Neues Buchprojekt: Stadt-Land-Gespräche an der Hobelbank
In einer Hobelbank steckt der Geruch des ländlichen Raumes. Für viele, die mittlerweile in Städten leben, ist sie oft Kindheitserinnerung, manchmal sogar Nostalgie. Stephan Pernkopf, Landeshauptfrau-Stellvertreter der ÖVP in Niederösterreich, besitzt auf seinem Bauernhof in Wieselburg eine Werkstatt mit so einer Hobelbank. Dorthin hat er acht Persönlichkeiten geladen, um mit ihnen ein Stück Holz zu bearbeiten und über den ländlichen Raum zu reden. Das Ergebnis erscheint nun im Buchhandel. Der Titel: „Gespräche zwischen Metaversum und Hobelbank“.
Ein Gast war ORF-Wettermoderatorin Christa Kummer, die auch Theologin ist. Sie lebt in Wien und in Niederösterreich. Für sie ist klar, dass Klimaveränderung, Pandemie und Krieg in Europa die Menschen zwingen werden, ihr Verhalten zu ändern. Christa Kummer: „Wir werden vom Wetter eigentlich hergwatscht. Zu jeder Jahreszeit bekommen wir es schmerzhaft zu spüren. Und wir kapieren immer noch nicht, dass es in vielen Bereichen bereits 5 nach 12 ist.“ Wobei sie vor allem das Thema Bodenversiegelung im ländlichen Raum anspricht.
KURIER: Wie hat sich das Image des ländlichen Raums geändert?
Pernkopf: Früher hat man immer despektierlich über den ländlichen Raum geredet. Dort gebe es nur Landschaft und wenig Arbeitsplätze. Das hat sich alles umgedreht.
Weg von der Stadt?
Ich will nicht die Stadt gegen das Land ausspielen. Beides ist notwendig, aber das Land soll nicht nur eine Zweitwohnsitz-Idylle für Städter werden.
Hat das nicht die Pandemie verstärkt?
Es muss in den Gemeinden der Zusammenhalt funktionieren. Das geht nur, wenn man diese wirklich als Hauptwohnsitz bezeichnet. Was wir nicht wollen, ist, dass das Land zubetoniert, verstädtert wird. Zusammenhalt, Nachbarschaftshilfe, alles, was man in der Pandemie zu schätzen gelernt hat, muss hier weiter bleiben.
Ist das nur in einem Dorf möglich?
Auch ein Wiener Grätzel kann eine dörfliche Struktur haben. Ein Dorf ist dort, wo man sich kennt und grüßt. Das ist am Land so, das kann aber zum Beispiel im 2. Bezirk in Wien genauso sein.
Wie kann man es schaffen, dass die Jungen in den Gemeinden, auf dem Land bleiben?
Wir reden immer von der Daseinsvorsorge, es geht aber um eine Dableibens-Vorsorge. Wann bleibe ich? Wenn ich von der Kinderbetreuung bis zur Altersvorsorge an meinem Wohnort alles vorfinde.
Die Pandemie hat dafür gesorgt, dass das Land für viele zum Sehnsuchtsort geworden ist. Wird es das bleiben?
Derzeit ist es das auf jeden Fall noch geblieben, das weiß ich aus Gesprächen mit vielen Bürgermeistern. Es wird momentan so ziemlich jede Hütte verkauft. Ziel ist, dass der ländliche Raum nicht in anderen – ich sage noch gar nicht besseren – Zeiten wieder vergessen wird.
Lust am Manuellen
Für den Arzt und Schriftsteller Paulus Hochgatterer ist es die virtuelle Welt, die viele Menschen zu Bodenständigem zurückkehren lässt. Zitat: „Auf Bewegung folgt Gegenbewegung. Momentan entwickelt sich die westliche Welt in Richtung Virtualität. Ich bin mir sicher, dass es eine Gegenbewegung geben wird, die den Wert des Manuellen oder der Materie und auch die Lust daran wiederentdeckt. Wir alle wären manchmal vielleicht gern rein virtuelle Wesen, aber – leider oder Gott sei Dank – sind wir es nicht.“
Caritas-Direktor Michael Landau sieht im Zusammenhalt der Menschen ein wesentliches Merkmal des ländlichen Raumes. „Nichts ist selbstverständlich – weder Frieden, noch Rechtsstaatlichkeit, noch Demokratie. Das zeigt sich gerade jetzt dramatisch. Es liegt an jeder und jedem Einzelnen von uns, wie wir zusammenleben. Die Unmittelbarkeit von Dorfgemeinschaft hat hier ein Stück weit einen Startvorteil“, antwortet er auf Fragen von Stephan Pernkopf.
In dessen Werkstatt ist auch die Klimaaktivisten Katharina Rogenhofer gekommen, obwohl sie im Hinblick auf Klima und Umweltschutz mit Pernkopf wohl nicht immer auf einer Linie ist. Wenn es um den Wohnbau im ländlichen Raum geht, dann fordert sie in dem Buch ein Umdenken in den Gemeinden. Katharina Rogenhofer: „Es wird nicht jeder ein Haus auf der grünen Wiese haben können, denn das geht sich einfach nicht aus.“
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