NÖ: Das Kabinett der Quereinsteiger
Die niederösterreichische Landespolitik ist auch bekannt für ihre überraschenden Personalentscheidungen. Das wurde am Freitag einmal mehr deutlich, als Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner zwei neue Regierungsmitglieder präsentierte. Christiane Teschl-Hofmeister und Martin Eichtinger werden Landesräte. Die eine wechselt vom Küniglberg ins Alpenvorland, der andere von der Themse an die Traisen.
Wenige Wochen nach der Landtagswahl baut die ÖVP an der Spitze kräftig um. Das hat mehrere Gründe. Der langjährige Landtagspräsident Hans Penz war im Jänner nicht mehr zur Wahl angetreten. Deshalb musste Mikl-Leitner das – gemäß nö. Verfassung – zweithöchste Amt im Land neu besetzen. Neuer erster Mann im Landtag wird der langjährige Landesrat Karl Wilfing, der zuletzt die Bereiche Verkehr, Wohnen und Jugend verantwortete. Wilfing war seit 2011 Landesrat, davor seit dem Jahr 2000 Landtagsabgeordneter für seinen Heimatbezirk Mistelbach.
"Außerdem hat mir Landesrätin Barbara Schwarz mitgeteilt, dass sie nicht mehr die gesamte Legislaturperiode für ein Regierungsamt zur Verfügung steht", so Mikl-Leitner am Freitag. Sie wolle sich im wissenschaftlichen Bereich neuen Herausforderungen stellen. Die von Schwarz verantworteten Bereiche Familie, Soziales und Bildung sowie Jugend-Agenden wird nun eine Quereinsteigerin übernehmen: Die bekannte Moderatorin und langjährige Chefredakteurin des ORF NÖ (zuletzt war sie im ORF-Zentrum am Küniglberg tätig), Christiane Teschl-Hofmeister, wird Landesrätin. "Ein solches Angebot muss man mit Ehrfurcht und Freude annehmen", kommentiert sie ihre Bestellung. Sie habe Politik lange Zeit von Berufs wegen beobachtet. "Es ist ein schönes Gefühl, jetzt aktiv gestalten zu können." Laut Mikl-Leitner wird Teschl, die nicht ÖVP-Mitglied ist, parteifreie Landesrätin.
Mit ihrer zweiten Personalentscheidung unterstreicht Mikl-Leitner den Willen zu einer aktiven Landesaußenpolitik: Mit Martin Eichtinger zieht einer von Österreichs Top-Diplomaten im nö. Landhaus an der Traisen ein. Derzeit vertritt Eichtinger noch die Republik als Botschafter im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland. "Ich habe schon in vielen Ländern gelebt und kann mit Fug und Recht behaupten, dass Niederösterreich einzigartig ist. Der Vergleich macht sicher." Eichtinger ist künftig für Arbeitsmarktfragen und den Wohnbau zuständig. Sein sicher wichtigster Aufgabenbereich umfasst aber zweifelsohne die Europapolitik und sämtliche Auslandsbeziehungen. Diesbezüglich habe er bereits jetzt viel mit Niederösterreich zu tun gehabt, "im Rahmen des Europaforums Wachau oder des Kulturfestivals Grafenegg".
Mikl-Leitners Vize Stephan Pernkopf, Wirtschaftslandesrätin Petra Bohuslav und Finanzlandesrat Ludwig Schleritzko komplettieren das Regierungsteam.
Landtag
Der schwarze Parteivorstand segnete Mikl-Leitners Personalvorschläge einstimmig ab. Dazu gehört auch die Vergabe der Mandate im Landtag. 29 Sitze stehen der ÖVP zu, 19 davon sind durch erreichte Direktmandate bereits vergeben. Einerseits wird natürlich Karl Wilfing sein Mandat annehmen, ebenso der zweite Landtagspräsident Gerhard Karner. Dazu kommen Klaus Schneeberger – er ist Fixstarter für den Job des Klubobmanns –, Parteimanager Bernhard Ebner, Anton Erber, Margit Göll, Kurt Hackl, JVP-Landesobmann Bernhard Heinreichsberger und Jürgen Maier. Auch Bauernbund-Direktorin Klaudia Tanner erhält ein Landtagsmandat.
In den Bundesrat werden Karl Bader, Marlene Zeidler-Beck, Martin Preineder, Sonja Zwazl, Eduard Köck, Sandra Kern und Andrea Wagner entsandt.
Christiane Teschl wechselt vom ORF in die neue niederösterreichische Landesregierung und wird für Familie, Soziales, Bildung und Jugend zuständig sein. Sie habe die Politik lange beobachtet und kommentiert, es sei ein schönes Gefühl, nun mitgestalten zu können, sagte die 44-Jährige bei der VP-Präsentation der neuen Regierungsmitglieder am Freitag. Die Kremserin ist kein Parteimitglied.
Teschl wurde am 29. November 1973 geboren. Nach Volksschule und Gymnasium in Graz ging sie nach Krems, wo sie die HTL (Abteilung Restaurierung und Ortsbildpflege) besuchte. Nach der Matura 1993 studierte sie Publizistik, Theaterwissenschaften und Kunstgeschichte in einer Fächerkombination. Von 1998 bis 2009 war sie Redakteurin, Moderatorin, Chefin vom Dienst und Internetleiterin beim ORF NÖ, von 2010 bis 2015 Chefredakteurin des ORF NÖ. Seit 2015 arbeitete sie als Koordinatorin der ORF Landesstudios sowie als Chefin vom Dienst bei „Guten Morgen Österreich“.
Christiane Teschl-Hofmeister, so ihr voller Name, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Als sie vor kurzem das Angebot von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bekommen habe, habe sie kurz nachgedacht, mit ihrer Familie gesprochen und dann „natürlich sofort Ja gesagt“, berichtete die 44-Jährige: „Ich bin froh und stolz, dass ich einem Land, das mir so viel gegeben hat, etwas zurückgeben kann.“ Landesrätin zu werden sei „ein Angebot, dass man mit Freude, Ehrfurcht und mit Aufregung, aber mit großem Stolz annehmen muss“. Sie kenne und schätze Mikl-Leitner schon sehr lange als „Frau mit Handschlagqualität“, so Teschl. Mikl-Leitner beschrieb die künftige Landesrätin als „eine Frau, die unglaublich viel Kraft hat und sehr viel in Niederösterreich bewirken will“.
Der designierte niederösterreichische VP-Landesrat Martin Eichtinger war bisher in Politik, Privatwirtschaft und Diplomatie tätig - seit 2015 als österreichischer Botschafter in London. Er habe einen „sehr abwechslungsreichen Lebenslauf“, meinte der 56-Jährige am Freitag. Die Ressorts des promovierten Juristen werden künftig Wohnen, Arbeitsmarkt und europäische Regionalpolitik sein.
„Ich habe in vielen Ländern dieser Welt gelebt und kann mit Fug und Recht behaupten, dass Niederösterreich einzigartig ist“, sagte Eichtinger. Es besteche nicht nur durch seine landschaftliche und kulturelle Schönheit, sondern auch durch die Menschen, die in dem Bundesland leben. „Der Vergleich macht einen sicher“, meinte er bei der Präsentation des neuen VP-Regierungsteams in St. Pölten. Eichtinger möchte seine internationale Erfahrung für Niederösterreich einbringen und Chancen für das Bundesland lukrieren. Er habe als Botschafter in London viel in und mit Niederösterreich zu tun gehabt, etwa beim Europaforum Wachau oder rund um Grafenegg. Er kenne Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner seit 25 Jahren, die beiden verbinde „ein sehr herzliches und enges Vertrauensverhältnis“.
Eichtinger wurde am 5. April 1961 geboren und wohnt in Perchtoldsdorf (Bezirk Mödling). Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Nach der Promotion in Graz machte er ein postgraduales Studium am Bologna Center der Johns Hopkins University in den USA. 1986 startete er als Referent in der Politischen Sektion des Außenministeriums, danach war er nach einer Station an der österreichischen Botschaft in Mexiko von 1988 bis 1992 persönlicher Sekretär von Außenminister Alois Mock. Von 1992 bis 1999 leitete er den Österreichischen Presse- und Informationsdienst in Washington, bevor er für die Industriellenvereinigung und später für die Neusiedler AG in Russland tätig war. 2003 bis 2007 fungierte Eichtinger als Kabinettschef von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein und 2006/2007 als Generalsekretär des Wirtschaftsministeriums. Von 2007 bis 2010 war er österreichischer Botschafter in Rumänien und Moldau, von 2010 bis 2015 Leiter der Kulturpolitischen Sektion im Außenministerium. Seit Jänner 2015 ist er österreichischer Botschafter im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland.
Der 56-Jährige spricht sieben Sprachen. „Das heißt, Übersetzungskosten werden in Zukunft sicherlich keine anfallen“, scherzte die Landeshauptfrau am Freitag bei der Präsentation des neuen Mitglieds der Landesregierung.
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