Neue Radar-Technologie gegen Wildunfälle
100.000 Wildunfälle jährlich mit mehr als 300 verletzten Personen bedeuten einen riesigen volkswirtschaftlichen Schaden. Laut Schätzungen der Versicherungsträger liegt dieser bei über 160 Millionen Euro. Die Zahlen sind Grund genug, dass immer mehr Bundesländer Projekte zur Vermeidung von Wildunfällen ins Leben rufen.
Federführend ist dabei das Land Niederösterreich, dass bereits vor elf Jahren mit dem Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft der Wiener Universität für Bodenkultur (Boku) und dem nö. Landesjagdverband ein wissenschaftliches Projekt gestartet hat. Nachdem sich die Steiermark dieser Initiative anschloss, ist nach und nach auch die Industrie auf den Zug aufgesprungen. Nach umfangreichen Untersuchungen sollen demnächst die ersten Wildwarngeräte mit Radar- und Wärmebild-Technologie im Echtbetrieb auf unfallreichen Strecken getestet werden.
Trotz mehr als 100.000 getöteten Wildtieren sei das Thema Wildunfälle bis Mitte der 2000er-Jahre von Straßenerhaltern und anderen Betroffenen fast stiefmütterlich behandelt worden, sagt der Leiter des Projekts „Wildtiere und Verkehr“ an der Boku, Wolfgang Steiner.
2008 erfolgte in Niederösterreich ein Umdenken. „Wir haben zuerst drei Jahre lang nichts anderes getan als auszutesten, welche Warngeräte es am Markt gibt und was diese bringen“, so Steiner. Die Ergebnisse waren teilweise ernüchternd: Nur die wenigsten Geräte brachten auch den gewünschten Erfolg.
Insgesamt wurden seit 2008 an Unfallhäufungspunkten in 390 niederösterreichischen Jagdrevieren 95.000 optische und 4.500 optisch-akustische Wildwarngeräte angebracht. 1400 Kilometer Landesstraßen wurden damit bestückt. „In gewissen Abschnitten verzeichnen wir einen Unfallrückgang von 70 Prozent“, sagt die Generalsekretärin des nö. Landesjagdverbands, Sylvia Scherhaufer.
Zwei Drittel der 760.000 Euro Projektkosten trugen die Jägerschaft und Sponsoren, ein Drittel das Land. Erst die exakten Datenaufzeichnungen der Reviere und die entsprechenden Analysen brachten auch die nötigen Informationen für die Industrie. „Wir sind im ständigen Austausch, und die Hersteller reagieren auf unsere Testergebnisse“, erklärt Steiner.
Auf manchen Abschnitten bewährten sich vor allem blaue Wildwarnreflektoren, weil die Farbe in der Natur kaum vorkommt und sich deutlich abhebt.
Auch am Tag aktiv
Besonders auffällig ist, dass die Wildtiere nicht erst zur Dämmerung aktiv werden, sondern schon am helllichten Tag über die Straßen wechseln. Das hat damit zu tun, dass die Wildtiere auf Grund des gesteigerten Freizeitverhaltens von Spaziergängern, Walkern und Mountainbikern immer öfter aufgeschreckt werden. Bei Tageslicht sind jedoch gewöhnliche Reflektoren nutzlos, weil kein Scheinwerferlicht auf sie fällt. „Wir wirken daher auf die Hersteller ein, wirksame Geräte für den Tag zu entwickeln“, sagt Steiner.
Erprobt werden derzeit Geräte, in denen ein Mikrofon herannahende Fahrzeuge wahrnimmt und Warntöne aussendet. Diese Woche haben auf der Boku Gespräche mit einem Anbieter stattgefunden, der Radar-Technologie einsetzt. Detektoren scannen die Straße und eine Wärmebildkamera sucht die Landschaft nach Tieren ab. Nähert sich ein Auto oder ein Lebewesen, geht der Alarm los.
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