„Es reicht!“ Ein bitterböses und – wohlgemerkt – anonymes Schreiben fand sich Mittwochnacht im eMail-Posteingang namhafter Politiker, Sportfunktionäre und einiger Journalisten. Der Inhalt war eine Abrechnung mit der Sportpolitik und dem Management des 1. MAV Wiener Neustädter SC. Das fußballerische Sorgenkind hält aktuell die rote Laterne in der Regionalliga-Ost, vom ehemaligen Bundesliga-Niveau ist man Lichtjahre entfernt. Zu allem Überfluss kämpft der Verein auch ums wirtschaftliche Überleben.
Um dieses zumindest vorübergehend zu sichern, hat die Stadt Wiener Neustadt in ihrer nicht öffentlichen Gemeinderatssitzung diese Woche einstimmig eine 120.000-Euro-Subvention für den SC beschlossen. 60.000 Euro zur Absicherung der Jugendarbeit und eine Option für weitere 60.000 Euro. Die Rettungsaktion scheint nicht überall auf Wohlgefallen zu stoßen.
Ausfallshaftung
In dem anonymen Schreiben wird die Ungleichbehandlung gegenüber anderen Vereinen in der Stadt auf das Schärfste verurteilt. Der wenig erfolgreiche SC „hängt permanent am Geldhahn der Stadt“. Bereits 2019 sprang die Gemeinde für den maroden Club finanziell in die Bresche und übernahm eine 250.000 Euro Ausfallshaftung für Außenstände.
Die Politik rechtfertigt die Finanzspritzen hauptsächlich damit, dass der Verein mit zehn Nachwuchs-Mannschaften „ausgezeichnete“ Jugendarbeit für 250 Kinder und Jugendliche leiste. „Die komplette Subvention kommt nur dann zur Auszahlung, wenn der Verein bis Ende Juni 2023 die Gespräche mit potenziellen Investoren und wirtschaftlichen Partnern erfolgreich abschließt und somit eine positive nachhaltige Fortbestandsprognose abgegeben werden kann“, bestätigt auch ÖVP-Sportstadtrat Philipp Gruber.
Völlig konsterniert reagiert SC Wiener Neustadt-Vorstand und SPÖ-Vizebürgermeister Rainer Spenger auf die Vorwürfe. Man habe den kaputten Verein 2019 nach dem Zwangsabstieg aus der Bundesliga mit 800.000 Euro an Schulden übernommen und diese abgebaut.
Nachdem mit Hani Habib zuletzt der Präsident und Geldgeber abgesprungen ist, sei man nun dabei, neue Sponsoren zu finden.
Eines der Hauptprobleme ist für Spenger, dass der SC das neue Wiener Neustädter Stadion als Spielstätte hat und sich dies monetär mit einem riesigen Brocken zu Buche schlägt. Das Modell des Neubaus sei darauf aufgebaut gewesen, dass die Stadt darin einen dauerhaften Mieter benötigt. „Aufgrund der Teuerung und der Strompreise werden wir im kommenden Jahr 300.000 Euro statt wie bisher 100.000 Euro für den Betrieb bezahlen. Ein Horror“, klagt Spenger.
ÖFB-Frauenteam
Seit heuer ist das Stadion auch die Heimstätte des ÖFB-Frauen-Nationalteams. Zur WM-Vorbereitung wurden auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit Spiele des WM-Halbfinalisten Marokko und Katar ausgetragen. Im Sommer dient die Arena auch als Konzertbühne – zuletzt für Iron Maiden vor 25.000 Besuchern. Miete zahlt daher nicht nur der SC.
Was Spenger nicht auf sich sitzen lässt ist die Anschuldigung, wonach er als SC-Vorstand eine Gage vom Verein kassiert: „Das ist erlogen, völliger Blödsinn.“
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