NÖ: Keine Hautkrebsvorsorge auf Kassenkosten mehr?

„Die Ganzkörper Muttermalkontrolle zur Hautkrebsvorsorge ist wichtig, um bösartige Hautläsionen möglichst frühzeitig zu erkennen“, informiert ein Aushang an der Tür einer Hautarztpraxis. „Leider wird die Ganzkörper Muttermalkontrolle bei Nicht-Risiko Patienten nun auch bei Kassenärzten (...) eine Privatleistung (...)“, heißt es weiter. 60 bis 80 Euro seien dafür zu bezahlen.
Informationen wie diese sorgen aktuell bei Patienten in Niederösterreich für massive Verunsicherung. Denn dank Aufklärungsarbeit und zahlreicher Kampagnen wird gerade die sogenannte Muttermalkontrolle ernst genommen, viele Menschen lassen sich jedes Jahr im Frühling durchchecken. Was ist passiert?
Bei der Österreichischen Gesundheitskasse beeilt man sich zu versichern, dass man an der aktuellen Verrechnung keine Änderung plane. Die Muttermalkontrolle sei weiterhin Kassenleistung. Bei der Niederösterreichischen Ärztekammer gibt man sich zugeknöpft. Hinter den Kulissen dürfte die große Anzahl an Vorsorge-Patienten aber eine Rolle spielen – und natürlich das Geld.
Kassenärzte fehlen
In Niederösterreich sind 11 Kassenstellen für Dermatologen unbesetzt. Bei den verbliebenen Fachärzten kommt es mittlerweile zu sehr langen Wartezeiten auf einen Termin, wird berichtet. Darüber hinaus lohnt sich die Kontrolle der Muttermale für die Ärzte kaum. Pro Patient und Jahr dürfen sie hier 19,63 Euro abrechnen.
Dazu kommt, dass es sich bei der Muttermalkontrolle eigentlich um gar keine Vorsorge handelt. Vielmehr ist sie im Leistungskatalog der Krankenkassa als kurative Leistung ausgewiesen – sprich als medizinische Maßnahme, die Diagnose, Behandlung und Therapie von Erkrankungen. Was nun eben dazu führt, dass einige Dermatologen die Hautchecks privat anbieten.
Weiter Kassenleistung für Risikopatienten
Nicht betroffen von den Änderungen sollen aber Risikogruppen wie Menschen mit außergewöhnlich vielen Muttermalen oder Hautkrebs in der nahen Verwandtschaft sein. Und: Eine Kontrolle ungewöhnlicher Muttermale ist allerdings weiterhin Kassenleistung.
Bei einer Sitzung der Ärztekammer am Mittwoch soll jedenfalls eine Lösung präsentiert und zur Beschlussfassung vorgelegt werden, sagt Kurienobmann-Stellvertreterin der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, Dagmar Fedra-Machacek.
Screening nur für Risikopatienten
Für sogenannte „hautgesunde“ Patienten könnte das nun bedeuten, dass sie ihre Haut künftig selber verstärkt kontrollieren müssen. Aktuell ziehen weltweit Studien den Nutzen von jährlicher Hautkrebsvorsorge in Zweifel.
„Die jährliche Untersuchung steht auf relativ tönernen Füßen“, sagt Dermatologe und Hautkrebs-Forscher Christian Posch. Zwar würden etwas mehr Melanome entdeckt, der Aufwand der Screening-Programme sei aber zu hoch. Zudem, erklären weitere Mediziner, käme es dadurch wohl zu Übertherapien.
Regelmäßige Vorsorge macht laut Posch nur bei Risikogruppen Sinn. Wer genau darunter fällt und wie oft diese Personen zum Hautarzt sollten, versucht die Österreichische Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie gerade zu definieren. Sehr viele Muttermale (ein hautgesunder, hellhäutiger Mensch hat etwa 30 bis 40), atypische Muttermale oder Verwandte 1. Grades mit Hautkrebs werden wohl umfasst sein.
Dermatologe Posch räumt aber ein, dass ohne jährliche Untersuchung auch „einzelne Personen durch den Rost fallen“ könnten. „Das ist natürlich eine schwere Rechnung“, sagt er. Bei gesamtgesundheitlichen Themen müsse aber das Nutzen-Risiko-Verhältnis ausgewogen sein.
Kommentare