Missbrauch an Musikschule: Vorwürfe gegen Direktor waren bekannt

Nach den ersten Vorwürfen von sexueller Belästigung an einer Musikschule im Weinviertel wurde eine Ombudsstelle eingerichtet
Lehrer brachte Anschuldigungen gegen Musikschulleiter schon 2021 aufs Tapet. Erst jetzt wird der Sache offiziell nachgegangen.

Es ist ein Termin mit Zündstoff. Am kommenden Montag soll Licht ins Dunkel rund um die schweren Vorwürfe gegen einen Musikschuldirektor aus dem Weinviertel gebracht werden. In einer Sitzung mit dem gesamten Lehrerkollegium und unter Aufsicht des Musikschul-Management des Landes NÖ will der Verband der drei zuständigen Gemeinden herausfinden, was dem Schulleiter konkret angelastet wird.

Wie nun durch einen Bericht der Wochenzeitung Falter bekannt geworden ist, soll an der Musikschule seit fast 15 Jahren ein Klima geherrscht haben, das von sexistischen und diskriminierenden Äußerungen und sexueller Belästigung durch den Direktor geprägt war.

Eine ehemalige Lehrerin bestätigt gegenüber dem KURIER die Anschuldigungen. Um ihren Job nicht zu verlieren, habe sie „die Erniedrigungen über sich ergehen lassen“. Bei Begrüßungen habe ihr der Direktor ans Gesäß gefasst und statt auf die Wange auf den Mund geküsst. „Ich habe dann versucht, aus der Situation heraus zu kommen.“ Zur Anzeige hat sie es nie gebracht.

Dafür hat ein Kollege im Juni 2021 eine der zuständigen Bürgermeisterinnen des Gemeindeverbandes auf die Missstände aufmerksam gemacht. Zuerst in einem Gespräch und später per Email. Das Schreiben liegt dem KURIER vor. Darin ist von Drohungen, Sexismus und Rassismus die Rede. Passiert sei danach aber nichts, bekrittelt der Musikschullehrer Dominik Landolt, dessen befristeten Vertrag der Direktor 2021 nicht verlängert hatte.

Im Juli 2021 stand Landolt wegen der Missbrauchsvorwürfe mit einem Nationalrat aus der Region in Kontakt. Heraus kam dabei aber nichts.

Missbrauch an Musikschule: Vorwürfe gegen Direktor waren bekannt

Dominik Landolt machte 2021 auf die Zustände aufmerksam 

Tratsch

Die Bürgermeisterin kann sich noch an Landolts Beschwerde erinnern. „Ich war zu dem damaligen Zeitpunkt aber nicht die Obfrau der Musikschule“. Folglich sei die Sache im Sand verlaufen. „Offiziell gab es keine einzige konkrete Beschwerde einer Lehrkraft oder von Kindern“, sagt die Ortschefin. Und dem Tratsch habe sie wenig Bedeutung geschenkt. „Wenn jemand mich begrapscht und ich will es nicht, dann fahre ich mit demjenigen Schlitten“, sagt die Politikerin. Angesichts der nun bekannt gewordenen Affäre hoffe sie aber auf eine lückenlose Aufklärung.

Wie der ehemalige Musikschullehrer Wolfgang Golds schildert, hatte es bereits zu seiner Zeit 2006 an der Schule Vorfälle wegen des anzüglichen Verhaltens des Direktors gegeben. Golds wollte eine Personalvertretung gründen und wurde fristlos gekündigt. Er ging vors Arbeitsgericht – mit Erfolg.

Der Direktor wurde diese Woche zwangsbeurlaubt. Von der Sitzung am Montag erwartet sich der Gemeindeverband, dass alle Beschwerden offen dargelegt werden. Sollten sich die Vorwürfe bei den Gesprächen in den kommenden Tagen erhärten, „erwarte ich mir, dass alle notwendigen weiteren rechtlichen Schritte gesetzt werden“, erklärt Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in der Causa. Der betroffene Direktor pflegte auch Kontakte zur Politik, er gilt in Niederösterreich als bestens vernetzt.

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