisen.
Das sieht Dermatologe und Hautkrebs-Forscher Christian Posch kritisch. Er ist im Vorfeld der aktuellen Empfehlung davon ausgegangen, dass Menschen mit außergewöhnlich vielen Muttermalen oder Hautkrebs in der nahen Verwandtschaft die Leistung weiter auf Kassenkosten in Anspruch nehmen werden können.
Jährliches Screening nicht notwendig
Für "hautgesunde" Menschen sieht er eine jährliche Untersuchung allerdings nicht notwendig. Aktuelle Studien würden deren Nutzen in Zweifel ziehen.
„Die jährliche Untersuchung steht auf relativ tönernen Füßen“, sagt er. Zwar würden etwas mehr Melanome entdeckt, der Aufwand der Screening-Programme sei aber zu hoch. Zudem, erklären weitere Mediziner, käme es dadurch wohl zu Übertherapien.
Dermatologe Posch räumt aber ein, dass ohne jährliche Untersuchung auch „einzelne Personen durch den Rost fallen“ könnten. „Das ist natürlich eine schwere Rechnung“, sagt er. Bei gesamtgesundheitlichen Themen müsse aber das Nutzen-Risiko-Verhältnis ausgewogen sein.
Hautgesunde Menschen werden ihre Haut künftig wohl selber im Auge behalten müssen.
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