Nach Missbrauch und Skandalen: Neuer Musikschul-Krisenherd in NÖ

Nach den ersten Vorwürfen von sexueller Belästigung an einer Musikschule im Weinviertel wurde eine Ombudsstelle eingerichtet
Schon 37 Beschwerden über Missstände an nö. Bildungseinrichtungen. Jetzt wird ein neuer Fall im Industrieviertel geprüft.

Mit den Vorwürfen wegen angeblicher sexueller Belästigung an zwei Musikschulen im Weinviertel und in Himberg (Bezirk Bruck/Leitha) scheinen die Betroffenen in ein Wespennest gestochen zu haben. Wegen der mutmaßlichen Übergriffe war im Dezember eiligst eine Ombudsstelle für Missstände in den nö. Musikschulen eingerichtet worden. 127 Einrichtungen mit über 60.000 Kindern und Jugendlichen gibt es im Bundesland. „Bisher sind 37 Beschwerden bei uns eingelangt. Diese betreffen acht Musikschul-Standorte“, erklärt die Gleichbehandlungsbeauftragte des Landes, Christine Rosenbach.

Die Inhalte der Beschwerden sind breit gefächert und reichen von sexueller und geschlechtsbezogener Belästigung bis hin zu dienstrechtlichen Beschwerden. Als ein Beispiel nennt Rosenbach Einwände wegen „intransparenter Stundenvergaben“ an Lehrkräfte. 2.300 Unterrichtende sind aktuell an den Musikschulen beschäftigt.

Anonymer Brief

An drei Schulstandorten geht man Vorwürfen der sexuellen Belästigung nach. Neben der Musikschule im Weinviertel und jener in Himberg ist laut Informationen des KURIER vor wenigen Tagen nun ein dritter Krisenherd dazu gekommen.

Bereits in früheren Jahren war der Direktor einer Musikschule aus dem Industrieviertel mit Vorwürfen von Kolleginnen konfrontiert gewesen. Dienstrechtliche Konsequenzen gab es damals keine. Nun sind neue Anschuldigungen aufgetaucht, wie Bildungsdirektor Karl Fritthum auf KURIER-Anfrage bestätigt. Man werde diesen „umgehend nachgehen“. Mehr sei derzeit aber noch nicht bekannt.

Der Bürgermeister der Gemeinde als Schulerhalter ist überrascht: „Die Vorwürfe vor einigen Jahren wurden damals mit der Personalvertretung besprochen, man sah aber keinen Grund für Konsequenzen gegen den Direktor.“ Neue Vorwürfe seien ihm nicht bekannt.

Laut KURIER-Recherchen sollen – wie schon im früheren Fall – unerwünschte Komplimente und Avancen des Schulleiters gegenüber Kolleginnen und Schülerinnen im Raum stehen. Das will Fritthum nicht bestätigen. Er betont: „Es gilt die Unschuldsvermutung.“

Nach Missbrauch und Skandalen: Neuer Musikschul-Krisenherd in NÖ

Bildungsdirektor Karl Fritthum

Alle Angaben von Betroffenen werden vom Team der Gleichbehandlungsbeauftragten Christine Rosenbach zusammengefasst, anonymisiert und an die nö. Bildungsdirektion sowie die Kultur Region GmbH übermittelt. Letztere ist für das Musik-&-Kunst-Schulen-Management (MKM) in Niederösterreich verantwortlich. Nach Bekanntwerden des ersten Falles an der Musikschule im Weinviertel wurde der dortige Direktor nach diversen Vorwürfen im vergangenen Dezember entlassen.

Sondergemeinderat

Kurz darauf folgte der Skandal von Himberg, wo ein lang gedienter Lehrer, am 23. Dezember, nach einer Krisensitzung mit sofortiger Wirkung auf die Straße gesetzt wurde. Die Direktorin und einige Eltern von unterrichteten Kindern hatten schwere Vorwürfe gegen den Lehrer erhoben.

Der Betroffene spricht von Mobbing gegen seine Person und geht mit rechtlichen Schritten gegen den Rauswurf vor. Eine Klage gegen die Gemeinde wurde eingebracht. Der arbeitsrechtliche Prozess wegen der Entlassung findet bereits am 14. Februar statt. Montagabend hat ein Sondergemeinderat in Himberg zu der brisanten Causa getagt. Die Entlassung des Musikschullehrers musste nachträglich per Gemeinderatsbeschluss legitimiert werden, was auch erfolgt ist.

Über sonstige Inhalte der Sitzung wurde Stillschweigen vereinbart. Durchgesickert ist allerdings, dass es einen Brief des Lehrerkollegiums an die Gleichbehandlungsstelle gibt. Darin äußern acht Unterrichtende Bedenken über das vergiftete Klima an der Schule.

Kommentare